Gestern hatte ich eines jener Erlebnisse, die man kaum vergißt: die Begegnung mit nackter Angst. Das hat mich nicht unberührt gelassen. Mitten in Deutschland bei bestem Wetter in sicherer, vertrauter Umgebung mit Angst konfrontiert zu werden, irritiert. Es gibt keinen Grund, in diesem Land Angst zu haben – so dachte ich bis gestern. Jedenfalls nicht in der Eifel. Die Ursache der Angst? Die Person – weiblich, hoch gebildet, gut situiert, helles Gemüt, voll im gehobenen Vereinsleben stehend – hatte ausgesprochen, das es „vielleicht keine Klimakatastrophe gibt“ – und sich erschrocken die Hand vor den Mund geschlagen und sich panisch umgeschaut.
„Darf man das überhaupt sagen?“ … hoffentlich hatte es keiner gehört.
Ich stand da und fragte mich: wo lebe ich eigentlich hier? Was geht da draußen vor sich, das meinen Mitbürgern solche Angst macht?
Heute morgen streife ich durch die Nachrichten und merke: es ist gar nicht verwunderlich, das Menschen in diesem Lande wieder Angst haben die Wahrheit auszusprechen. Die Wahrheit? Ja. Als ich im März 2003 in kurzer Hose im Garten saß, da war mir klar: Klimakatastrophe. Wer mir dieses Jahr mit Klimakatastrophe kommt, dem zeige ich meine unverbrauchten Tuben Sonnencreme – oder meinen Ginkobaum, der eingeht, weil es zu kalt ist.
Die Wahrheit ist jene, die John Perkins in seinen Berichten über das, was er Korporatokratie nennt, berichtet hat: alle Gewalt geht nicht mehr vom Volke sondern von den Konzernen aus. Und sie demonstrieren ihre Macht überdeutlich und ganz öffentlich:
Auch die Vorkämpfer der großen Pharmamultis, vereint im Verband forschender Arzneimittelhersteller, waren erfolgreich: Künftig soll nicht mehr der unabhängige Gemeinsame Bundesausschuss die Kriterien festlegen, nach denen neue Arzneimittel bewertet werden, sondern das Gesundheitsministerium – das die Industrie für beeinflussbarer hält.
Quelle: Spiegel-online
Wie man da was beeinflußt, zeigt zum Beispiel der Siemenskonzern:
Ein ehemaliger griechischer Minister hat zugegeben, vom deutschen Siemens-Konzern 1998 Schmiergelder in Höhe von mindestens 450.000 Mark erhalten zu haben. Das Geld wurde auf ein Schweizer Bankkonto überwiesen. Steuerfahnder durchsuchten die Zentrale von Siemens-Griechenland.
Quelle: Welt
Parteien und Gewerkschaften kriegt man ganz schnell in den Griff – einfach die Spitze kaufen und schon läuft das Geschäft, schon kann man ein Land regieren und seine Vorstellungen durchdrücken, ohne je gewählt worden zu sein. Machen Regierungen genauso:
Auf dem Millenniumsgipfel der UNO hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine stärkere Erfolgskontrolle bei der Entwicklungshilfe ausgesprochen. „Zweifellos müssen wir die Wirksamkeit der Instrumente der Entwicklungspolitik weiter verbessern“, sagte Merkel in ihrer Rede vor dem Plenum in New York. „Es kommt also darauf an, begrenzte Hilfsgelder so nutzbringend wie möglich einzusetzen.“
„Leider müssen wir aber heute sagen, dass wir nicht alle Ziele bis 2015 erreichen werden“, sagte Merkel. „Dennoch bleiben die Ziele gültig und müssen konsequent durchgesetzt werden.“
Quelle: yahoo
Wir wollen was sehen für unser Geld. Hartz IV für Hungerländer – wer nicht pariert, dem wird´s gestrichen. Ein-Euro-Jobs haben die schon alle, da sind die vorbildlich.
Wie man Marktmacht zu Konzernmacht und gesellschaftlicher Macht umbaut, demonstriert gerade der Siemenskonzern:
Siemens gibt seinen Beschäftigten in Deutschland weitreichende Garantien zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Vorstand, Gesamtbetriebsrat und IG Metall wollen nach Informationen von WELT ONLINE an diesem Mittwoch ein Abkommen unterzeichnen, das die 128.000 Mitarbeiter in Deutschland vor Entlassungen schützt. Das Besondere: Die Vereinbarung soll unbefristet gelten.
Quelle: Welt
So schmiedet man eine Allianz zwischen Korporatokratie, Gewerkschaften und Arbeitnehmern, die klassische gesellschaftliche Muster völlig aushebelt und das Volk in konzerntreue Nützlinge und konzernfeindliche Schädlinge aufteilt.
Bei den Gewinnmargen, die dort inzwischen eingefahren werden und bei den Steuererleichterungen haben die genug Geld übrig, sich zu kaufen was sie wollen: Land, Grundstücke, Minister, Söldner, Meinungen … kostet ja alles nur Geld. Und das ist im Überfluß vorhanden:
Ähnlich auch Siemens: Der Weltkonzern zahlte 1995 trotz eines Bruttogewinns von 2,6 Milliarden Mark keinen Pfennig Ertragsteuern in Deutschland die fälligen Steuern – 19,9 Prozent oder 518 Millionen Mark – kassierte ausschließlich der ausländische Fiskus. Fünf Jahre zuvor hatten die Ertragsteuern von 1,6 Milliarden Mark den Bruttogewinn von Siemens noch mit 47,6 Prozent belastet.
Nicht nur BMW und Siemens, sondern alle großen deutschen Konzerne setzen den Finanzminister auf Diät. Das geht aus einer Studie hervor, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung der Uni Mannheim demnächst veröffentlichen wird. Die Mannheimer haben die tatsächliche Steuerbelastung von dreißig großen deutschen Aktiengesellschaften in den vergangenen Jahren untersucht. Nimmt man den Schnitt dieser Unternehmen, so ist die Ertragsteuerquote, also der Anteil der Steuern am Bruttogewinn, zwischen 1989 und 1994 von mehr als 48 Prozent auf nun noch knapp 24 Prozent gefallen.
Quelle: Die Zeit, 1997
Es ist eine ältere Studie, aber Trend zur Großzügigkeit für Korporatokraten hält an, wie einer Studie von Price-Waterhouse zu entnehmen ist:
PwC-Weltbank-Studie: Weltweite Steuer- und Abgabenquote der Unternehmen sinkt 2008 leicht / Deutschland liegt bei der Gesamtbelastung auf Rang 112 von 183 / Sozialabgaben belasten Unternehmen in der EU weiterhin stark
Quelle: Innovationsreport
Price-Waterhouse ist die Unternehmensberaterfirma, die Kapital für die Mafiawindräder sucht – siehe dort. Die werden auch solange weiteragieren, bis Unternehmen keinerlei Steuern oder Sozialabgaben mehr leisten müssen, dafür aber Bleibegeld vom Staat bekommen.
Die folgen dieser ungebremsten Konzernmacht sieht man gerade in den USA, ein Land, das merkt, wie einem wird man man … überflüssig wird und nicht mehr gebraucht wird. Das Geburtsland der Konzerne wird jetzt abgebaut, die haben eine neue Heimat gefunden:
Im US-Bundesstaat Kalifornien gibt es laut „L.A. Times“ bereits acht Bezirke, die eine Arbeitslosenrate von über 20 Prozent aufweisen.
Die „Mortgage Bankers Association“ hat im Mai 2010 bekannt gegeben, dass mehr als 10 Prozent aller US-Hausbesitzer zwischen Jänner und März zumindest eine Rate ihres Hauskredits nicht zahlen konnten. Das ist ein Rekordhoch. 2009 lag der Wert noch bei 9,1 Prozent.
32 US-Staaten sind laut „EconomicPolicyJournal.com“ nicht mehr in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen, Arbeitslosengelder auszuzahlen. Die US-Regierung muss für die Staaten einspringen. Allein Kalifornien musste sich sieben Milliarden Dollar ausborgen.
Mehr als 40 Millionen Amerikaner beziehen Essensmarken. Das ist ein trauriger Allzeit-Rekord. Aber der Höhepunkt dürfte noch nicht erreicht sein. Das US-Landwirtschaftsministerium geht laut Nachrichtenagentur „Reuters“ für 2011 von einer Zahl von 43 Millionen Amerikanern aus, die Essensmarken in Anspruch nehmen.
1950 lag das Verhältnis der Gehälter von Managern im Vergleich zum durchschnittlichen Arbeiter bei 30:1. Seit dem Jahr 2000 ist dieses Verhältnis auf 300-500:1 explodiert.
Jener Teil der Amerikaner, die zu den unteren 40 Prozent der US-Einkommensbezieher zählen, besitzen zusammen weniger als ein Prozent des nationalen Reichtums.
Laut den US-Strafverfolgungsbehörden gibt es in den USA mehr als eine Million Mitglieder krimineller Banden. Diese sind für rund 80 Prozent aller Verbrechen verantwortlich, die pro Jahr in den USA verübt werden.
Quelle: Schnittpunkt 2012
Und die Zukunft sieht für die nicht gerade rosig aus:
Was heißt das für die Märkte?
Es sind meine Prognosen für das nächste Jahr, die viele schockieren: US-Aktien fallen um 60 Prozent, ein S&P 500 auf 450 Punkte – derzeit liegt er bei 1 100. Einem Dax beispielsweise blüht das Gleiche, weil andere Märkte kein Eigenleben führen können. Meine Prognose wären hier 3 600 Zähler. Der wirtschaftliche Rückfall stützt natürlich die Anleihen auf ihrem Höhenflug. Die Rendite der zehnjährigen Treasuries rutscht dann im Extrem noch auf eineinhalb Prozent, die der deutschen Bundesanleihen sogar darunter.
Woher nehmen Sie diese Horror-Prognosen?
Die Anleihemärkte stellen sich ja schon auf mein Depressionsszenario ein. Sie reagieren meist recht schnell. Nur die Aktienmärkte sind noch blind auf beiden Augen.
Quelle: Handelsblatt
So etwas stört aber keinen Konzern. Schon längst baut man sich neue Freunde auf – ohne Rücksicht auf Verluste:
Megadeal für die amerikanische Waffenindustrie: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman und Kuwait haben in den USA laut „Financial Times“ Rüstungsgüter für fast 123 Milliarden Dollar bestellt. Die arabischen Staaten wollen damit dem Iran die Stirn bieten.
Quelle: Spiegel-online
Saudi-Arabien – ein Freund der USA und ein besonderer Freund der Korporatokratie (siehe John Perkins, Bekenntnisse) befindet sich immer noch im Kriegszustand mit Israel – einem Freund der USA aber keinem besonderen Freund der Korporatokratie. Laut offizieller Verschwörungstheorie waren die meisten der Attentäter vom 11.9.2001 aus Saudi-Arabien (was für Afghanistan und den Irak schlimme Konsequenzen hatte), laut inoffizieller Verschwörungstheorien war der Mossad an den Angriffen beteiligt – Konzerne gewinnen durch beide Theorien und erst Recht dadurch, wenn der bestehende Krieg gegen Israel wieder heiß wird, weil die USA schwach geworden sind.
Und man sorgt auch schon für die Zukunft vor … in Zusammenarbeit mit anderen neuen Freunden:
Die Angriffe der BRIC-Staaten auf den US-Dollar als Leitwährung haben deutliche Spuren hinterlassen. Nahezu unbemerkt blieb bisher, dass der IWF in einer Studie durchgespielt hat, den Dollar als Leitwährung durch eine noch zu schaffende Währung abzulösen. Gesprochen wird dabei vom „Bancor“, den einst John Maynard Keynes als Weltwährung vorgeschlagen hatte. Die Überlegungen gehen über die
chinesischen und russischen Vorschläge hinaus, den Dollar durch Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu ersetzen. Einher gehen die Überlegungen mit dem wachsenden Einfluss von China, dessen Stimmrechte im IWF deutlich wachsen werden. Das Land wird zu Japan auf den zweiten Platz aufschließen, wird bereits berichtet.
Quelle: Telepolis
Wenn der Dollar wankt, brechen die USA zusammen. Sie haben sonst nichts mehr, wie im Handelsblatt zu lesen ist:
Überschuldung und explodierende Haushaltsdefizite, ein gelähmtes und zerfallendes politisches System, verschlafene Investoren: das alles erinnert an das Lateinamerika der 80er-Jahre. Wenn die Nordamerikaner nicht aufpassen, droht ihnen dasselbe Schicksal. Ein Gastbeitrag des Chefs der amerikanischen Fondsgesellschaft Pimco.
Aber man braucht nicht in die Welt hinauszuschauen und die düsteren Wolken zu sehen, die sich dort zusammenballen um Angst zu bekommen. Es reicht schon ein Blick in eine deutsche Zeitschrift:
Ein Gesinnungswandel ist da zu beobachten: Arbeit ist nicht mehr nur Broterwerb, sondern Stütze fürs Selbstbewusstsein. Sie bringt Sozialkontakte, festen Tagesrhythmus, geistige Herausforderung. Studien zeigen, dass Menschen mit Arbeit glücklicher sind als Arbeitslose – egal welchen Alters. Forscher haben herausgefunden, dass eine erfolgreiche Jobsuche glücklicher machen kann als die eigene Hochzeit.
Quelle: Manager-Magazin
Die Heirat mit dem Konzern wird zum wichtigsten Ereignis im Leben, der Konzern wird Partnerersatz, Quelle des Glaubens und der Wahrheit.
Der Konzern wird Gott und seine Wahrheiten Gebote.
Und wenn der Konzern sagt: „Es werde Klimakatastrophe“ dann gibt es Klimakatastrophe, bis dieser Mythos seinen Sinn erfüllt hat und wie andere Mythen von Ozonloch bis Schweingegrippe innerhalb weniger Tage in Vergessenheit geraten, weil der Konzern andere Wahrheiten als nützlich erachtet.
Kein Wunder, das man in dem Klima darauf achten muß, wer von den eigenen Zweifeln an der Konzernwahrheit Wind bekommt.
Das könnte ja den Job kosten.