Ich weiß nicht, ob sich noch jemand an Auschwitz erinnern kann? … ist eine Frage, die man wohl niemals wird stellen müssen. Auschwitz ist allgegenwärtig – und das ist auch gut so. Die skrupellose industrielle Massenvernichtung einer (oder mehrerer, wenn man die Roma mitzählt, gegen die Frankreich gerade wieder vorgeht) Volksgruppen schien eine neue Qualität der inneren Gewalt zu sein so wie die Atombombe eine neue Qualität der äußeren Gewalt war. So stolz wir auf unsere Technik, unseren Fortschritt und unsere Zivilisation waren, so mußten wir doch erkennen, das wir ethisch entweder gar keine Fortschritte gemacht hatten oder sogar dabei waren, Rückschritte zu machen.
Dazu gab es ein deutliches „nie wieder“ der ganzen Volksgemeinschaft, denn wenn wir das nicht in den Griff bekommen, wird die Welt letztlich in einem nuklearen Feuerbrand untergehen. So wurde also Auschwitz und das dritte Reich von vorne bis hinten durchgekaut … der Umgang mancher Medien mit Hartz IV-Abhängigen in den letzten Jahren gibt allerdings zu denken, ob wirklich viel verstanden worden ist.
Wir beschäftigen uns ja nicht mit Auschwitz, weil uns langweilig ist, sondern weil wir unter allen Umständen die Lager wieder verhindern wollen, die Lager … und den Völkermord.
Was die Lager angeht, kriegen wir das halbwegs in den Griff, was aber den Völkermord angeht, so haben wir schrecklich versagt. Würde ich fragen, ob sich noch jemand an Ruanda erinnern kann, dann … würde ich wahrscheinlich Schweigen hören oder irgendetwas über Stammeskriege.
Ruanda hat den Nachteil, das da Neger wohnen. Das interessiert schon mal keinen und der latente Rassismus führt dazu, das wir die sowieso für affenähnliche Untermenschen halten, deren Schicksal uns nichts angeht. Zur Beruhigung unseres Gewissens … schicken wir den Niebel mit etwas Geld dahin, ca. 88 Cent für jeden der acht Millionen Einwohner … und das war es dann auch.
Rede ich dann von deutschen Militärberatern, die 1993/1994 vor Ort in Ruanda waren, so werden wahrscheinlich alle so verdutzt gucken wie ich. Kann doch gar nicht sein, so etwas gibt es doch nicht? Davon müssten wir doch wissen? Stimmt vollkommen, tun wir aber nicht.
„Die Franzosen, die Belgier und auch die Deutschen hatten Dutzende von Militärberatern auf allen Kommandoebenen der Armee und der Gendarmerie und unterhielten Ausbildungseinrichtungen in Ruanda“, erwähnt Genereal Reméo Dellaire in seinem Bericht „Handschlag mit dem Teufel“ (Verlag 2001, 2003, Seite 152).
Was die dort taten und warum es so viele waren … der kanadische General der UNO wird es nie erfahren.
So wenig wir über die deutschen Militärberater wissen, so wenig wissen wir auch über den Holocaust in Ruanda, der den Holocaust in Deutschland an Geschwindigkeit, Grausamkeit und Gründlichkeit übertraf und deshalb eigentlich an erster Stelle Untersuchungs- und Unterrichtsgegenstand jeglicher gewaltpräventiven Maßnahme sein muß.
Stattdessen … Schweigen wir.
Die Belastungen im bilateralen Verhältnis im Zuge der Verhaftung der ruandischen Protokollchefin in Frankfurt Anfang November 2008 aufgrund eines von den französischen Justizbehörden ausgestellten Europäischen Haftbefehls konnten dank der gemeinsamen deutsch-ruandischen Erklärung vom 19. Januar 2009 und der Wiederbesetzung der Botschafterposten überwunden werden. Die zeitweise Eintrübung des bilateralen Verhältnisses hat nichts an dem grundsätzlich positiven Bild Deutschlands in Ruanda geändert und auch das traditionell enge und gute beiderseitige Verhältnis nicht nachhaltig negativ tangiert. Deutschland gilt als ein Partner ohne eigennützige wirtschaftliche oder politische Interessen. Die rasche deutsche Hilfe nach dem Genozid und Bürgerkrieg 1994 wird von den Ruandern gewürdigt.
Im Großraum Kigalis gab es seit dem 19.02.2010 mehrere Anschläge mit Handgranaten, die auch Todesopfer forderten.
Meint das Auswärtige Amt.
Wären da Palästinenser oder Israelis beteiligt: es gäbe wieder großes Geschrei. Handgranaten richten schlimme Dinge an. Aber: sind ja nur Neger.
Wir nörgeln gerne mal schulmeisterlich an denen herum:
Aber hinter dieser scheinbar überwältigenden Zustimmung verbirgt sich ein eiserner Griff. Kritische Zeitungen wurden eingestellt, Oppositionelle mit Anklagen wegen »Terrorismus«, »Leugnung des Völkermords« und »Verbreitung genozidaler Ideologie« an der Registrierung für die Wahlen gehindert. Andere wurden umgebracht.
Und kriegen dafür eine Abfuhr vom Staatschef, die uns nicht gefällt:
Der Bericht, der bereits im November 2007 fertiggestellt worden war, soll nun als Grundlage für mögliche juristische Schritte gegen Frankreich dienen, sagte die ruandische Regierung. 33 Politiker und Militärs aus Frankreich werden namentlich als Verantwortliche genannt
Nach dem Mordanschlag auf Präsident Habyarimana am 6. April 1994 sammelten sich die führenden Hutu-Extremisten in der französischen Botschaft in Ruandas Hauptstadt Kigali, wo sie die für den Genozid verantwortliche neue „Übergangsregierung“ bildeten. Französisches Militär, zur Evakuierung weißer Ausländer nach Kigali entsandt, verweigerte verfolgten Tutsi Hilfe, und französische Waffenlieferungen an die Täter gingen während der organisierten Massaker weiter, während Frankreich im UN-Sicherheitsrat Bestrebungen blockierte, die Massaker als „Völkermord“ zu bezeichnen und damit ein Eingreifen zu erzwingen.
Ende Juni schließlich, als das Völkermordregime vor der militärischen Niederlage gegen die RPF stand, besetzten französische Truppen den Westen Ruandas, offiziell um dem Morden ein Ende zu setzen, tatsächlich aber um zu versuchen, die Eroberung ganz Ruandas durch die RPF zu verhindern. In beispielloser Detailliertheit führt der Untersuchungsbericht aus, wie die Soldaten der französischen Eingreiftruppe „Turquoise“ mit den Hutu-Mordmilizen zusammenarbeiteten, statt sie zu entwaffnen. Sie gingen mit ihnen gemeinsam auf Patrouille, sie lieferten ihnen gefangene Tutsi aus, sie ließen sich von den Milizen mit Tutsi-Mädchen beliefern, die sie dann vergewaltigten.
In einzelnen Fällen sollen französische Soldaten selbst Morde an verfolgten Tutsi begangen oder Leichen auf ihren Wagen transportiert haben. Am Kivu-See, der die Grenze zu Zaire bildet, erklärten sie den Milizen, wie man Leichen so ins Wasser wirft, dass sie nicht sichtbar an der Oberfläche treiben. In der Südprovinz Gikongoro verhafteten französische Soldaten überlebende Tutsi und warfen sie gefesselt aus Hubschraubern im Tiefflug über dem geschützten Nyungwe-Regenwald ab.
Quelle: Taz
Auch die katholische Kirche war dabei.
Die unabhängige Menschenrechtsorganisation „African Rights“ (London) legte bereits im Frühjahr 1998 Fakten über den Völkermord von 1994 vor: „Es gibt zwingende Beweise dafür, dass eine Reihe von Bischöfen, Priestern, Nonnen und Mönchen den Völkermord geduldet haben oder aktiv daran beteiligt waren“ (gl, 15.5.1998).
Konkret nennt African Rights z. B. Pater Rutihunza, der ein Massaker an behinderten Tutsi-Kindern und ihren Betreuern organisiert hat. Oder Pater Seromba, der Soldaten dafür bezahlt hat, dass sie 2000 Tutsis mit Raupenfahrzeugen in einer katholischen Kirche zermalmten. Der Pater, der die Tutsis zuvor in die Kirche lockte, wurde mittlerweile zum Tode verurteilt. Auch Erzbischof Ntihinuyurwa und Bischof Misago werden in dem Bericht als Kriegsverbrecher genannt.
Der Vatikan deckt bislang Angeklagte und ließ einige von ihnen nach Italien, Frankreich, Belgien sowie andere afrikanische Länder evakuieren. Papst Johannes Paul II. hat sich nur einmal öffentlich in den Konflikt eingeschaltet: Er bat um Gnade für 22 wegen Massakers und Völkermord an Tutsis zu Tode verurteilte römisch-katholische Hutus.
Quelle: Das weiße Pferd
Dabei war ihre Macht nicht gering:
Die katholische Kirche, der 70% der Ruander angehören, hätte als einzige die Autorität gehabt, das Blutbad zu stoppen. Doch »die meisten ihrer Priester und Nonnen hatten 1994 bei dem Blutbad teilnahmslos zugesehen oder gar den Mördern geholfen.« (Spiegel 1/2000)
»Die ruandischen Bischöfe sagten, noch nachdem das Schlachten längst begonnen hatte, der Hutu-Regierung ihre Zusammenarbeit zu und forderten die Bevölkerung auf, deren Anordnungen zu befolgen …« Zwei Jahre nach dem Genozid plage eine Gruppe ruandischer Priester das Gewissen. »Doch die Teilnehmer des Diskussionskreises wurden strafversetzt; den Initiatoren drohte der Vatikan gar mit dem Kirchenausschluss.«
Quelle: Kirchenopfer
Doch wie gehen wir damit um? Mit der üblichen Methode: intellektuell erstmal alles in Frage stellen und dann warten, bis neue Schlagzeilen den Holocaust samt Schuldigen verdrängen, denn wir haben ja noch einen deutschen Holocaust, der abzuarbeiten ist.
Der Politikwissenschaftler Alan J. Kuperman stellte zentrale Annahmen dieser Kritik an der Weltgemeinschaft in Frage. Er betont, frühzeitig habe es keine eindeutigen Beweise für einen Völkermord in Ruanda gegeben.
Quelle: wapedia
Er hätte vielleicht einfach mal in Österreich Zeitung lesen sollen:
Schon 1990 warnten europäische Botschafter: „Die rasante Verschlechterung der Beziehungen zwischen den zwei Ethnien birgt ein enormes Risiko schrecklicher Konsequenzen für Ruanda und die ganze Region.“ Zwei Jahre später schrieb der belgische Botschafter ganz unverblümt vom Plan eines extremistischen Hutu-Zirkels, „die Tutsi auszulöschen und so das ethnische Problem auf ihre Weise zu lösen“. Eine CIA-Analyse warnte im Jänner 1994 vor Massakern mit 500.000 Toten.
Aber Experten meinen halt auch nur das, wofür sie bezahlt werden. Bezahlt worden ist auch der Rebellenführer Kagame, der den Holocaust beendete, um danach an einem uns völlig unbekannten Weltkrieg teilzunehmen.
1998 eskalierte der Konflikt zu einem gewaltigen Kampf um Kongos Rohstoffreichtum und die Vormacht in der Region, dem sogenannten „afrikanischen Weltkrieg“. 5,4 Millionen Menschen starben. Bis zu neun Staaten waren beteiligt – allen voran Ruanda, das mit verbündeten Warlords die Rohstofflagerstätten im Ostkongo ausbeutete. Hilfe für seine schlagkräftige Armee erhielt Präsident Kagame aus den USA.
Quelle: diePresse
Während General Dallaire noch verzweifelte, weil Ruanda so unwichtig war, das kein Land sich für Ruanda-Hilfe interessierte, waren die Großmächte schon längst aktiv:
Deshalb auch erklärte man damals in Paris, es gelte, die Sphäre der „Francophonie“ (also des postkolonialen französischen Sprachraums) gegen den Verlust eines Mitgliedslands – bedroht von einer „anglophonen und marxistischen“ Guerilla – zu verteidigen. Daher unterstützte man offen die ruandischen Streitkräfte (FAR), rüstete diese auf und stellte ihnen französische Militärberater zur Verfügung. Die französische Armeepräsenz in Ruanda wuchs von 5.200 Mann, vor dem Ausbruch der Rebellion der RPF im Oktober 1990, auf alsbald über 50.000 Mann (zur Jahresmitte 1992). Theoretisch sollten französische Militärs die Soldaten der ruandischen Streitkräfte (FAR) nur beispielsweise in den Gebrauch der Artillerie einweisen. Real aber feuerten sie oftmals selbst die Schüsse ab, wie auch aktuell nochmals ausdrücklich in ‚Le Monde‘ (vom 22. 11. 2006, Seite 5) bekräftigt wird. An derselben Stelle wird hinzugefügt : „Von höchster Geheimhaltung umgeben, schickt Frankreich die Helikopter, die die erste Offensive der RPF stoppen.“
Zudem nimmt das kleine Ruanda den Platz einer «Gebirgsfestung“ ein, von der aus größere Teile des damaligen Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) beherrschbar schienen. Diese strategische Position Ruandas spielte übrigens tatsächlich in späteren Jahren, ab 1996/97, bei den aufflammenden Kriegen in Zaire/Kongo eine sehr wichtige Rolle. Kurz : Ruanda war eine wichtige Schachfigur auf dem Brett sowohl der französischen, als auch der US-amerikanischen Afrikapolitik. (Die deutsche Außenpolitik und Außenwirtschaftspolitik segelte dabei eher im Windschatten dieser beiden Mächte, vor allem der USA, um in ihrem Gefolge Marktanteile zu gewinnen.)
Quelle: Hagalil
Darum durfte der Holocaust auch nicht verhindert werden, obwohl man es leicht gekonnt hätte:
Im Januar 1994 wurde der kanadische Befehlsleiter Roméo Dallaire über illegale Waffenlager und die Erstellung von Tutsi-Todeslisten informiert. Sein Vorhaben, jene Lager auszuheben, wurde ihm durch Kofi Annan, damals Unter-Generalsekretär der UNO und verantwortlich für friedenserhaltende Einsätze, untersagt. Rückblickend auf seine zahllosen Warnungen vertritt Dallaire heute noch die Überzeugung: Mit 5000 Blauhelmen und einem robusten Mandat hätte der Völkermord verhindert werden können.
Quelle: ecz
Wir (also, die westliche Welt, allen voran die USA) brauchen aber die Gebirgsfestung Ruanda für unsere Handys:
In der Demokratischen Republik Kongo schuften nach wie vor Kinder und Jugendliche in von Rebellen kontrollierten Minen, um Coltan zu gewinnen. Der Rohstoff für die Mobilfunk-Industrie wird auf illegalen Wegen in die Industriestaaten exportiert und ist für die Hersteller von Mobiltelefonen unentbehrlich. Für die ZDF-Reportage „Kongos verfluchter Schatz – Das schmutzige Geschäft mit dem Coltan„, die am 20. August um 00.00 Uhr gesendet wird, hat sich der Journalist Patrick Forestier in das Gebiet der Minen und der Rebellen gewagt.
Quelle: epo
Von all dem hat der UN-General nichts gewußt. Jeder Internetnutzer kann sich besser informieren als der kommandierende UN-General vor Ort … was ein erschreckendes Bild auf die Informationskultur der UN wirft.
Und ebenso erschreckend ist das Bild, das der Ruanda-Holocaust von der politischen Wirklichkeit unserer Umwelt hinterläßt.
Trotz (oder gerade wegen) der Informationsfluten, die tagaus tagein über uns hereinbrechen, wissen wir eigentlich nichts. Gar nichts.
Und wie ich manchmal mit Grausen feststelle: wir wollen auch gar nichts wissen. Der sensible deutsche Intellektuelle (gerne auch mal fahrradfahrender kunstliebender Vegetarier und in Meditationskünsten bewandert) wendet seinen Blick gerne auch mal ab, weil es ihm zu grausam erscheint, was dort geschieht. Oder er arbeitet kräftig daran mit, wie jene Radiomoderatoren Ruandas, die zum Holocaust aufgerufen hatten.
Es bringt nichts, sich jetzt bei zugehörigen Wählerklientel anzubiedern, um sie hinterher an der Macht wieder vor den Kopf stoßen zu müssen. Die Rente mit 67 ist hart, aber richtig, und nach Lage der Dinge werden wir auf eine Rente mit 70 zusteuern. Das muss man den Leuten, auch und gerade den eigenen, schonend beibringen – und ihnen nicht nach dem Mund schwätzen.
Quelle: Spiegel-online
So der „preisgekrönte“ Spiegel-Journalist Christoph Schwennicke.
Und wenn ich jetzt sage: das ist der erste Schritt zum Genozid an Alten (wegen der „Lage der Dinge“ und anderen Sachzwängen) … hört mir dann jemand zu? Prüft das jemand nach? Will das jemand wissen?
„Menschen sind Kosten auf zwei Beinen“.
Der Rest ist nur die Abwicklung der Konsequenzen des Leitsatzes. Und in Ruanda haben wir schon mal … geübt. Ausschwitz war eindeutig noch zu teuer, scheint mir.
Es etabliert sich eine neue Weltordnung, in der die Vernichtung menschlichen Lebens zu Friedenszeiten ein nie gekanntes Ausmaß erreicht.
Und alle schauen weg….oder machen mit wie in Ruanda. Hauptsache, das Handy kann auch Video und Internet und man selbst lebt alterslos und ewig.