Es ist schon interessant, wenn Leser anrufen und fragen: warum schreibst du nichts über Opel? Wenn aber Leser vorbeikommen und fragen: sag mal, dieser Bohemian Grove, ist das denn wahr? … hat man wenig Chancen, sich zu entziehen.
Mit Wahrheit hat ein Philosoph eigentlich korrekterweise immer ein Problem, wissen wir doch seit Jahrhunderten … bzw. Jahrtausenden um die Mangelhaftigkeit menschlichen Erkennstnisvermögens. Wir sind uns doch noch nicht mal sicher, ob der Tisch vor uns überhaupt ein Tisch ist. Nun – das macht den Alltag spannender als die reduzierte veramte Wirklichkeitsabbildung der modernen Naturwissenschaften, obwohl die immer mehr merken, das sie zuviel weggestrichen haben. Nicht mehr lange … und die wissen auch nicht mehr, ob der Tisch ein Tisch ist.
Gegen reduzierte Wirklichkeiten ist im Prinzip nichts einzuwenden, im Gegenteil: ein sicherer Boden, auf dem man gut stehen kann, ist von Vorteil und schützt einen vor Wahnvorstellungen, die die Seelenruhe stören können … meinte ja schon Epikur. Jedoch … wenn sie leblos werden und verarmen, macht es auch nicht glücklicher.
Besser ist, man arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten….wobei diese „Mathematik mit Bauchgefühl“ nicht jedem liegt. Und was den politischen Bereich angeht: besser, man arbeitet mit dem sicheren Managementgrundsatz:
„even the worsest case“ … immer den schlimmsten Fall annehmen.
Das hätte bei manchen aktuellen politischen Entscheidungen sehr viel Geld einsparen können … wenn man zum Beispiel das Geld für die Abwrackprämie nicht in Mazda sondern in Deutschland investiert hätte, z.B. zum Aufbau und zur Erweiterung der Internetkultur, weil man mit dem schlimmsten Fall gerechnet hätte: nämlich das die Deutschen hauptsächlich billige Importautos kaufen.
Ebenfalls sicherheitshalber sollte man allerdings aufpassen, das man den Satz des Okham berücksichtigt:
so wenig Hypothesen wir möglich erhöht die Wahrscheinlichkeit für Wahrheit. Kompliziert geschrieben, aber
heist auf Deutsch: bei jeder UFO-Sichtung erstmal alle bekannten ungewöhnlichen Flugobjekte durchspielen, bevor man in den Luftschutzkeller rennt. Aber dann auch korrekt sagen: kenne ich nicht, kann auch nicht von uns sein – wenn es durch das normale Raster nicht erklärbar ist. Besser ein reales UFO als ein
kruses Hypothesegebäude unter Vergewaltigung naturwissenschaftlicher Grundsätze, nur um ihre Existenz mit Sicherheit ausschließen zu können, hieße das praktisch.
Selbstverständlich kann man auch eine Risiko-Nutzen-Abschätzung mit einfügen: was bringt Wahrheit A, was bringt Wahrheit B, welche Folgen, Chancen, Risiken, Gefahren ergeben sich.
Beispiel: Varus zieht mit seinen Legionen durch Germanien. Er kann sich darauf vorbereiten, ein paar germanische Pilzsammler zu treffen – oder Hermann den Cherusker. Bereitet er sich auf Pilzsammler vor und trifft Hermann – kommt es zur Katastrophe und der Kaiser weint ums eine Legionen. Bereitet er sich auf Hermann vor … richtet ein Treffen mit Pilzsammlern keinen Schaden an, aber auf ein Treffen mit Hermann ist man besser vorbereitet – und meidet möglicherweise Wegstrecken, in denen sich die Legion halt nicht so gut entfalten kann, schickt mehr Späher aus etc.
Für die aktuelle politische Lage würde diese Methodik bedeuten:
Besser man geht davon aus, das der militärisch-industrielle Komplex für den 11.9.2001 verantwortlich war als die Teppichmesserschwinger. Ist einfach sicherer … bis zum sicheren Beweis des Gegenteils.
Außerdem liegt nach Okham die Wahrscheinlichkeit sowieso eher bei diesem Szenario, für das andere bräuchte man mehr Annahmen, um die Pannen und Ungereimtheiten erklären zu können.
Besser geht man davon aus, das andere – kultisch sehr verwirrte – Kreise, die ebenfalls eine starke
Verflechtung mit dem militärisch-industriellen Komplex haben, gezielt die Weltwirtschaft destabilisieren wollen, um ein sehr merkwürdiges … antichristliches … System zu etablieren, das viele Anleihen am nationalsozialistischen Deutschland nehmen wird – wegen der Rendite. Diese Annahme ist angesichts des Schadens, den man nehmen würde, wenn man diese mögliche Bedrohung nicht ernst nimmt, sicherer, als wenn … man nur den Pilzsammlern begegnen würde, um bei dem Beispiel zu bleiben.
Gleichfalls ist es sicherer, davon auszugehen, das man auch entsprechende Entwicklungen in Deutschland haben wird. Es erzeugt zwar mehr Angst (das ist im Prinzip schlecht. Angstmachende Wahrheiten sind in aller Regel unnütz, es sei denn: sie erfüllen den Sinn, den Angst wirklich in der Natur hat … kampfbereit zu werden und alle verfügbaren Kräfte zur Bewältigung der Bedrohung zu mobilisieren),
aber hilft einem enorm, sich merkwürdige Erscheinungen im Alltagsleben zu erklären – was wiederum zu mehr Seelenruhe führt, weil man weiß, das man sich noch sicher in der Alltagswelt orientieren kann:
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/erst-ausfuellen-dann-kaffee-trinken/
Wer sich im Café verabredet, sollte das vorher bei der Polizei anmelden. Ansonsten kann das Treffen als Versammlung aufgelöst werden – so geschehen in Berlin-Kreuzberg.
Gefunden bei einem Bloggerkollegen – und ein Ausblick auf das, was uns in Zukunft erwarten kann … und mit größerer Wahrscheinlichkeit erwarten wird, wenn es nicht gelingt, die Entwicklung zu stoppen.
Noch ist es nicht ganz zu spät dazu. Aber man sollte sich ganz genau bewußt machen, womit man schlimmstenfalls zu rechnen hat: mit einem geisteskranken großen Haufen durchgeknallter Sektierer, deren gemeinsamer kleinster Nenner „weltliche Macht“ „Reichtum“ und „Männlichkeit“ ist.
Das ist der „worsest case“, der, wenn er Eintritt, einen weltweiten faschistoiden Einheitsstaat als Ziel hat. Der … dürfte wirklich niemandem gefallen, außer eben jenen Spinnern.
Die andere Alternative wäre … auf der anderen Skala der Wahrscheinlichkeiten … das diese Theorien alle Humbug sind, die Welt ist in Ordnung so wie sie ist und wird sich automatisch in ein Paradies verwandeln, da alle unsere führenden Manager in Wirtschaft und Politik nur völlig selbstlos das Beste für die gesamte Menschheit wollen.
Diese Sicht … vermittelt wenig Angst, ein großes, kuscheliges Geborgenheitsgefühl und ist somit ebenfalls sehr gut für das persönliche Wohlbefinden geeignet, wenn man gewisse Informationen einfach ignoriert oder mit Gewalt (ohne Berücksichtigung der Prämissen Okhams für die Wahrheitsfindung) wegerklärt. Doch auch das ist ok, beinhaltet jedoch das Risiko, das man zu spät reagiert, wenn … man sich irrt.
Und dieses Risiko wäre mir persönlich zu groß, weshalb ich mir eher den anderen Wahrscheinlichkeiten zuwende.
Versprechen, das sie wahr sind, kann ich nicht.
Ich bin Philosoph und mit der Begrenztheit menschlichen Erkennens allzudeutlich bewußt. Es ist unter diesen Umständen ein Wunder, das ich überhaupt bei Aldi den Einkaufswagen vollkriege.
Aber dafür sorgt dann der Pragmat: „Wir essen das erstmal, was das gewesen sein könnte … darüber diskutieren wir, wenn wir satt sind.“