Liebe Franzosen,
heute möchte ich mich mit einer außerordentlichen Anfrage an Euch wenden. Ihr seid ja bekannt dafür, das ihr schon auf die Barrikaden geht wenn die Post nicht pünktlich kommt oder der Rotwein teurer wird.
Ihr wart es auch, die der ganzen Welt ruck zuck ein nachhaltiges neues Gesicht gegeben habt, als ihr Adel und Kirche zum Teufel jagtet. Jetzt, über zweihundert Jahre später, könnte ich mir vorstellen, das eine Fortsetzung von Revolution Teil 1 ganz gut ankommen würde. Nicht nur bei Euch, auch bei Euren Nachbarn.
Bei uns zum Beispiel.
Sicherlich wollt ihr wissen, ob es denn jetzt überhaupt Zeit für eine neue Revolution ist. Immerhin: der Adel macht gerade … jedenfalls bei uns … eine unglückliche aber gute Figur als Retter der Steuern des kleinen Mannes (der muß aber sicher dafür extra nachsitzen, dieser besondere Adelige), die Kirchen werden von Monat zu Monat leerer – was will man mehr.
Nun … mir dünkt … das ist nicht ganz so richtig. Auf den ersten Blick habt ihr sicher recht, aber wenn man einen zweiten riskiert, könnte manches doch anders aussehen, als man gedacht hat.
Kommen wir erstmal zur Religion. Heutzutage ist die natürlich nicht mehr diesselbe wir zu euren Zeiten.
Heute verehren wir zwar immer noch Götter und Götzen, aber die heißen heute anders. Die kleineren heißen
Rendite, Arbeitsplätze und Konkurrenzfähigkeit, in ihrem Namen wurden viele Menschen ins soziale Abseits
geschickt. Wir haben aber auch einen großen Gott. Anders als der alte greift dieser große, unsichtbare, weise Gott sogar manchmal selbst ein, wie hier:
Eine neue Studie stützt ihre Position und liefert Argumente für eine Idee, die durch die Finanzkrise diskreditiert erschien: dass die „unsichtbare Hand des Marktes“ Banken, Hedge-Fonds und andere Akteure auf dem Finanzmarkt mitunter besser zähmen kann als der Staat.
Wie ihr seht, hofft man sogar drauf, das der Gott „Markt“ sogar seine eigenen Priester selber züchtigt, sozusagen eine freiwillige Selbstverpflichtung. Tempel davon gibt es übrigens zu Hauf, also nur keine Sorge, das da jemand zu kurz kommen würde.
Dann jetzt zum Adel. Der spielt bei uns hauptsächlich in bunten Blättern noch eine Rolle, selten verläuft sich mal ein Graf oder ein Freiherr in die Politik. Dafür haben wir einen Geldadel. Die haben keine Titel, keinen Anstand, keine Geschichte, kein Benehmen … die haben nur eins: Geld. Und sie sehen auch anders aus als früher, hier zum Beispiel mal der Adel von RWE:
http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-626861-7.html
Der von Metro:
http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-626861-3.html
Oder der von Siemens:
http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-626861-4.html
Ihr seht, die sehen anders aus als früher … aber gleichen sich doch irgendwo alle. Das praktische an diesem Adel ist, das er gleichzeitig auch die Priesterkaste stellt, man hat also sozusagen zwei zu einem Preis: wenn das kein Angebot ist …
Unterdrückung des Volkes? Haben wir auch. Die Idee mit dem Bürger ist völlig in die Hose gegangen. Auch eure Idee, die Uhren zu zerschlagen, weil der Terror der Uhr noch schlimmer werden wird als der des Adels.
Ihr habt allerdings Recht behalten: der Terror der Uhr ist schlimmer. Betrifft jeden überall. Hier in Deutschland probieren wir gerade ein ganz neues Unterdrückungssystem, das nennt sich Hartz IV nach einem verurteilten Verbrecher (ja, heute wie damals ekeln die sich vor nix, kann ich euch sagen), verpflichtet die betroffenen Bürger zu Zwangsarbeit, Hausarrest und vollkommene Offenlegung ihrer Privatsphäre, nachdem ihr Hab und Gut veräußert worden ist. Und manche stehen dicht davor, ihnen das Essen zu streichen, weil sie für die Götzen der neuen Religion keinen Nutzen mehr haben.
Wir machen das momentan in Deutschland mal vor, das wird es aber bald sicher in ganz Europa im Angebot geben: auch bei Euch.
Momentan haben die alle noch zu essen, aber deshalb frage ich ja auch jetzt schon mal nach, bevor die ersten Hungertoten anfallen, denn Hartz IV und ähnliches wird nach offizieller Einschätzung bald sehr sehr viele beschäftigen:
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,628215,00.html
Die Krise auf den Arbeitsmärkten könnte nach Einschätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) noch bis zu acht Jahre dauern. ILO-Generaldirektor Juan Somavia sagte in Genf, Politiker in aller Welt hätten sich bislang nicht genügend um die menschlichen und sozialen Folgen dieser Entwicklung gekümmert. Somavia erläuterte, dass bis zum Jahr 2015 rund 300 Millionen neue Arbeitsplätze gebraucht würden, nur um alle bis dahin zusätzlich zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte zu versorgen. „Die Welt steht einer Arbeits- und Sozialkrise von sechs bis acht Jahren Dauer gegenüber“, sagte Somavia bei der Eröffnung der jährlichen Konferenz der UN-Arbeitsagentur.
Unserer Herrscher sind übrigens genauso pleite wie eure früher waren, und ebenso lieben sie es, rauschende Feste zu feiern, unsere Regierenden kümmern sich genauso wenig um das Volk wie sich eure Regierenden damals um Euch geschehrt haben, und wir Preußen sind immer noch genauso unbeliebt wie damals.
Nur gibt es jetzt mehr von uns. Aber das spielt momentan keine Rolle, weil wir … sehr gemütlich geworden sind. Aber darum schreibe ich ja an Euch, ihr wohnt ja ganz in der Nähe, und wenn ihr zufälligerweise mal wieder Lust hättet auf so eine kleine lustige Revolution, dann käme uns das hier sehr gelegen. So in der Art Revolution Teil 2: Jetzt reichts wirklich.
Na, wie wär´s?
Sind wir im Geschäft?
Wie, immer noch nicht? Ok, dann rede ich mal Klartext. Ihr wißt, was in diesem Land mit den Rauchern passiert? Das gibt es bald überall, auch bei euch. Aber jetzt kommt der Hammer: die gehen euch an den Pernod und an den Rotwein:
http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/krebs/news/darmkrebs-hauptgefahr-alkohol_aid_404390.html
Noch ein wenig mehr, dann: wird das auch verboten. Rauchen geht nicht, Sex geht nicht und saufen bald auch nicht mehr. Und das wollt ihr Euch gefallen lassen? Die „Grande Nation“?
Ok, laßt Euch das mal gut durch den Kopf gehen. Ich meld´ mich dann noch mal….