Politik

Hartz IV, die deutsche Grausamkeit und Alternativen

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Grausamkeiten sind ein relatives Thema. Während in Deutschland schon das Streichen von Steuererleichterungen als Grausamkeit gilt, hat man da sogar schon im europäischen Ausland ganz andere Vorstellungen.  Die Franzosen zum Beispiel: die finden es grausam, bald bis zum Alter von 62 arbeiten zu müssen. Sie hätten sich in dieser Frage ja an Deutschland orientieren können uns sich freuen, das sie schon die Beine hochlegen können während wir noch fünf lange harte Jahre vor uns haben, damit Brüssel die Kosten für die EU-Erweiterung wieder ´reinkriegt und noch ein paar Prestige-Bauobjekte anleiern kann – aber das wollten die Franzosen ja nicht.

Lieber drehen sie dem ganzen Land den Sprithahn zu, damit auch alle was davon haben.  Die französischen Politiker … würden laut Welt gerne das Volk tauschen:

In dieser misslichen Lage blickt mancher reformfreudige französische Politiker mit einer Mischung aus Neid und Ehrfurcht nach Deutschland: Das Nachbarland hat die Rente mit 67 eher geräuschlos eingeführt, während in Frankreich vorrevolutionäre Zustände ausbrechen, wenn das Rentenalter von absurden 60 auf immer noch gemütliche 62 Jahre angehoben werden soll.

Was an einer Rente mit 60 „absurd“ sein soll und was an einer Rente mit 62 „gemütlich“ ist, bleibt ein Geheimnis des Autors dieser Zeilen. „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ schrieb dereinst Emanuel August Geibel und es scheint, als würden die Medien seine Träume jetzt wahr machen wollen, während andere fürchten das an der neuen deutschen Barbarei die Welt zugrunde geht.

Deutsche Barbarei, deutsche Grausamkeit hat uns laut Welt einen festen Platz in der Medienwelt beschehrt:

Der böse Deutsche – ob als SS-Angehöriger oder als Wehrmachtssoldat – hat einen festen Platz in Hollywood oder in anderen Studiolandschaften. Seit an Seit steht er mit dem Desperado, dem verschlagenen Indianer, dem Mafiakiller oder Kokaindealer. Er gehört zu einer dieser Figuren, bei denen man nicht mehr viel erklären muss: Klar, hier wirkt ein Dämon.

Im Kino, dem Märchen der Moderne, hat der virtuelle Nazi auf der ganzen Welt die Rolle der bösen Stiefmutter übernommen. Blut, Tod und Grausamkeit heißen die Chiffren, die sein Spiel bestimmen.

Nazi-Grausamkeiten sind von anderem Kaliber als reduzierte Steuererleichterungen oder längere Arbeitszeiten … allerdings sind beide Erscheinungen auch Formen reduzierter Möglichkeiten zur freien Lebensentfaltung. Wer Arbeitsplätze schafft, in denen der Mitarbeiter jeden Tag acht Stunden in fensterlosen Betonlöchern arbeiten muß (zum Beispiel im Universitätsklinikum Aachen) zeigt schon eine gewisse Ignoranz gegenüber seinen Mitmenschen, die dicht neben der Grausamkeit liegt … früher lebten nur Gefangene so.  Für mich persönlich wäre das eine (seichte) Form von Folter und wäre kaum noch unter die Kategorie „Arbeitsplatz“ einzusortieren.

Dort jedoch gehen die Menschen freiwillig hin weshalb man an Kritik sparen muß. Es sind jene Momente, wo man verstehen kann, wieso Arbeitslose sich glücklich schätzen können und wieso ihnen manchmal so ein unglaublicher Hass entgegenspringt: sie haben jederzeit, wann sie es wollen, freien Zugang zu Tageslicht.  Solche seit Äonen gültigen Selbstverständlichkeiten werden in vielen Arbeitsverhältnissen nicht erlaubt, dabei ist Tageslicht wichtig für die Laune und das Immunsystem.

Man weiß, das diese Form von Arbeit zu Krebs führen kann, wie alles was das Immunsystem schwächt. Man weiß, das Abwesenheit von Tageslicht zu Depressionen führt, die tödlich enden können.  Vielleicht ist es so gerade die steigende Arbeitslosigkeit, die die Suizidrate verringert hat: Sonnenschein macht gute Laune, zeigt, es es noch Gutes im Leben gibt, das nichts kostet.

Aus solchen Erwägungen heraus könnte man nun den Verdacht äußern, das Arbeitslosigkeit (sprich Hartz IV) nichts Schlimmes ist, sondern in der Tat jener (schon von Helmut Schmidt kritisierte) verwöhnte Luxuszustand, als der sie immer dargestellt wird. In der Tat: vergleiche ich das Leben eines Arbeitslosen und seine finanzielle Ausstattung mit dem der „Neger“ im Kongo, dann sehe ich da Unterschiede. Vergleiche ich es mit dem vom Islam aussortierten christlichen Müllmenschen in Kairo, so wirken sie geradezu reich – und undankbar, wenn sie wieder mal über ihr Leid klagen. So kann ich – indem ich andere Vergleichsmaßstäbe anlege – jederzeit jede Aussage machen, die mir gerade in den Sinn kommt – oder aber ich wende die Kunst der Hermeneutik an … hier verstanden als die Kunst des „Verstehens“.

Um etwas Verstehen zu können, muß man sich in die jeweiligen Umstände hineinversetzen können – eine Kunst, die oft Frieden hervorbringt, wo zuvor Hass war und die deshalb nicht so oft angewendet wird. Hass ist halt nützlich – für gewisse Kreise bzw. gewisse Menschen. So ist es, denke ich, nicht schwer nachzuvollziehen, das ein gewisses Geschichts- und Menschenbild direkt zum Judenhass und zum Wunsch nach der völligen Auslöschung jener Gefährten des Teufels führt. Gleiches gilt für den Wunsch nach Auslöschung der Arbeitslosen, die an sich leicht mit allen Attributen eines Juden belegt werden können. Nur sind die Kategorien falsch, das Geschichts- und Menschenbild erstunken und erlogen. Wie leicht hätte man da was ändern können … also, jene „man“, die über die Macht des Wortes verfügen und Aufklärung hätten bringen können und wenn nicht dies so doch zumindest Verwässerung der „reinen Lehre vom Untermenschen“.

Doch dies blieb aus in Deutschland … und hier wird es wieder grausam, und das heißt konkret laut synonyme woxikon:

barbarisch, bestialisch, brutal, böse, entsetzlich, gefühllos, gewalttätig, gnadenlos, hart, inhuman, kaltblütig, roh, rücksichtslos, schonungslos, streng

Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ – so Franz Müntefering von der SPD … in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit der Ausdruck des Wunsches und des Willens der Vernichtung durch Hunger. Und das ist:

barbarisch, bestialisch, brutal, böse, entsetzlich, gefühllos, gewalttätig, gnadenlos, hart, inhuman, kaltblütig, roh, rücksichtslos, schonungslos, streng … aber führt nicht zum Parteiausschlußverfahren, weil es wohl SPD-Standard-Lehrmeinung ist, während Sarrazin (der vergleichsweise harmlosere Aussagen gemacht hat) als Sau durchs Dorf getrieben wird.

Angesichts von Grausamkeit ist es egal, wie reich man selber sich wähnt oder wie reich die anderen einen deuten … oder auch wie arm man sich fühlt. Grausamkeit verletzt als solche … und nun stelle man sich mal vor, das sich Hartz-IV-Abhängige zurecht als Opfer von Grausamkeit deuten – dann weiß man auch, warum sie nicht wählen gehen.  Die haben andere Probleme, als einer Scheindemokratie auch noch ihre Legitimation zu geben. Sie sind von ihren Mitbürgern verraten worden – ihre Mitbürger, die da historisch gesehen schon mal auffällig wurden und deshalb in der Märchenwelt der  Medien einen festen Finsterlingplatz haben.

Wäre nun wirklich kein Geld da, so könnte man zurecht sagen: gut, da habt ihr Pech gehabt.

Gleichzeitig aber Ärzten (monatliches Durschnittseinkommen: 10000 Euro) 1000 Millionen Euro mehr zu geben (dann eben 10500 Euro) während man für die Kinder von Arbeitlosen noch Dankbarkeit erwartet, weil man ihre Regelsätze nicht kürzt hat mit Gerechtigkeit nichts mehr zu tun.  So laufen die einen ohne Zukunft in Lumpen durch die Gegend während die anderen vor lauter Geld nicht wissen wohin damit. Ärzte und Arbeitslose sind Nutznießer des Umverteilungssystems (darum nehme ich gerne Ärzte als Beispiel, die vor zweihundert Jahren noch als arme Friseure durch Deutschland reisten) und es gibt prinzipiell keine Begründung dafür, weshalb ein Arzt soviel Geld zum Leben zugeteilt bekommt wie 25 – 30 Arbeitslose.  Wenn Hartz IV so üppig ist, dann sollte das zehnfache doch ausreichen um einen Arzt glücklich zu machen – immerhin hat der Medizin studiert um Menschen zu helfen, nicht um Millionär zu werden.

Wenn Hartz IV so üppig ist, wie manche glauben, dann könnte man auch die Bezüge von Politikern, Professoren und anderen abhängig Beschäftigten daran orientieren, gleichfalls können zukünftige Lohnforderungen ja auch geringer ausfallen.

Wenn als ein Professor in Zukunft dann 1000 Euro im Monat bekommt (plus Kosten für billigste Unterkunft und 17 Grad in der Wohnung), dann sollte er sich reich schätzen, ebenso ein Abgeordneter oder ein Richter.  Kein einziger Euro in diesen Beschäftigungsverhältnissen wird selbst erwirtschaftet, womit die Ansprüche auf überbordenden Reichtum schon recht fremd anmuten können – aber trotzdem seltsamerweise gerne erfüllt werden. Ich finde auch, das eine Bundeskanzlerin mit 2000 Euro Netto gut bedient ist.  Das ist viel Geld.

Das würde natürlich insgesamt die Kosten für Arbeit in diesem Lande enorm senken, weshalb ich glaube, das die Unternehmerverbände sich der Bewegung anschließen werden … oder, halt, nein. Für einen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank wären dann 5000 Euro im Monat schon sehr sehr üppig, die gewohnte Million aber noch sehr weit weg.

Und wenn die ihre Millionen wollen … dann müssen sie ihren Erfüllungsgehilfen auch was besorgen. Und darum – ist nicht Hartz IV Maßstab für das Überleben, sondern … Ackermann 3000.

Und deshalb ist Hartz IV Ausdruck gesellschaftlich gewollter Grausamkeit. Wir alle greifen in die Vollen, nur für euch ist nichts da!

Ein rein willkürlicher Akt gewollter Grausamkeit, für den man als Nazigrausamdeutscher doch auch mal die volle Verantwortung übernehmen kann … oder aber man macht Hartz IV zum Maßstab für den Lohnsektor in Deutschland – nicht nur für den Niedriglohnsektor.  Da könnten wir Unsummen sparen.  Wenn wir dann noch die Mehrwertsteuer abschaffen (das ginge dann) ginge es allen gut.

Und wie nennt man Leute auch, die absichtlich nicht wollen das es einem gut geht?

Barbarisch, bestialisch, brutal, böse, entsetzlich, gefühllos, gewalttätig, gnadenlos, hart, inhuman, kaltblütig, roh, rücksichtslos, schonungslos, streng… kurz: GRAUSAM

Das Gegenteil jedoch wäre … zivilisiert, menschlich, sanft, gut, glücklich, gefühlvoll, friedlich, gnädig, weich, human, warmherzig, kunstvoll, schonend, gütig … kurz: liebevoll.

Ein unerreichbarer Traum, oder? Denn aktuell … streichen wir lieber das Blindengeld als die Diäten zu kürzen.

Aber vorsicht: so langsam scheint die alte Uniform wieder durch. Und letztlich finden das die zivilisierten Nationen um uns herum nicht so toll, auch wenn wir noch so lustvoll „Aufschwung“ stöhnen.




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