Alltagsterror

Käfer, Aldi, Desira und die Pinkelwurst

Von hier aus gelangen Sie auf die Autorenseite von und koennen alle kommenen Artikel mit "Link speichern unter" abonieren.

Heute präsentierte mir meine Lebensgefährtin ein ganz besonders Fundstück. In dem Produkt:

Desira Buttermilch Dessert Himbeer-Vanille mit der Registierungsnummer SN 016 072107 3808 fand sie einen Käfer. Die Beine hatte sie wohl vorher schon gegessen.

Nun, sie ist immer besonder pingelig, was diese Dinge angeht. Viele Völker essen Käfer und es ist doch nicht verwunderlich, wenn wir uns im Rahmen der Globalisierung Essgewohnheiten anderer Völker zu Eigen machen. Immerhin haben wir uns an Pizza und Gyros auch schon gewöhnt.

Also schaute ich einfach mal auf das Inhaltsverzeichnis des Produktes, mußte aber zu meiner Enttäuschung feststellen, das das Produkt offiziell gar keine Käfer enthielt. Das war jetzt verwunderlich.

Auch eine Analyse des Nährwertes ergab, das Käferinnereien nicht Bestandteil des Produktes sein konnten, ebensowenig Panzer und Beine.

Eigentlich nur eine kleine Episode des alltäglichen Lebens. Mir selbst sind schon häufiger fremdartige Bestandteile in Fertigprodukten aufgefallen … Haare, Fingernägel, Dreck … aber ich hatte auch mal die Gelegenheit, eine Gruppe von schlecht bezahlten Wurstverpackern in den siebziger Jahren kennen zu lernen.

Die waren nicht glücklich mit ihren Arbeitsumständen … und erst recht nicht mit der Bezahlung. Also sannen sie auf Rache. Sie bewarfen sie mit Wurstscheiben, die sie anschließend fein säuberlich in die
Verpackungsmaschine zurücklegten, sie pinkelten und spuckten auf die Scheiben ohne Bewußtsein, das der Beruf eines Wurstverpackers eine hohe gesellschaftliche Verantwortung mit sich bringt – erst recht bei einer Firma, die deutsche Qualitätsware produziert.

Ich hatte anschließend eine lange wurstfreie Zeit.

Der Käfer heute hatte mich wieder dran erinnert. Man spart ja wo man kann, vor allem an Personal.
Und man denkt: das kostet nichts.

Klar kostet das was, je mehr man spart, umso geringer die Qualtität. Wenn man einen Billigjoghurt kaufen möchte, dann darf man nicht all zu hohe Erwartungen an die Inhalte stellen. Da darf man sich über einen Käfer nicht sonderlich wundern … aber die Lohnnebenkosten waren wahrscheinlich außerordentlich gering.

Man macht sich viele Gedanken über Unruhen in diesem Land … dabei geht Frustabbau auch viel leichter, leiser … und dafür aber viel unangenehmer.

Einfach mal zwischendurch einen Käfer in den Joghurt schmeißen, in die Wurst pinkeln, ins Bier spucken … schon ist der Tag dein Freund. Man hat des „denen“ mal wieder richtig gezeigt.

Dabei sind es nicht „die“, die das essen, sondern „wir“.

Aber „wir“ lassen ja sowieso gern alles mit uns machen. Masochismus ist mitlerweile modern und gesellschaftsfähig geworden – einfach mal die nächstgelegene Domina fragen.

Laßt uns also über diesen Käfer nicht allzu lange aufregen. Er ist das natürliche Ergebnisse konsequenter und gezielter Einsparmaßnahmen im Produktionsbereich. Und die Rendite läßt sich nicht halten, wenn man bei ständig steigenden Preisen auch noch gleichbleibende Qualität möchte.

Und wer weiß … vielleicht ist es ganz gut, wenn wir uns an frische Käfer als Nahrung gewöhnen. Hört sich besser an als Gammelfleisch … welches auch ein Segen für die Rendite ist.

Und für das wirtschaftliche Wachstum müssen halt alle mal Opfer bringen, da sollte keiner feige zurückstehen!

Danke also an ALDI, das uns jetzt schon neue Nahrungsquellen erschließt. Manch einer wird in Zeiten der Krise dankbar dafür sein, schon mal an leicht zugängliche Nahrungsalternativen gewöhnt worden zu sein.



Die letzten 100 Artikel