Wer „Tibet!“ sagt, meint oft gleichlautend: „Besetzung, Zerstörung, Missbrauch, Genozid.“
Wir sind es seit fast 1975 bedingt durch den gütigen und allseits lächelnden Dalai Lama gewöhnt, das Land im Himalaya in einer Dauerrolle des Opfers zu sehen. Und wir kennen sie, die Dokumentarfilme, in welchen ganze Bataillone von chinesischen Soldaten in Lhasa einmarschieren und ganz offensichtlich die Bevölkerung und die tibetischen Mönche terrorisieren. Und es ist ja auch etwas wahres dran an diesen Filmen.
Es hat üble Schießereien gegeben, Aufstände und die legendäre Flucht des Vierzehnten Dalai Lama ins indische Exil nach Dharamsala, von wo aus er heute noch seine Exilregierung leitet.
Doch den Erläuterungen und Reaktionen Beijings auf die internationale Kritik am Vorgehen Chinas wird kein Gehör geschenkt, niemand befasst sich damit sondern viel lieber mit dem Potala, dem Palastkloster in Lhasa, den Bräuchen der Tibeter, mit dem Dalai Lama selbst und seinen milden Prdigten.
Aber bereits der Nationalsozialist Heinrich Harrer, den sein Weg 1939 mehr oder weniger durch bloßen Zufall nach Lhasa führte, machte einige verstörende Entdeckungen. Er wurde Augenzeuge, wie ein tibetischer Bauer wegen eines Bagatellvergehens in Lhasa von Mönchen beinahe zu Tode gepeitscht wurde. Viel zu wenig Menschen, die Tibet wegen des dramatischen Verlusts der Unabhängigkeit sehr betrauern, können zwischen den einzelnen Formen des Buddhismus und noch viel weniger zwischen den Manifestationen dieser Glaubensformen unterscheiden.
Wir Europäer glauben bis heute, dass der Glaubensgründer, Buddha Gautama, nichts als Pazifismus und allgemeine Erleuchtung und spirituelle Befreiung in alle Regionen und in alle Herzen transportiert hätte. Dabei wird gerne vergessen, dass es zahlreiche Unterformen des Buddhismus gibt, die sich durchaus mit anderen, teils archaischen Glaubensmustern vereinigt und dadurch vollkommen verändert haben. So ist auch der tibetische Buddhismus nicht mit „dem“ Buddhismus zu verwechseln, bei dem wir die Anhänger Buddha Gautamas selbst vermuten. Der tibetische Buddhismus ist der tantrische Buddhismus, und dieser schließt sowohl esoterische als auch allgemein magische Praxis und Auffassungen mit ein. Der tantrische Buddhismus kennt 100 Götter und Dämonen und deren Beschwörungen. Den Medien und der Welt gegenüber argumentiert dieser Buddhismus gern mit dem Bild, dass diese Dämonen für die Kräfte stehen, das Böse zu überwinden und das Gute zu schützen – die Geschichte dieser Dämonen und Götter aber gibt das nicht her. Zudem wissen wir von der z.T. blutigen Herrschaft der Klöster über Tibet, von Leibeigenschaft und Versklavung der Menschen. Sie wurden über Jahrhunderte keiner Bildung, aber dem Willen der Klöster und jeder Abhängigkeit an sie überantwortet; es war Tibet selbst, welches bis weit ins zurückliegende Jahrhundert jedem Fremden bei Androhung der Todesstrafe die Reise nach Lhasa verboten hatte um das Land auch weiterhin in der dunklen Isolation zu halten.
Der tantrische Buddhismus Tibets kennt aus seiner Geschichte heraus neben durchaus ernstgemeinten, schwarzmagischen Ritualen bis heute Beschwörungsformeln zur gezielten Manipulation und Beeinflussung anderer. Wie man auch persönlich dazu stehen mag und ob man nun daran glaubt oder nicht: fest steht, dass die Person des Dalai Lama nicht allein für Friede, Erleuchtung und Wohlfahrt für alle steht. Im Zentrum des Verdachts steht ein spezielles, aus tiefer Vergangenheit kommendes und bis heute vom Dalai Lama ausgeführtes Ritual: das Kalachakra. Es beschreibt, kurz skizziert, eine Apokalypse, die von einem spituellen Führer des tantrischen Buddhismus begonnen und für ihn siegreich abgeschlossen wird.
Dem in der christlichen Offenbarung prophezeiten Tausendjährigen Zwischenreich unter der Regentschaft des Messias entspricht im Kalachakra Tantra das so genannte Shambhala Reich, das sich als ein irdisches Paradies unter der Regierung eines buddhistischen Weltenherrschers über den ganzen Planeten ausbreitet. Aber vorher kommt es noch zu einer grausamen Endzeitschlacht, in der Buddhisten und Nicht-Buddhisten, insbesondere Buddhisten und Muslime als unversöhnliche Feinde einander bekriegen.
(Quelle: http://www.trimondi.de/Lamaismus/Krieg-1-Weltuntergang.htm )
All dies macht die Invasion, ja Fast-Annexion Tibets durch China nicht viel besser. Wir sollten aber trotzdem das, was wir heute vom und über den Dalai Lama hören, mit diesem Wissen neu bewerten und kritisch betrachten.
Bisher hat sich zum Leidwesen hunderter von Generationen und vielen Millionen von Menschen noch immer eine Erfahrung bewahrheitet: es ist gefährlich, eine einzige, konkrete, menschliche Figur als „Zentrum“ einer Religion zu betrachten. Menschen sind ganz grundsätzlich immer fehlbar, fehlerhaft, korrumpierbar und vielleicht sogar falsch und gerissen, verschlagen und verlogen. Sie mögen mit den besten Absichten in ihr „Amt“ berufen worden und gestartet sein, sie mögen fundiert und so gut als möglich ausgebildet sein; die Wahrscheinlichkeit, dass sie uns in die Irre leiten ist schwindelerregend hoch. Worüber sie auch Priester sind, wozu sie auch Macht haben und was sie auch sagen, sie sind gefährlich und es ist gefährlich, ihnen kritiklos zu gehorchen.
© 2010 Echsenwut.