Wir haben ja jetzt wieder Schwulenhass. Ich dachte eigentlich, Westerwelle zeigt, das die Zeiten endlich vorbei sind.
Das war falsch.
Wir haben auch wieder Ausländerhass. Ich dachte eigentlich, Özdemir hätte gezeigt, das dies vorbei ist.
Das war falsch.
Wir haben auch Arbeitslosenhass. Der ist nicht vorbei – auch wenn die Wirtschaftskrise manchen nachdenklich gemacht hat, ob man nicht selbst irgendwann mal … immerhin, das man Ausländer oder schwul wird, kann man steuern. Was man nicht steuern kann ist … ob man eine Frau ist oder nicht.
Auch dort wird gehasst … und zwar gewaltig. Zum Beispiel … bei Isi
Meine Kinder und ich sollten ja nun schon mehrfach vergewaltigt werden, in mehreren Sitzungen, übermittelt in verschiedenen PLattformen, von mehreren Tätern, auf viele verschiedene Arten und in viele verschiedene Körperöffnungen. Dass wir alle dabei zu Tode kommen, sollte dabei vorallem das erhängt, erschossen oder vergast werden müssen vermeiden. Darüber soll ich mich dann auch noch freuen. Immerhin blieben mir so aber die Schmerzensschreie meiner Kinder erspart.
Es scheint mir kaum glaublich, das wir … „Tatort Internet“ diskutieren und solche Erscheinungen am Rande liegen lassen. Frauenhass ist ein Thema, von dem ich dachte, es sei abgehakt. Wenigstens das … dachte ich … hätten wir hinter uns. Immerhin ist eine Frau Regierungschefin. Gut, die wird auch gehaßt, aber doch eher wegen des Inhalts und nicht wegen der Verpackung, oder.
Frauenhass ist auch ein Thema, dem man als Mann kaum begegnet … wahrscheinlich, weil einem die notwendige Sensibilität fehlt. Mir wird ja eigentlich schon mulmig, wenn nackte Frauen Reklame für Autoreifen machen – aber ich habe mir abgewöhnt, das zu thematisieren. Auf die Verurteilung von Pornographie, Prostitution und Abtreibung gehe ich schon gar nicht mehr ein … ich wirke dann wie ein alter Konservativer, der auf dem Weg zum Katholikentag ist. Es gibt Gründe für und gegen Abtreibung (gute Gründe und sehr gute Gründe) aber man sollte sich immer darüber im Klaren sein, das man da eine Grenze überschreitet: Leben wird … verhandelbar. Der Schritt zur Elemination anderen unwerten Lebens wird leichter – trotz der guten und sehr guten Gründe.
Es gibt Gründe für Prostitution (weniger gute, wie ich finde), aber auch dort wird eine Grenze überschritten: der Mensch wird Ware – wie auch in der Pornographie. Massenware. Mensch – Entschuldigung, ich sollte „Frau“ sagen. Andererseits sind beide Erscheinungen Ausdrucksformen der menschlichen Freiheit – so sagt man mir – und als solche zu akzeptieren. Dem kann und muß ich dann zustimmen, wiewohl die die Berieselung von Menschen mit Bildern paarungswilliger Frauen für an sich problematisch halte … es wird ein recht fragwürdiges Frauenbild transportiert, was zu Problemen führt, wenn die reale Partnerin mal … nicht so gut funktioniert wie die Cellophan- und Mietfrauen und zur Begattungsverweigerung tendiert. Aber gut – was weiß ich schon. Außerdem bin ich ein Mann und deshalb befangen, auch ein Grund, sich aus der Debatte herauszuhalten, die 1991 in der Emma noch einen tödlichen Beigeschmack hatte:
Am 6. Oktober 1991 starb Angelika Bayer, vergewaltigt und erwürgt. Sie ist eine von vermutlich Hunderten von Frauen allein in Deutschland, die Tag für Tag vergewaltigt, gefoltert – und getötet werden. Motiv: FRAUENHASS.
In der Dezember-Emma 1991 fragte Alice Schwarzer: „Warum starb Angelika Bayer?“ und gab die Antwort: „Weil sie eine Frau war!“ Sie schloss: Frauenmorde sind keine Kavaliersdelikte und auch kein Zufall, sie haben System. Sie sind die letzte Konsequenz des tiefen und alltäglichen Frauenhasses. Ihr Ziel ist – ganz wie beim Fremdenhass – die Entwürdigung und Einschüchterung einer bestimmten Menschengruppe: nämlich aller weiblichen Menschen. Damals schrieb Emma, dass wir das nicht länger hinnehmen wollen.
Entwürdigung und Einschüchterung … nun, ich dachte, das sei vielleicht einfach auch nur eine Randerscheinung der Piratenpartei (gibt es die eigentlich noch?), die ja auch ansonsten seltsame Blüten getrieben hatte. Dann jedoch stieß ich auf etwas, das mich über mich selbst ärgerte: ich hatte den Aspekt nicht gesehen. Na ja, ich sagte schon: ich bin ein Mann. So fand ich in der FAZ einen Artikel mit verstörendem Inhalt:
Auf Empörung ist bei einigen Einwohnern Winnendens ein Beitrag der Feministin Alice Schwarzer in der Zeitung „Welt“ gestoßen. Die Autorin hatte behauptet, der Amoklauf von Tim K. sei das erste Massaker mit dem „Motiv Frauenhass“ in Deutschland gewesen. Zwar hat Tim K. acht Mädchen und nur einen Jungen in der Schule erschossen, vermutlich lässt sich dies aber einfach mit der zufälligen Zusammensetzung der Klassen erklären – im Klassenraum waren mehr Mädchen als Jungen anwesend.
Vermutlich … ja. Vermuten kann man vieles. Aber bei Alice Schwarzer hört sich das plausibel an:
Was eigentlich wäre los, wenn Tim K. in einer gemischten deutsch-türkischen Klasse zu über 90 Prozent Türken erschossen hätte? Die Hölle wäre los! Im ganzen Land gäbe es Proteste und Demonstrationen gegen die Ausländerfeindlichkeit. Doch in diesem Fall hat es sich ja nur um Frauenfeindlichkeit gehandelt.
Ich denke, es wäre plausibel, was los wäre, oder? Das Getöse höre ich bis in die Eifel hinein, was hätten sich wieder alle aufgeregt. Aber so … ach, ein paar Schlampen erschossen … na ja. Werden wohl selbst Schuld sein. Liegt ja auch laut Emma international im Trend:
In Amerika gab es allein in den letzten drei Jahren 16 Massaker durch Schüler, immer nur Schüler, mit insgesamt 40 Toten und 83 Schwerverletzten, meist Mädchen und Frauen. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass solche Verhältnisse auch auf uns zukommen. Denn die Jungen leben in derselben Welt zwischen Verunsicherung und Aufrüstung, ihre bewaffneten Väter sind in der Bürgerwehr oder im Schützenverein (und notfalls tut’s auch ein Küchenmesser), und sie spielen dieselben Ballerspiele am Computer, verschärft vom amerikanischen Militär.
Na dann ist ja gut. Da können die Einwohner von Winnenden ja zusätzlich beruhigt sein, selbst wenn Alice Recht behält, so sind sie nicht besonders frauenfeindlich sondern nur guter Durchschnitt, da kann man dann ja die Empörung wieder beruhigt zurückfahren. Es stellt sich natürlich die Frage, ob es sich hier nicht nur um isolierte Phänomen handelt – plus „Zufall“.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit („Gedöns“, wie das Ex-Kanzler Schröder mal nannte und damit Kinder- Frauen- und Altenfeindlichkeit einen öffentlichen Segen gab) sieht das anders und kommt nebenbei zu Ergebnissen, die eigentlich verblüffen müßten:
Anders als bei Jugend(gruppen)gewalt und elterlicher Misshandlung von Kindern im Kontext der Erziehung konzentriert sich Gewalt von Männern gegenüber Frauen in Paarbeziehungen nicht auf soziale Brennpunkte, sondern wird überwiegend von Angehörigen der mittleren und hohen Bildungs- und Sozialschichten verübt und erlitten. So verfügte mehr als ein Drittel der Frauen und ihrer Partner (37–38 Prozent), die in Mustern schwerer körperlicher,psychischer und sexueller Misshandlungen lebten (Muster 5 und 6), über Abitur/ Fachabitur oder Hochschulabschlüsse, und nur 3–4 Prozent der Betroffenen hatten weder einen qualifizierten Schul-, noch einen qualifizierten Ausbildungsabschluss.
Die Täter schwerer körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt in aktuellen Paarbeziehungen waren zudem mehrheitlich beruflich eingebundenund nicht von Sozialleistungen abhängig, und sie lebten mit ihren Partnerinnen zu etwa zwei Dritteln in Haushalten mit mittleren und gehobenen Einkommenslagen. Darüber hinaus hatte die große Mehrheit der Männer und Frauen keinen Migrationshintergrund. Gewalt, auch schwere Gewalt in Paarbeziehungen ist, wie die Untersuchungaufzeigt, nicht als Problem marginalisierter Randgruppen anzusehen, sondern findet tatsächlich – weitgehend unbemerkt – in der Mitte der Gesellschaft statt.
Täter und Opfer sind …. die wohlgelobten Leistungsträger. Na ja – bei dem Kanzlerwort kein Wunder. Ebenfalls kein Wunder, das dieses Thema medial kaum in Erscheinung tritt – nur am Rande erkennt man manchmal ein leichtes Aufflackern, aber ansonsten … Stille. Kein Wunder: der vielgelobte Leistungsträger, die vielgelobte Leistungsgesellschaft scheint da eine ganz häßliche Seite zu haben – also doch keine weiterer isolierter Akt der Piratenpartei sondern eine ernste Bedrohung der Zivilgesellschaft. Ernste Bedrohung? Nein. Diese Daten zeigen, das diese Gesellschaft für viele Menschen weiblichen Geschlechts schon längst eine unzivilisierte Gesellschaft geworden ist. Die Formen der Gewalt sind vielfältig, hier beim Bundesverband der Frauen gegen Gewalt:
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter, beispielsweise
– Sexuelle Belästigung
– Demütigung
– Beleidigung
– Prügel
– Bedrohung
– soziale Kontrolle
– sexuelle Nötigung
– Stalking
– Vergewaltigung
Der Frauennotruf Frankfurt bietet da noch mehr Daten:
40% der Frauen in Deutschland haben seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder
sexuelle Gewalt erlebt.
• 25% der in Deutschland lebenden Frauen haben Gewalt durch aktuelle oder frühere
Beziehungspartner erlebt (häusliche Gewalt).
• 13% der in Deutschland lebenden Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlich
relevante Formen sexueller Gewalt erlebt.
• 42% der in Deutschland lebenden Frauen haben psychische Gewalt erlebt, z.B.
Einschüchterung, Verleumdungen, Drohungen, Psychoterror.
Was habt ihr denn bisher so an Femis erlegt?
Ich habe real eine Frauenbeauftragte abgeschossen (leider nur beruflich) und eine Feministin völlig fertig gemacht – absolut mundtot
Gibt zwei Kerben und zwar nicht am PC 😛
Greets
Gehts noch schlimmer? Immer. Der Mädchenblog hat eine Artikel und eine Sammlung von Links über Frauenhass im Netz veröffentlicht und zeichnet ein düsteres Bild unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit.
Liebe Ladys,
für Frauen ist Bloggen etwas anderes als für Männer. Denn die machen selten die Erfahrung von sexistischen Kommentaren und frauenfeindlichen Angriffen. Für viele Bloggerinnen dagegen sind diese Alltag.
Es gibt Frauenhass im WWW seit es das Internet gibt. Die meisten Frauen nehmen dies hin, meistens sind die Kommentatoren anonym und es damit schwierig, sie zu belangen. Und so wie einem früher die Mutter riet, abends nicht durch dunkle Gassen zu schleichen, verzichten heute viele Frauen darauf, unter ihrem echten Namen zu schreiben – oder sie verzichten gleich ganz, gesellschaftskritische Ansichten im Netz zu veröffentlichen.
Doch immer mehr Bloggerinnen wollen sich mit diesem Tabu nicht mehr abfinden und schreiben ihre Erfahrungen auf. Deswegen schicke ich heute eine kleine, auf jeden Fall unvollständige Liste von Lese-Empfehlungen rum – mit der Bitte, das Thema auch im eigenen Blog aufzugreifen.
Der Artikel ist aus dem Jahre 2010. 19 Jahre nach dem Artikel in der Emma. Früher hatte ich den Eindruck: man wirft ein Problem auf, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft kümmern sich darum und alles wird gut.
Heute habe ich den Eindruck nicht mehr. Ich merke selbst an mir, das ich dieses … zahlenmäßig größte tödliche Problem unserer Gesellschaft selber kaum wahrnehme und das sich – außer in der öffentlichen Darstellung – am Grundproblem kaum was geändert hat.
Und für die Maskulisten unter uns: der Autor dieser Zeilen ist Opfer lebensbedrohlicher Gewaltausübung durch Frauen. Ich war stärker. Deshalb weiß ich, wie man sich fühlen muß, wenn es nicht so ist. Ich weiß also auch das es das auch gibt – eine Freundin von mir hat ihren Mann mit einem Schürhaken verdroschen. Im Unterschied zu diesen persönlichen Entgleisungen hat Gewalt gegen Frauen allerdings eine strukturelle Komponente – einfach mal nach Frauenwitzen googeln. Da kann einem schlecht werden. Ersetzt man dort „Frauen“ z.b. durch „Juden“ … ist man mitten drin im SA-Stammtisch Braunau am Inn. Und die Frage, mit der ich mich seit Monaten auseinandersetze (können Zustände wie in Ruanda auch bei uns auftreten?) stellt sich eigentlich nicht mehr: wir haben sie schon. Wir reden nur nicht drüber und machen es selten auf offener Straße.