Medienkritik

Bürgerjournalismus, Readers Edition, Lügen, Hartz IV und Medienimperien

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Gestern stieß ich auf eine denkwürdige Debatte über Vorgänge in einem bürgerjournalistischen Onlineblättchen.

http://frieling.blog.de/2007/01/29/rreaders_editionl_feuert_moderatoren~1647054/comment_ID/11245043/comment_level/1/#c11245043

Der Eigentümer der »Readers Edition« hat ohne Vorankündigung alle alt gedienten Moderatoren gefeuert. Damit erreicht das Tauziehen hinter den Kulissen um die Veränderungen bei dem im Sommer 2006 mit großem Enthusiasmus begonnen Projekt einen neuen Tiefpunkt.

So kann es ausgehen, wenn man vom Geld anderer abhängig ist. Das ist schon eine interessante Lehre für die Zukunft. Nicht vergessen möchte ich jedoch einen Auszug aus dem „Kündigungsschreiben“.

Dazu bauen wir einen neue Moderatorentruppe auf. Wir haben festgestellt, dass Du mit diesen Aufgaben nicht so gut zurecht kommst, wie es nötig wäre. Zumindest warst Du mit Deinen Kommentaren auf dem Desk und den wenigen Aktivitäten in den letzten Wochen nur mäßig hilfreich.“ (Zitat aus der wohl standardmässig verfassten Mail an uns)

Also … so etwas erbärmliches hat es selbst in der härtesten Branche Deutschlands, wie es von der Pharmaindustrie heist, selten gegeben. Da arbeiten Leute nahezu umsonst … und selbst das ist noch zuwenig? Kaum zu glauben, was von Arbeitgeberseite manchmal für Ansprüche gestellt werden.

Was ist das eigentlich: Bürgerjournalismus? Der Begriff war mir bis dato fremd.

http://de.wikipedia.org/wiki/Graswurzel-Journalismus

Graswurzel-Journalismus (von „grassroot“, auch partizipativer Journalismus oder Bürger-Journalismus) ist eine Form des Journalismus, bei der Bürger durch eigene Medien am gesellschaftlichen Diskurs teilnehmen können. Die neuen Publikationsmöglichkeiten im Internet, besonders Weblogs, haben zur Verbreitung des Graswurzel-Journalismus beigetragen.

Ob das eigentlich erlaubt ist? Interpretationen von Journalismus gibt es viele. Sie gefallen mir alle nicht sonderlich, weil sie die Zeitung, die gedruckte Form als Definitionsgrundlage haben und nicht die Nachricht.

Ich finde jedoch den wandernden Barden des Mittelalters, dessen Funktion als Nachrichtenübermittler ebenso wichtig war wie die Funktion des Unterhalters ebenso als eine Vorform von Journalimus und wandernder Zeitung gleichermaßen.

Da läuft einer durch die Welt und erzählt von ihr.

Einfach Sache eigentlich.

Es stellt sich natürlich die Frage: von welcher Qualität ist die Nachricht, die der wandernde Barde überbringt. Wie wahr ist das, wovon der singt? Doch im Jahre 2009, nach etlichen Medienlügen und flächendeckend verbreiteten Halbwahrheiten von langsam nahezu alles beherrschenden Medienimperien
müssen wir Bürger uns damit abfinden, das wir uns diese Frage bei nahezu jeder Nachricht stellen müssen, die irgendwem irgendwo einen Vorteil einräumen könnte.

All jene Nachrichten zur Rettung von Quelle haben den Wahltermin nicht lange überstanden. Überraschen und plötzlich sind alle Investoren abgesprungen, der Staat bekommt sein Geld wieder, da es ein Massekredit war … und wer aus Treu´ und Glauben heraus CDU/CSU gewählt hat, weil die ja die Arbeitsplätze retten, wird sich jetzt selbst in den Bauch beißen oder in den Hintern treten dürfen.

Darum … kann uns mitlerweile niemand mehr von der Verantwortung befreien, das wir Bürger uns unabhängig von Journalisten mit Nachrichten beschäftigen und dieses Geschäft selbst in die Hand nehmen. Es ist in einer Welt voller Lügen und Intrigen eine absolute Notwendigkeit, allein um im Alltag die richtigen Entscheidungen zu treffen – sofern man die Wahl überhaupt noch hat.

Kaufe ich jetzt Dosen oder Aktien? Bleibe ich hier oder wandere ich aus? Bekomme ich Kinder oder kaufe ich auf dem Schwarzmarkt einen Revolver? Kaufe ich ein Eigenheim oder ein Wohnmobil? Oder vertraue ich weiter darauf, das die Volksvertreter mich schon richtig vertreten werden, die Wirtschaft für meinen Wohlstand sorgt und die Journalisten als vierte Macht weise und unbestechlich darüber wachen, das alles seine Ordnung hat?

Kann man auch machen, muß man aber nicht.

Mir schien sinnvoller, einen Bloggerverbund zur Verbreitung von Nachrichten aufzubauen … und das haben wir ja schon. Ich habe nur keine Zeit, mich da mehr einzubringen. Mist.

Schade, das man Zeit nicht kaufen kann…denn soviel Lügen und Manipulation um uns herum fordern einen äußerst wachsamen Bürger, denn nicht mehr lange, dann steht möglicherweise allen das Wasser bis zum Hals.

Ein Beispiel? Bitte schön, ein Blick in die Zeitung reicht:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article4913880/Hartz-IV-ist-und-bleibt-eine-gute-Sache.html

Die Rufe nach einer Abschaffung von Hartz IV sind falsch. Denn die Sozialgesetze rund um dieses Schlagwort haben die Armen nicht ärmer gemacht und belohnen zugleich Arbeitswilligkeit. Problematisch ist nicht Hartz IV an sich. Oft aber lässt unsere Einstellung zu denen zu wünschen übrig, die davon leben.

Natürlich hat Hartz IV die Armen ärmer gemacht. Einfach mal bei der Bundeszentrale für politische Bildung vorbeischauen und die Zahlen vergleichen … aber behaupten kann man ja viel.

Die neue Regierung hat die besseren Argumente, sie sollte den Streit um die Meinungsführerschaft wagen. Am besten mit einem Plakat in großen Lettern: Hartz IV kommt jetzt erst richtig.

Nun, in manchen Punkten liegt der Artikel nicht falsch … aber er geht in eine Richtung, die Adolf Hitler schon eingeschlagen hat: Arbeit adelt, Arbeit an sich ist ein Selbstzweck, Geld braucht man dafür nicht wirklich auch noch.

Dabei sieht es so aus, als wenn Hartz IV bald weg ist, denn die Verfassungsrichter schauen ganz streng – mal wieder macht nicht die Politik Politik, sondern das Verfassungsgericht:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,656402,00.html

Der Hartz-IV-Streit vor dem Verfassungsgericht hat eine viel größere Bedeutung als zunächst erwartet. Die Bundesregierung muss wohl nicht nur die Regelsätze für Kinder neu berechnen – sondern auch die Leistungen für Erwachsene. Es geht um das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum.

Selbst Experten waren überrascht, wie schlecht es der Bundesregierung gelang, die Daten, die sowohl den Hartz-IV-Leistungen für Erwachsene als auch für Kinder zugrunde liegen, zu rechtfertigen. Bisher sei sie „von der Verfassungsgemäßheit“ der Regelsätze für Erwachsene ausgegangen, gab die Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstags, Monika Paulat, noch in der Verhandlung zu Protokoll, die Rechtfertigungsversuche der Bundesregierung aber „lassen mich ins Grübeln kommen“.

Schon zu Beginn machte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier deutlich, dass vor allem das Verfahren von Thomas K., das der 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts den Karlsruher Richtern zur Entscheidung vorgelegt hatte, „grundlegende Fragen“ auch zu den Hartz-IV-Sätzen für Erwachsene aufwirft. Und dass das Verfassungsgericht offenbar dabei ist, einen speziellen Rechtsanspruch zu formen: ein aus der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip abgeleitetes „Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“, dessen Inhalte und Grenzen das Gericht nun bestimmen wird – und an dem sich die Hartz-IV-Sätze dann messen lassen müssen.

Das sieht … entgegen der journalistischen Propaganda … nicht danach aus, als ob Hartz IV erst jetzt so richtig kommt. Es sieht eher so aus, als das Hartz IV ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war.

Und ich wünsche mir ein internationales Strafgerichtsverfahren gegen alle Beteiligten und zusätzlich eine Opferentschädigung.

Darüber hinaus möchte ich gerne, das das Verfassungsgericht eine politische Partei wird, die ich wählen kann.

Aber so langsam wird mir auch klar, warum gewisse konservative Medienkreise das Verfassungsgericht als Teil der neuen Diktatur deklarieren wollen (wir berichteten).

Dabei ist es wohl so langsam einer der letzten Horte des Widerstandes, ein kleines gallisches Dorf mit einem Zaubertrank: dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mit seinen Ewigkeitsgeboten, seinem
Sozialstaatsanspruch und seiner Garantie der Menschenrechte.

Kein Wunder, das die Sozialfaschisten da Bauchschmerzen und Panik bekommen.

Kein Wunder, das Bürgerjournalismus notwendig ist – wir brauche mehr gallische Dörfer (ich hoffe, hier kennt jeder seinen Asterix) gegen Cäsars Imperium.



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