Politik

Sensation! Rente mit 60! Und neue Wirtschaftsordnung!Und alle, wirklich alle arbeiten … für nix!

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Immer wieder für eine Überraschung gut ist die FDP. Sie hält sich ja für die Partei der Besserverdienenden, aber die Älteren unter uns werden sich noch daran erinnern können, das das mal eine Bürgerrechtspartei war, etwas, das uns heute fehlt. Manchmal finde ich Gedanken aus der FDP einfach erfrischend, weil sie unkonventionell sind – zum Beispiel das Bürgergeld. Eigentlich weiß jeder, das Bürgergeld notwendig ist. Wir haben auch schon de facto Bürgergeld und könnten mehr davon haben, wenn sich die Politiker nicht so anstellen würden und aus der Arbeitslosenhilfe ein sozialpädagogisches Sonderprogramm mit Beschäftigungstherapie gemacht hätten, das allein schon Milliarden verschlingt aber wenigstens die befristeten Angestellten der ARGE und ihre Trainer vor der Arbeitslosigkeit bewahrt.

Jetzt hat die FDP eine neu Idee, die mit Sicherheit genauso wie das Bürgergeld abgelehnt wird, weil einfach jede Idee, die von der FDP kommt, abgelehnt wird weil den Westerwilly keiner mag und Hotelbesitzer weder Bürgergeld noch Rente brauchen.

Rente mit sechzig – ein Horror für Franzosen (die gehen früher in Rente) aber ein Traum für die Deutschen:

Nach Ansicht der Liberalen soll jeder selbst entscheiden, wie lange er arbeitet – vorausgesetzt, er braucht keine Staatshilfe.

Quelle: Welt

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einem freien Land mit freien Bürgern, das jeder selbst entscheiden sollte, wie lange er arbeitet – und in einem Land, das steuerlich nicht nur FDP-Wähler begünstigt, wäre das auch kein Problem. So jedoch müssen wir bis 80 arbeiten (also, damit rechne ich, der ich jetzt 50 bin), damit die Renditen und Diäten noch munter weiter fließen.

Die Deutschen selbst … haben sowieso “ keinen Bock“ mehr auf das ganze System und nehmen vollen Kurs auf  „innere Emigration“: so jedenfalls eine Studie der Bertelsmannstiftung, die heute bei Spiegel-Online veröffentlicht wurde:

Hamburg – Es sind bemerkenswerte Zahlen: 88 Prozent der Deutschen wünschen sich eine „neue Wirtschaftsordnung“. Der Kapitalismus sorge weder für einen „sozialen Ausgleich in der Gesellschaft“ noch für den „Schutz der Umwelt“ oder einen „sorgfältigen Umgang mit den Ressourcen“. Das hat eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung ergeben, aus der die „Zeit“ zitiert.

Natürlich hat die Studie einen Haken, sonst wäre sie bei der Bertelsmannstiftung nie durch die Zensur gegangen.

Die Deutschen sind sich in ihrer neuen Werteordnung quer durch alle Schichten außerordentlich einig. So stimmten der Aussage „Wohlstand ist für mich weniger wichtig als Umweltschutz und der Abbau von Schulden“ 75 Prozent der Befragten mit Abitur, aber auch 69 Prozent jener mit Hauptschulabschluss zu.

Der Deutsche hat verstanden, das er von dem Geld sowieso nichts mehr abbekommt, also kann man damit auch Staatsschulden abbauen.

Diese Tatsache hat auch gleich der Präsident des DIW verstanden, dessen Interview heute im Managermagazin erschien:

Die Zahl der Beschäftigen in Deutschland ist auf Rekordniveau, doch Klaus Zimmermann warnt im Gespräch mit dem manager magazin vor Euphorie. So schnell wie derzeit werde die deutsche Wirtschaft im Rest des Jahres nicht weiter wachsen. Deshalb rät der Präsident des DIW von großflächigen Lohnerhöhungen ab.

Aufschwung XL heißt nach wie vor Lohn S, denn nur so können die Kapitalrenditen XXL ausfallen. Ist doch klar, oder? Und für einige bleibt ja immer noch was übrig, man fliegt wieder XXL, wie das Handelsblatt meldet:

Ende einer schmerzlichen Krise: Die Nachfrage nach Premium-Flugtickets steigt wieder, und das kräftiger als erwartet. Viele Unternehmen lockern ihre Reiserichtlinien.

Geld ist wieder in Hülle und Fülle da … für all jene, die es ohne harte Arbeit verdienen wollen. Für jene, die von Tagung zu Tagung eilen, von Konferenz zu Konferenz, von Vortrag zu Vortrage ist jetzt wieder ein Erst-Klasse-Ticket auf Firmenkosten drin, so zum Beispiel für den Herrn Steinbrück, der laut Handelsblatt nur noch Zeit zum beziehen von Bezügen hat, aber sonst im Parlament gar nicht mehr gesehen wird:

„Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages“, heißt es im Abgeordnetengesetz. Schaut man sich allerdings an, was der Abgeordnete Peer Steinbrück nebenbei so alles macht, gewinnt man einen anderen Eindruck. Steinbrück hält zwar Rede um Rede, nur nicht im Parlament, sondern außerhalb und hoch bezahlt. Vorträge des ehemaligen Finanzministers sind gefragter denn je.

Wenn es doch nur eine einzige Partei gäbe, die in der Lage wäre, den Willen des Volkes zu bündeln.  Aber … wie uns das Beispiel der Grünen zeigt, mutieren die Parteien alle zu einer Art FDP, wenn sie an der Regierung sind und buhlen nur noch um die Freundschaft des großen Geldes. Kaum im Amt, ist der Wähler nur noch ein lästiges Übel, das man (Gott sei gedankt) die nächsten Jahre nicht mehr braucht…und sich am liebsten ganz vom Hals schaffen möchte.

Nun, die FDP wird sich wohl bald ganz verabschieden müssen … da helfen auch kluge Gedankenansätze nichts:

„Die FDP hat nur mit einem klaren Profil von Leistungsbereitschaft, Unternehmertum und Wettbewerb eine dauerhafte Mission in Deutschland.“

Meint der Vorsitzende der FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, Gerhard Papke laut Handelsblatt.

Da die Deutschen den ganzen Nonsens aber eigentlich nicht mehr wollen, braucht man die FDP so wenig wie die Politiker die Wähler am Wahlabend.

Na, dann bleibt ja alles beim alten und ich verbleibe mit neudeutschem Gruß: Aufschwung!

Die Zahl der Erwerbstätigen ist im zweiten Quartal erstmals seit zwölf Monaten wieder gestiegen. Mit mehr als 40 Millionen Menschen, die einen Job haben, ist die Zahl auf den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung geklettert.

Quelle: Managermagazin

Da kann es ja nur voran gehen!

Allerdings … haben die Firmen schon Angst davor, das der Aufschwung anhält, denn nachher wollen die Leute noch GELD für ARBEIT … und das sieht man nicht gerne – liest man jedenfalls das Managermagazin:

Die Zahl der Arbeitslosen wird nach Ansicht von Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt wegen des Booms in diesem Jahr unter die Drei-Millionen-Grenze fallen. Firmen fürchten nun hohe Lohnforderungen und akuten Fachkräftemangel.

Na, vielleicht wünschen wir uns dann nächtstes Jahr einfach alle einen schönen Abschwung, damit bloß keiner mehr Geld durch Arbeit verdient.



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