Politik

Stuttgart 21, die Welt der Konzerne und unsere Zukunft

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In Deutschland kann man mitlerweile gut Geschäfte machen. Die Zahl der Millionäre wächst täglich. Businessmäßig sind wir konsequent den USA gefolgt und produzieren neben immer mehr Elend auch immer mehr Millionäre. Im Jahre 2000 hatte Deutschland nach Wikipedia noch ein Bruttoinlandsprodukt von 1,9 Billionen Dollar, 2005 sind es schon 2,8  Billionen, 2008 kommen wir auf 3,649 Billionen – nach Google. Knapp 10 Prozent Steigerung jedes Jahr. Das ging an der Öffentlichkeit und den öffentlichen Kassen vorbei – sonst würden wir schon längst im Geld schwimmen. Die feine Gesellschaft läßt sich auf unsere Kosten Straßen, Innenstädte, Gleisanlagen und Flugplätze instandhalten um ein möglichst angenehmes Markttreiben zu haben aber ansonsten ist ihnen der Markt selbst und sein Zustand egal – man denkt global. Darum steigen in Deutschland die Umsätze und die Staatsschulden.

Im hinkenden Vergleich zwischen Konzernumsätzen und Bruttoinlandsprodukten von Ländern stehen wie damit sehr gut da.  Wir gehören zu der kleinen Gruppe von Ländern, deren Wirtschaftsleistung noch über der von Konzernen liegt, hier mal die Spitzenreiter bei T-Online:

Weltweit führend ist laut „Fortune“ nach wie vor der amerikanische Einzelhandelsriese Wal-Mart mit einem Umsatz von 379 Milliarden Dollar (241 Mrd. Euro). Allerdings rechnet das Magazin für seine Rangliste unter anderem bestimmte Steuern heraus, um verschiedene Branchen vergleichbar zu machen. Nach den offiziellen Berichten der Konzerne wäre die Nummer eins der Ölkonzern Exxon Mobil mit einem Umsatz von knapp 404,6 Milliarden Dollar. Bei „Fortune“ kam der Ölmulti auf Platz zwei mit 373 Milliarden Dollar

Länder wie Belgien, die Schweiz, Österreich, Schweden, Norwegen oder Polen liegen da schon drunter … genauso wie 85 % aller Staaten dieser Welt. Das zeigt die enorme Finanzkraft der Konzernwelt.

Konzerne sind eigenständige Welten – einfach mal einen besuchen oder für einen arbeiten. Und sie arbeiten ständig daran, diese Eigenständigkeit auszuarbeiten – eigene Lebensmittelversorgung, eigener Sicherheitsdienst, eigene Versicherungen, eigene Städte (bislang nur bei DISNEY, laut Wikipedia: Celebration ist eine Planstadt im Osceola County im US-Bundesstaat Florida, die 1994 von der The Walt Disney Company geplant und realisiert wurde. Der Ort hatte 2004 eine Fläche von 27,7 km² und 9500 Einwohner mit 3745 Haushalten) … sie werden – ja, nicht zum Staat im Staate, sondern zu Staaten außerhalb der Staaten.

Ihre Regierungsform ist überall gleich: die Diktatur. Der Chef bestimmt, der Rest folgt oder fliegt ´raus. Manchmal fliegen auch die ´raus, die folgen.

Eine Großteil ihrer Lebenszeit verbringen die demokratischen Bürger in Konzernen, die – wie Bertelsmann in Deutschland – unser Leben bis in das kleinste Detail kontrollieren und bestimmen wollen: wann wir uns wie womit die Zähne putzen, wann wir worauf, wie und mit wem schlafen sollen und was wir in unserer Freizeit so noch alles anstellen sollten: Nordic Walking, Fußball, Superstar suchen … die Angebote sind flächendeckend und lückenlos – und überaus erfolgreich.  Freiwillige interschulische Schülerarbeitsgruppen für Philosophie zum Beispiel suche ich seit Jahrzehnten vergebens – wir hatten damals in Recklinghausen noch so etwas, initiiert von dem Referendar Reinhold Hülsewische, der – damals zumindest – der Meinung war, das man Philosophie und Schulunterricht nicht miteinander in Einklang bringen kann.

Darüberhinaus beschäftigen Konzerne in jedem Land zehntausende Lobbyisten, die dafür sorgen, das ihre Interessen gewahrt bleiben. So beschäftigt allein die Pharmaindustrie bis zu 40 000 Pharmareferenten (jeder gut bezahlt und ausgestattet mit Firmenwagen und modernster Kommunikationselektronik) um den Ärzten die Sparsamkeit und wissenschaftliche Vernunft  aus- und ihre Umsätze voranzutreiben.  Offiziell Konkurrenten, arbeiten sie inoffiziell gegen jede Form von Medizin außerhalb der Konzernlinie – auch wenn die noch so gut heilt. Man verdient halt durch Krankheit und Dauerbehandlung, nicht durch Heilung

Das alles sollte man im Hinterkopf behalten wenn man die Ereignisse um Stuttgart 21 betrachtet – und sich über die brutale Gewalt wundert, die dort gegen Kinder ausgeübt wurde:

„Die hessische und bayerische Bereitschaftspolizei hat einen heldenhaften Sieg über die 9. Klasse der Waldorfschule errungen“ zitiert heute Spiegel-online Kommentatoren bei Face-Book.

Ganz Deutschland ist verwundert, entsetzt und erstaunt – nur in der Eifel sitzt ein kleiner unbedeutender Eifelphilosoph, der sich nicht wundert weil weltweit das Gleiche geschieht: Konzerninteressen werden gegen Bürger mit Gewalt durchgesetzt – je größer die Interessen umso tödlicher die Gewalt.

Bei Stuttgart 21 geht es  laut „Deutsche Welle“ nicht nur um einen überteuerten Provinzbahnhof, die Vision der Konzerne ist eine größere, der Handlungsspielraum der Politik deshalb sehr klein (oder, besser gesagt: gleich null):

„Stuttgart 21“ ist Teil eines umfassenden Ausbaukonzeptes für den öffentlichen Schienenverkehr in Baden-Württemberg. Das Vorhaben ist das größte aktuelle Infrastrukturprojekt Deutschlands. An der Planung und Finanzierung sind neben der Deutschen Bahn auch die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, die Region und die Landeshauptstadt Stuttgart beteiligt.

Zum einen geht es bei den geplanten Streckenmodernisierungen und Neubaumaßnahmen, etwa der neuen Trassenführung nach Ulm, um die bessere Anbindung an den transeuropäischen Fernverkehr: Die von der Europäischen Kommission geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke „Magistrale für Europa“ zwischen Paris und Bratislava beziehungsweise Budapest soll Ost- und Westeuropa wirtschaftlich und kulturell enger zusammenwachsen lassen.

Oder, wie es Wikipedia ausdrückt:

Der Ausbau zur Hochleistungsverbindung gilt auch als wesentliche Voraussetzung für die rasche ökonomische, politische und kulturelle Integration von Ost- und Westeuropa. Das Projekt soll bis 2019/2020 etwa 34 Millionen EU-Bürger in fünf EU-Staaten entlang einer ca. 1500 km langen Strecke miteinander verbinden.

Da winken Riesengeschäfte für die ganze Konzernwelt.  Das neue gesamteuropäische Konsumprojekt ist jetzt schon die einzige Wirtschaftseinheit, die die USA an Ausbeutbarkeit der Arbeits- und Finanzressourcen übertreffen. Die Magistrale für Europa ist – neben der Standardisierung der Europäischen Polizei zu einheitlich blauen gesichts- und gewissenlosen Einheitsschlägern – eines der Hauptprojekte, mit der dieser Markt erschlossen werden soll. Da werden gigantische Finanzmittel in Bewegung gesetzt … und wenn sich da eine Schulklasse in den Weg stellt und meint, sie müßte ihre Vorstellung von Demokratie ausleben, dann gerät diese Schulklasse direkt auf die Gleise der Magistrale – eigentlich eine ganz einfache Sache.  Gehe ich als Bürger auf die Straße, riskiere ich, von einem Fahrrad angefahren zu werden. Habe ich aber die falsche Straße gewählt, ist es der Tanklaster von Exxon, der mich erwischt. Der hat mehr Wucht als das grüne Fahrrad.

Insofern haben die Medien recht wenn sie sagen, das die Demonstranten eine Mitschuld haben. Der Platz des Bürgers ist vor dem Fernseher, wo er den Weisungen der Konzernplaner für seine private Lebensgestaltung und der Vermittlungen des Konzernwillens durch die politische Kaste aufmerksam (oder auch volltrunken, ist völlig egal) folgen darf.  Verläßt er diesen sicheren Ort, so ist er selbst schuld, wenn ihm was passiert.

„Stuttgart 21“ kommt. Daran lassen Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Mappus trotz der Empörung über den rabiaten Polizeieinsatz keinen Zweifel. Doch in ihre Entschlossenheit mischt sich auch Unbehagen: Denn sie verlieren den letzten Draht zu den Gegnern des Bahnhofsprojekts. – meint Spiegel-online.

Insofern können Politiker einem Leid tun – sie wissen was geschieht, dürfen aber nicht so offen darüber reden.

Darf ich nochmal Thilo Caster aus der Zeitschrift des Deutschen Bundestages „Das Parlament“ aus dem Jahre 2005 zitieren:

Ein Economic Hit Man (EHM) ist ein Spitzenmanager, der im Dienst eines US-Konzerns dafür zu sorgen hat, dass in anderen Ländern Profite gemacht werden, die ausschließlich der US-Ökomonie zugute kommen. John Perkins war viele Jahre lang ein EHM; er arbeitete als hochbezahlter Chefvolkswirt in Indonesien, Iran, Saudi-Arabien, Panama, Ecuador und Kolumbien, bis er, geplagt von jahrelangen Gewissensbissen und Schuldgefühlen, den Mut fand, über seine Arbeit Rechenschaft abzulegen.

Seine Bekenntnisse sind schockierend. Zum ersten Mal berichtet ein Insider, wie das mächtigste Land der Welt dabei ist, ein globales Imperium rücksichtslos auf Kosten vor allem der Entwicklungsländer aufzubauen. Wurde Weltmacht-Streben in früheren Jahrhunderten noch überwiegend über Kriege realisiert, so ist es heute die subtilere Methode ökonomischer Eroberungen.

Seit den Enthüllungen sind fünf Jahre vergangen – aber nichts hat sich geändert, außer, das die Konzerne mit der Etablierung von Hartz IV in Deutschland sichtbar in als politische Akteure in Erscheinung getreten sind. Weiterhin bauen Konzerne weltweit die Zivilgesellschaft in eine unselbständige, abhängige hohlköpfige Masse um, die sie beliebig dirigieren können. Geld genug haben sie dazu … und genug „Economic Hitmen“ auch. Als Abgeordneter des deutschen Bundestages könnte man das wissen. Wahrscheinlich weiß man es auch. Jutta Ditfurth von den Grünen war eine der wenigen Politikerinnen, die sich dem System bzw. der Korruption verweigerte. Die anderen machten die Grünen zu der Partei, die sie heute ist.

Ist alles ganz öffentlich im Netz zu finden. Könnte jeder tun.

Wo das alles endet?

Da braucht man keinen akademischen Abschluß, um sich das ausrechnen zu können. Wenn ich … hundert Baukonzerne habe, dir nur überleben können, wenn sie Asphalt, Beton und Zement überall verbreiten, wenn es keine Möglichkeiten gibt, die Konzerne aufzuhalten (sie kriegen schon heute in Deutschland Milliardenaufträge, die NUR zur „Rettung ihrer Arbeitsplätze“ dienen) … dann werden alleine die Baukonzerne die Welt in eine Betonwüste verwandeln, um die ein kleiner künstlicher Bankenmond für die Familien der Firmenvorstände kreist.

Gut das es auch Rüstungskonzerne gibt, die die Baukonzerne in Schranken weisen – oder?

Wer das für zu Übertrieben hält … kann einfach mal bei Greenpeace schauen.

McPlanet.com – Das ist Widerstand gegen den Ausverkauf des Planeten, sagt Sven Giegold von Attac. Der freie Welthandel à la WTO wird politisch immer weniger in Schranken verwiesen. Konzerne setzen auf Sozial- und Umweltdumping. Nach der Bundestagswahl werden die ökologischen Skrupel beim neoliberalen Umbau der Republik noch kleiner sein als bisher.

Martin Rocholl, Friends of the Earth Europe: Die Politik unterwirft sich zunehmend der Globalisierung. Bei der Reform der EU-Chemiepolitik etwa stehlen sich die Chemiekonzerne aus der Verantwortung, die Gefährlichkeit ihrer Chemikalien zu überprüfen. Die Regierungen geben diesem Druck auf Kosten von Mensch und Umwelt immer mehr nach und verpassen Innovationschancen.

Gerd Leipold, Chef von Greenpeace International: Konzernbosse, die unter dem Vorwand des weltweiten wirtschaftlichen Konkurrenzdrucks Urwälder zerstören, Meere leeren, das Klima aufheizen und die Gentechnik in der Landwirtschaft durchsetzen, müssen wir „outen“ und auf die Anklagebank setzen.

Ich habe gezielt jene Sätze in den „Statements“ weggelassen, die die eigentliche Botschaft entwerten. War in jeder Stellungnahme einer drin.

Greenpeace ist mitlerweile auch ein Konzern. Darum geht es der Umwelt immer schlechter obwohl wir immer mehr darüber reden. Reden beruhigt.

Und mitlerweile hat Greenpeace einen Chef, der (hier bei Spiegel-online) ganz offiziell die Meinung der Konzerne vertritt:

Skeptisch äußert sich Naidoo über die grundsätzlich ablehnende Haltung von Greenpeace gegenüber Techniken wie etwa der Abtrennung und Speicherung von Kohlendioxid in Kraftwerken oder der grünen Gentechnik.

Die kriegen mit ihrem Geld ihre Leute überall „implementiert“, in jede bestehende Organisationsform.   Darum haben der Chef von Greenpeace und Frau Merkel die gleiche Meinung – obwohl uns das größte Artensterben in der Geschichte der Menschheit bevorsteht.  Die demokratisch-bürgerliche Gesellschaft wird sehr lebendig werden müssen, um das zu Überleben.

Unser Feind ist dieses mal schlauer als wir, hinterhältiger, raffinierter. Ein Mammut oder ein Säbelzahntiger sind ein Witz dagegen.  Hoffentlich … werden wir das hinkriegen. Es wäre ein schlechter Witz im Intergalaktischen Tagesanzeiger lesen zu müssen: „Menschheit von eigenen Organisationstrukturen vernichtet!“



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