von Eifelphilosoph @ 2009-08-03 – 18:14:21
http://www.stern.de/politik/deutschland/zwischenruf/:Zwischenruf-Das-Volk/707783.html
Das Vertrauen ins demokratische Ideal ist zur Restgröße verkümmert. Nur noch fünf Prozent der Deutschen glauben, sie könnten die Politik durch Wahlen in starkem Maße mitbestimmen. 38 Prozent halten das gar nicht für möglich. 57 Prozent, ergab eine Forsa- Erhebung für den stern, sind der Meinung, durch Wahlen könne man wenigstens etwas mitbestimmen. Völlig desillusioniert sind Arbeiter. Dass sie die Politik durch Wahlen maßgeblich beeinflussen könnten, meinen null Prozent. Null!
Das sind die Ergebnisse der Forsa-Studie. Und die Erklärung für Vieles, was einem an diesem Land so wundert. Man fragt sich, wo denn die ganzen Demonstrationen geblieben sind. Früher war jedes Wochenende irgendwo irgendwer unterwegs, manchmal wußte man gar nicht, wogegen man jetzt zuerst sein sollte.
Atommüllendlagerung, Atomraketen, Neonazis, Umweltverschmutzung … man ging für jeden Mist auf die Straße und sagte so: „Mit uns nicht“.
Und die Politik reagierte. Dann kam Kohl, der Bimbesdeutsche Dauerkanzler. Und er machte uns klar, was von Demonstrationen zu halten sei:
„Die Hunde bellen, doch die Karawane zieht weiter“. Ähnlich sprach auch Josef Stalin, als man ihn aus engestem Vertrautenkreise darauf hinwies, das er sich wohl den Unmut der Kirche zuziehen würde. Er antwortete kurz und knapp: „Wieviel Divisionen hat der Papst?“.
Nun, was in der Ära Kohl sonst noch alles so kaputt gegangen ist, werden wir wohl nie erfahren, denn bevor er das Kanzleramt verlassen mußte, vernichtete er noch schnell alle Spuren, so wie es der japanische Botschafte in Amerika kurz vor dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour tat.
Und das so etwas in diesem Land möglich ist, das zuvor ein Leuchtfeuer der Demokratie war, das unter der SPD/FDP-Regierung mehr Demokratie wagen wollte und es auch getan hat … hat vielen gezeigt, das sich etwas geändert hat. Etwas gravierendes. In 16 Jahren Kohl war die Demokratie eingegangen … auch die innerparteiliche Demokratie, denn Kohl hatte dort alle Hunde aus dem Dorf geschmissen. Und mit der Förderung von Angela Merkel dafür gesorgt, das sein Erbe bleibt.
Kein Wunder das die neoliberale Schröderclique die Schreckenslähmung des Volkes ausnutzen konnte, noch Schlimmeres in die Tat umzusetzen: den eiskalten Betrug an Millionen von Beitragszahlern inklusive ihrer Enteignung im Falle der Arbeitslosigkeit.
Die Folgen für die Motivation der Jugend waren … gravierend. Ein reales Beispiel? Pappa arbeitet fleißig und macht Überstunden ohne Ende, auch unbezahlte, um überhaupt weiterarbeiten zu dürfen.
Und er spart noch fleißiger, zahlt alles in einen Sparvertrag, damit seine Tochter studieren kann.
Doch dann kommt eine der Heuschrecken, die Kanzler Schröder gegen den dringenden Rat von Porschechef Wiedeking ins Land gelassen hat, kauft den Betrieb auf, schlachtet ihn aus, macht Gewinn mit dem Verkauf der Teile und zieht weiter. Übrig bleibt Pappa, mitlerweile 46 und in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit nicht mehr vermittelbar, auch weil seine Bandscheiben mitlerweile nicht mehr die Besten sind. Nach 200 erfolglosen Bewerbungen kommt Hartz IV … und der Sparvertrag für die Tochter ist weg.
Welche Lehren ziehen Kinder aus solchen Erfahrungen?
Sparen, etwas Aufbauen wollen, an die Zukunft denken … bringt nichts. Die Wahrscheinlichkeit, das man alles wieder verliert, ist sehr groß. Die Wahrscheinlichkeit, das man völlig umsonst jahrzehntelang schuftet wie ein Blöder, ist ebenfalls sehr groß. Wenn man nun wirtschaftlich denkt, wie man es in der Schule und vom Leben beigebracht bekommt, wie reagiert man dann?
Wie ein professioneller Manager. Man sorgt dafür, das der Raum zwischen den Kosten und dem Ertrag möglichst groß ist. Wenn die nicht genug Gewinn machen, stellen die sich auch quer. Nur haben Jugendliche nicht die Macht eines Konzernlenkers. Das einzige, wo sie sich quer stellen können, ist ihre Verweigerung, mitzumachen. Die Verweigerung, sich durch Bildung maximal ausnutzbar zu machen. Also bleiben sie lieber bei Hartz IV … was ihnen in Zukunft sowieso drohen würde. Man hat es ja bei Pappa gesehen, der jetzt schon seit Jahren depressiv in der Ecke hängt, weil man ihm seine Lebensarbeitsleistung gestohlen hat. Zwar ist der Ertrag Hartz IV nicht sehr groß, aber die Kosten kann man gering halten.
Und man erinnert sich daran, er einem das eingebrockt hat. Die Politiker, die ja angeblich den Nutzen des Volkes mehren sollten und den Schaden von ihm abwenden. Aber scheinbar ist die Politik der Meinung:
das Volk sind wir! …und hat sich vom Volk verabschiedet. Genauso wie weite Teile der Wirtschaft, vor allem die konzerndominierten Teile, insbesondere die Banken, die gerade die Steuergelder für sich behalten, die die deutschen Unternehmen wieder voranbringen sollten.
Ist es da ein Wunder, das niemand mehr glaubt, das Demokratie noch einen Sinn macht? Auch wenn die meisten von uns nichts anderes kennen … Demokratie war noch ein sehr kleines, junges Pflänzchen in Deutschland. Man hätte sich noch lange drum kümmern müssen, damit es ordentlich wächst. Von allein … tut es das nämlich nicht. Aber die Mehrheit der Deutschen will scheinbar wieder was anderes. Oder einfach in Ruhe gelassen werden.
Was zu tun ist? Hören wir doch noch mal Hans-Ulrich Jörges.
Die Zeit ist reif für eine durchgreifende Demokratisierung. Träumen wir mal. Die Parteien öffnen sich Urwahlen ihres Spitzenpersonals und aller ihrer Kandidaten. Horst Köhler beruft eine verfassungsgebende Versammlung ein, um zu besprechen, was am Grundgesetz zu ändern wäre: Volksentscheide, Direktwahl des Bundespräsidenten, Wahlrechtsreform mit Zugriff der Bürger auf die Rangfolge der Kandidaten auf Parteilisten. Und anderes, Länderfusionen zum Beispiel. Am Ende: Volksabstimmung über die neue Verfassung. Das wird wohl ein Traum bleiben. Eines aber muss durchgekämpft werden: die Rückgabe der Herrschaft ans Volk.
Also, wenn wir die Demokratie noch retten wollen, dann bedarf es eines Riesenkraftaktes. Und es wird gekämpft werden müssen … wir Souveräne müssen uns gegen die Ursupatoren, die Putschisten, die Diebe und Räuber unserer demokratischen Grundrechte zur Wehr setzen. WIR sind das Volk, WIR sind die Herrscher dieses Landes, aber unsere Kämmerer und Hofbediensteten trachten danach, uns ins Verließ zu schmeißen und dort verhungern zu lassen. Ein Verrat, wie ihn die Geschichte oft erlebt hat. So … starben die Merowinger aus.
Und ich möchte den Forderungen von Hans-Ulrich Jörges noch eine hinzufügen: die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Der Souverän braucht seine Unabhängigkeit wieder, bis die Vollbeschäftigung wieder möglich ist. Dazu gehören Essen, Kleidung, Nahrung und Unterkunft, die NICHT von
dritten abhängig sind. Damit er unabhängig bleiben kann. Wie man das bezahlen soll? Nun, das würde ich der Wirtschaft überlassen. Die können doch so gut rechnen. Aber jede Firma, die auf diesem Markt ihren Ramsch verkaufen will, müßte ihren Beitrag dazu leisten, das die Bewohner des Marktplatzes, die ihre Infrastruktur und den sozialen Frieden dieses Lande zur Verfügung stellen, damit hier überhaupt gehandelt werden kann, hier auch noch einen Platz zum Leben haben. Wer das nicht möchte, kann seinen Mercedes in Somalia verkaufen. Wie früher würden wir einfach mal Marktgebühren erheben. Ist allgemein üblich so.
Und asoziale Schmarotzer, die hier einfach vom deutschen Frieden und der deutschen Kaufkraft profitieren wollen, ohne ihren Beitrag leisten zu wollen, können wir nicht länger mit durchfüttern. Jedenfalls nicht zu diesen Preisen.
Ich danke Hans-Ulrich Jörges für seinen Mut, große Dinge gelassen auszusprechen.
Es geht um Krieg. Und um Kampf. Welche Formen er annimmt, ob er heiß wird oder ob er mit Worten ausgetragen werden kann, um Blutvergießen zu vermeiden, das liegt ganz an den Machthabern in diesem Land.
Aber sie werden ihre Macht wieder abgeben müssen, dem zurückgeben, dem sie gehört: dem Volk.
Und viel Zeit für friedliche Lösungen ist nicht