Politik

„Aufschwung“ und andere Durchhalteparolen vom Endsieg

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Wann immer ein Land im Krieg ist, hat es ein Problem: die Motivation der Bevölkerung. „Volk“ mag nämlich selten den Krieg, wenn er da ist. Ist zu lange Frieden, vergessen die schon mal, wie schlimm Krieg eigentlich ist. In Wirklichkeit gibt es im Krieg keine Sieger … aber viele Kriegsgewinnler. Waffen sind teuer.

Um das Volk bei der Stange zu  halten, gibt es die Propaganda. Was das ist? Einfach mal bei Wikipedia schauen:

Propaganda bezeichnet einen absichtlichen und systematischen Versuch, Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und Verhalten zu steuern, zum Zwecke der Erzeugung einer vom Propagandisten erwünschten Reaktion.[1] Der Begriff „Propaganda“ wird vor allem in politischen Zusammenhängen benutzt; in wirtschaftlichen spricht man eher von „Werbung“, in religiösen von „Missionierung“.

Früher nannte man das auch „Durchhalteparolen“, die gab es immer dicht vor dem „Endsieg“ … der anderen.  Irgendwie scheinen diese Durchhalteparolen wieder notwendig geworden zu sein, denn gestern fand ich so eine bei Spiegel-online:

Deutschland ist Konjunktur-Superstar: Um 3,5 Prozent soll die Wirtschaft in diesem Jahr wachsen, 2011 könnte die Krise komplett überwunden sein. Viele Bürger glauben trotzdem, dass der Aufschwung bei ihnen nicht ankommt – ein gewaltiger Trugschluss.

Der Hintergrund ist eine Erfahrung, die viele von uns im Alltag machen und die altbekannt ist:  zwischen den Bombenteppichen der Alliierten und den Siegesträumen des Führers klafft eine gewisse Wirklichkeitslücke, die man mit Phrasen füllen möchte.

Wie gut das wir den Spiegel haben, der uns schnell mal erklärt, wie gut der Aufschwung für uns wäre, wenn er bei uns ankommen würde. Ausgangspunkt des Spiegel ist eine Umfrage beim Stern, die wehrkraftzersetzenden Charakter hatte:

In einer „Stern“-Erhebung von Ende August gaben nur 16 Prozent an, etwas von der wirtschaftlichen Erholung zu spüren; 21 Prozent sagten, es gehe ihnen schlechter als im Vorjahr. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid für „Focus“ von Anfang August sagten nur 22 Prozent der Befragten, sie erwarteten, vom Aufschwung zu profitieren. Auch laut einer Emnid-Erhebung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung glauben auffällig wenige Deutsche, vom Aufschwung persönlich etwas zu haben. 61 Prozent sagten, immer höheres Wirtschaftswachstum würde ihre Lebensqualität nicht steigern.

Da lügt der Deutsche aber wie gedruckt, hat keine Ahnung, wie es in seinem Geldbeutel und auf einem Konto aussieht. Wie gut, das Spiegel-online über diese sensiblen Bereiche der deutschen Haushalte besser informiert ist als diese selber … auch übrigens ein Argument FÜR den Überwachungsstaat. Aber immerhin: 16 % merken was vom Aufschwung, die haben wahrscheinlich alle Aktien.  Dem Rest predigt der Stefan Schulz den richtigen Glauben:

Die Wahrheit ist: Der Aufschwung kommt sehr wohl bei jedem einzelnen Deutschen an – und das auf vielfältige Weise. SPIEGEL ONLINE nennt die wichtigsten Beispiele.

Wenn man jetzt NUR Spiegel liest und keine anderen Nachrichten konsumiert, wenn man NUR dem Spiegel glaubt und sich keine eigenen Gedanken macht und nicht selbst sein Konto kontrolliert und seine Lebensumstände beobachtet, dann … glaubt man vielleicht auch an den Aufschwung – wobei wir uns jetzt in religiösen Bereichen bewegen, denn es geht um Glaubensfragen, weshalb wir den Spiegel-Artikel unter „Missionsversuch“ ablegen können.

Schauen wir aber selbst ein wenig in der Nachrichtenwelt herum, dann werden wir immer irritierter – wie alle Sektenangehörigen, die nach jahrelanger Isolation wieder das Tageslicht erblicken. So meldet das Handelsblatt bedrohliches:

Die Schulden in den USA explodieren: Alleine im September haben die USA vermutlich rund 32 Mrd. US-Dollar neue Schulden aufgenommen. Das fatale Gemisch aus steigenden Zinslasten und alternden Gesellschaften ist nicht auf die USA beschränkt – die Finanzkrise hat weltweit die Etats ruiniert. Wenn die Staaten jetzt nicht gegensteuern, ist die Hälfte aller Staatsanleihen nichts mehr wert.

Und weiter heißt es:

„Die Staatsschuldenquoten sind 2010 in vielen Fällen bereits so hoch, wie S&P sie erst um das Jahr 2030 erwartet hätte“, sagt Moritz Krämer, Direktor für Länder-Ratings in Europa, Nahost und Afrika. Dabei hätten die Regierungen die vergangenen Jahre eigentlich nutzen müssen, um sich für den absehbaren Anstieg der altersbedingten Staatsausgaben ein Polster zu schaffen.

Was heißt das auf deutsch? Für den Metzgerlehrling? Die Renten (ja, das sind diese altersbedingten Staatsausgaben) sind … auch eine Glaubensfrage geworden.

Also real futsch.

Auch das mit dem Spiegel kooperierende manager-magazin jubelt nicht ganz so laut:

3,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr, 2 Prozent im kommenden Jahr – ein Grund zum Feiern? Konjunkturforscher halten den exportgetriebenen Aufschwung noch nicht für stabil. Um den Krisenschaden wieder auszubessern, bräuchte die deutsche Wirtschaft noch mehr als 7 Prozent Wachstum.

Deutschlands Topmanager jedoch … also die, die es wissen sollten … verabschieden sich mitlerweile laut Handesblatt von ihren Aktienpaketen:

Deutschlands Spitzenmanager glauben nicht mehr an steigende Kurse im Schlussquartal des Jahres: In den vergangenen beiden Wochen haben sie sich in großem Umfang von Aktienbeständen ihrer eigenen Firmen getrennt.

Weil es uns allen so gut geht, gehen (ebenfalls im Handelsblatt ) schon mal die ersten Länder zum Schuldnerberater der Caritas.

Erstmals in Deutschland unterwerfen sich vier Bundesländer in ihrer Haushaltspolitik einer Kontrolle von außen. Auf seiner Sitzung heute wird der Stabilitätsrat für Bremen, Berlin, das Saarland und Schleswig-Holstein offiziell feststellen, dass es dort „Anzeichen für eine drohende Haushalts-Notlage gibt“, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Zur „umfassenden Prüfung wird ein Evaluationsausschuss eingerichtet“, heißt es darin nach Angaben aus Länderkreisen weiter. Der Ausschuss soll im Mai Prüfergebnisse vorlegen. Seine Mitglieder sind Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer sowie Finanzstaatssekretäre der Länder Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern.

Ob die wohl jetzt Privatkonkurs anmelden? Geht das? Kriegen die jetzt Ackermann als Haushaltsvorstand und Länder-Hartz-IV?

Laut „Tagesspiegel“ ist ja die ganze Nato jetzt pleite … und schützt sich mit einem neuen Raketenschirm vor unbeliebsamen Besuchen von Gläubigern und Gerichtsvollziehern.

Die Kassen vieler Nato-Partner sind leer. Die Allianz wird auch deshalb Hauptquartiere abschaffen. Gleichzeitig will das Bündnis für Milliardenkosten eine neue Raketenabwehr in Europa aufbauen.

Schön dazu auch der Guttenberg:

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte: „Wir halten den Raketenschirm für grundsätzlich eine gute Idee.“ Er fügte aber hinzu, „dass Punkte wie Abrüstung durchaus eine wesentliche Komponente sein können und sein müssen“.

Toll, dieser Guttenberg, wie der das kann … das hat schon was. Grundsätzlich ist Autofahren klasse aber wir können und müssen auch laufen. Aber natürlich kommt jetzt erstmal der Schutzschirm, denn wir sind … wie die Parolen schon zeigen … im Krieg.  Und je weltfremder die Parolen werden, umso mehr mache ich mir Sorgen, das wir … verloren haben ohne zu wissen, gegen wen wir wann ins Feld gezogen sind.

Aber Handels- Wirtschafts-  und Währungskriege sind ja auch Kriege, nur die Mittel sind anders.  Bomben kommen dann später. Und bis es so weit ist, müssen wir noch etwas durchhalten, die Kriegsgewinnler wollen vorher noch so viel wie möglich für sich abschöpfen … was ja auch nur verständlich ist, oder?







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