Selbst ein Erzkapitalist kann sich der Erkenntnis nicht entziehen, das in diesem Land etwas schief läuft.
So schief, das es nicht mehr lange gut gehen kann.
Den asozialeren unter den Erzkapitalisten, den wahren Zecken der Volkswirtschaft, kann das egal sein – sie haben reichlich Besitz im Ausland, schöne eigene Inseln, die sie mit ihrem Hubschrauber leicht erreichen können, wenn der Kollaps der Systeme kommt.
Die Agenda 2010, gestaltet von Menschen, die von dem System selbst noch gut leben können und es so ausgerichtet haben, das sie noch ein bischen besser davon profitieren, war volkswirtschaftlich gesehen ein Schuß in den Ofen, denn sie vernichtet reale Arbeitsplätze. Das ist sogar der Bundesanstalt für Arbeit bekannt.
http://www.derwesten.de/nachrichten/wr/2009/6/5/news-121802472/detail.html
Laut einer aktuellen Studie der Bundesanstalt für Arbeit (BA) vernichten Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze. Über 1000 Betroffene hat die BA im Rahmen der Untersuchung befragt. Fast jeder Zweite sagt, er würde die gleiche Arbeit wie ein festangestellter Kollege verrichten.
Es sind aber gerade diese Arbeitsplätze, die unser ganzes Sozialsystem finanzieren. Rente, Gesundheit, Pflege, Arbeit, Kinder … alles lebt von den Beiträgen, die dieses System erwirtschaftet.
Baut man diese Arbeitsplätze ab, dann trocknet man das ganze System aus. Das merken sogar die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften:
Es ist kontraproduktiv, wenn durch öffentliche Beschäftigung Arbeitsplätze am ersten Arbeitsmarkt verdrängt werden?, sagt auch der Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Viktor Otto, zur WR. Auch der DGB fordert, den flächendeckenden Einsatz von Ein-Euro-Jobs zu beenden.
Einmal ganz abgesehen von dem Tatbestand, das wir uns durch die gelebte Praxis der verfassungswidrigen und menschenrechtswidrigen Praxis der Zwangsarbeit sehr stark nähern, finanziert der Steuerzahler durch die Agenda 2010 auch noch den Abbau des Sozialstaates selbst.
Infolge eines irrationalen Beschäftigungswahns werden Arbeitslose eingesetzt wie Matrosen auf einem Segler, die man anweist – damit sie nicht gelangweilt auf Deck herumlungern – Löcher in den Schiffsrumpf zu schlagen und die Segel zu Taschentüchern zu verarbeiten. Hauptsache, sie tun was für ihr Geld.
Und der Wahn geht weiter.
§16d SGB II Arbeitsangelegenheiten in Kraft seit 1.01.2009 Lautet:
Für erwerbfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Werden Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzüglich zum Arbeitslosengeld II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Der Kreis Düren ist so freundlich, ein Bestellformular für Arbeitgeber öffentlich zu stellen, wo man solche Arbeitslosen dann zu Hauf anfordern kann:
http://www.kreis-dueren.de/formulare/56/Antrag-Brueckenjob.pdf
Sinnvoller wäre vielleicht, bei der jeweiligen Firma mal selbst vorbeizuschauen, ob da nicht ein bis zwei reguläre volkswirtschaftlich überlebensnotwendige sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze einzurichten wären anstatt auf Kosten des Steuerzahlers weiterhin Betriebe zu subventionieren und Arbeitskraft auf Staatskosten zu Billigstpreisen zu verschleudern.
Und der Arbeitgeber bekommt ja auch noch einen Zuschuß dafür:
Hiermit beantrage ich auf der Basis des § 16 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SG II
pauschale Förderleistungen für die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten im Sinne des
§ 16 d SGB II. Es handelt sich dabei um nicht sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungen in Sozialrechtsverhältnissen, für die den Arbeitnehmern zuzüglich
zum Arbeitslosengeld II eine angemessene Mehraufwandsentschädigung gezahlt wird:
Er darf sogar erklären, warum er die Stammbelegschaft nicht weiter in diesem Sinn beschäftigen kann:
Der Antragsteller erklärt
die o.a. Tätigkeiten gehören nicht zu den originären Aufgaben
die o.a. Tätigkeiten gehören zwar zu den originären Tätigkeiten, aber
sie wurden bisher ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern
durchgeführt
sie können nicht mehr wie bisher vom Stammpersonal erledigt
werden weil:(Begründung erforderlich)
sie wurden bisher nicht erledigt
Ich versichere die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben. Die angebotenen
Arbeitsplätze entsprechen den Kriterien des § 16 d SGB II. Sie liegen im
öffentlichen Interesse, sind gemeinnützig und zusätzlich. Bestehende oder zukünftig
einzurichtende Arbeitsverhältnisse sind nicht gefährdet.
(Ort, Datum) (Name, Unterschrift)
Mithilfe solcher Formulare kann man Mitarbeiter anfordern, die zum Beispiel qualitativ hochwertige
Trampoline in Deutschland anfertigen, die sogar die asiatische Billigware vom Markt verdrängen, wie unlängst berichtet wurde.
Also, hätte ich Lust auf Ausbeutung, die Agenda 2010 würde mich reich machen – sehr reich. Mir kommen da gleich eine ganze Reihe von Ideen. Es sprudelt nur so. Und dann, spätestens in zwei Jahren, ab auf die Bahamas, wo mein Geld schon auf mich wartet.
Leider habe ich weder Lust noch Zeit dazu, bin mir aber sicher, das viele diese großartige Chance nutzen werden.
Arbeit ist leise still und heimlich zum Selbstzweck geworden. Wir arbeiten nicht mehr, um Werte gleich welcher Art zu schaffen, sondern um beschäftigt zu werden. Völlig absurd.
Dann lieber den Arbeitslosen leerstehende Höfe zur Bewirtschaftung anbieten. Da haben dann alle was davon.
Dann lieber die Akademikerquote in Deutschland erhöhen, Fachkräfte ausbilden, die ja angeblich so dringend gebraucht werden.
Braindrain, die Flucht der Akademiker aus Deutschland, ist ein großes Problem. Die machen ihre vermarktbaren Erfindungen mitlerweile lieber im Ausland, vorzugsweise USA, Österreich, Schweiz.
Also … da wären doch Qualifierzierungsmaßnahmen sinnvoller, die auch Qualitäten schaffen und nicht nur
Beschäftigungstherapie darstellen.
Neben den Kosten für den Arbeitslosen, neben den Subventionen an die Wirtschaft, kostet der Einsatz der Arbeitslosen ja auch selbst noch mal zusätzlich – und vernichtet um ungünstigsten Fall noch mehr Arbeitspätze, was die Kostenschraube für den Steuerzahler weiter noch oben dreht.
Geht´s eigentlich noch blöder?
Und mal weiter gedacht … wo soll das enden?
In einen Staat nach DDR-Vorbild, wo alle beschäftigt sind, alle irgendetwas tun aber meistens nichts
Verwertbares dabei herauskommt?
Man hat doch gesehen, wo das hinführt. Wenn ich Politik und Wirtschaft glauben soll, dann war dieses Modell doch „schlecht“ und unser „gut“. Haben die jedenfalls immer behauptet.
Zur Rettung des Mittelstandes muß man sich ganz klar darüber sein, das wir entweder ein ganz anderes System brauchen (das sich gerade schon klammheimlich entwickelt … in Richtung DDR), in dem wir notfalls
Arbeitlose kostengünstig ins Massengrab bringen, oder aber uns der unabwendbaren Tatsache stellen, das bezahlbare Arbeit nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie es nötig wäre.
Die Massengrablösung erlaubt unser System nicht, da haben wir gerade nochmal Glück gehabt.
Und mangels bezahlbarer Arbeit bzw. dank der Tatsache, das sich Kapital inzwischen von allein viel besser vermehrt als durch Arbeit, brauchen wir eine Lösung des Problems, wie wir jene, für die keine sinnvolle
Wirtschaftsfunktion mehr vorhanden ist, versorgen.
Der erste Schritt dazu ist die Abschaffung der Agenda 2010, sozialdemokratischer Murks der Extraklasse, der bürgerrechtsfeindliche Bürokratie fördert, Geld vom Mittelstand in auf die Off-Shore-Konten der Kapitaleigner fließen läßt und letztlich unser ganzes System aushöhlt. Und dann geht kein Weg mehr um ein wie immer geartetes Bürgergeld oder Grundeinkommen vorbei. Zumindest für jene, die nicht in der Lage sind,
das Preisniveau unserer Wirtschaft aus eigener Kraft zu bewältigen. Sonst kommt die DDR durch die Hintertür wieder herein.
Und nur, damit niemand denkt, ich würde gegen die „Reichen“ wettern. Mit den alten Kampfbegriffen des
19. Jhd. läßt sich das Problem nicht lösen.
Einer der ganz großen „Player“ auf dem Kapitalmarkt sind die US-amerikanischen Pensionsfonds. Die geben die 25 % – Rendite vor. Wird die nicht erreicht, sieht es schlecht aus mit der Rente vieler Bürger in den USA. Das sind alles kleine Leute … wie die, die hier für einen Euro arbeiten.
Politisch gesehen ist die erste Forderung sehr deutlich zu erkennen, die man stellen muß: Aufnahmen aller sozialen Menschenrechte in den Grundwertekatalog des Grundgesetzes. Dann müssen sich die Pensionsfonds eine andere Beute suchen … und wir können ganz entspannt und locker weiterleben und uns der vielen anderen Herausforderungen stellen, denen wir uns in Zukunft gegenübersehen werden. Und die … sind auch nicht ohne.