Nun, die Wahl ist vorbei, das Geschrei ist groß. Alles lief wie erwartet. Wieder einmal ist die Verwunderung groß, das in diesem Land so viele über das System meckern, unter ihm leiden und trotzdem jene wählen, die nachgewiesenermaßen den Karren so richtig in den Dreck gefahren haben – CDU und SPD.
Gut, ihre Wähler scheinen gelernt zu haben. Die SPD hat durch die Agenda 2010 zwar nicht die Arbeitslosigkeit auf Rekordtief gesenkt, aber zumindest ihre Wähler- und Mitgliederzahlen. Auch die CDU
setzt zu einem historischen Sinkflug an.
Viele Stimmen gehen dann an die Grünen, die LINKE, die FDP – oder die Leute bleiben gleich zu Hause.
Nur noch 70 % Wahlbeteiligung. Das heißt, 30 % oder 18 Millionen Bürger sind zu Hause geblieben oder haben die sonnigen Tag anderswo genossen.
Ich bin nicht überrascht, habe deshalb ja die Kommentare zur Wahl schon am Samstag veröffentlicht. In Zeiten der Krise ist so etwas zu erwarten, die Menschen haben Angst. Die Gruppe der Wechselwähler (zu denen ich auch gehöre) entscheidet am Wahltag erstmal die Wahl und orientiert sich in erster Linie daran, wem sie zutraut, die Krise zu bewältigen.
Dabei ist es unabhängig, welche soziale Situation sie gerade haben. Der Wähler will ARBEITSPLÄTZE. Und er traut CDU und FDP dabei mehr zu. 76 % der Wähler sind – gemäßt einer 2005 durchgeführten Umfrage von Forsa im Auftrag von Stern und RTL – der Meinung, das die Wirtschaft die Politik dominiert, nur 8 % meinen, das der Bürger noch was zu sagen hat.
Ärgert man die Wirtschaft, straft diese die Politik ab. Der DAX „zeigt sich verschnupft“, noch mehr Arbeitsplätze werden abgebaut. Ist schon oft so geschehen, zu oft, als das es nicht jeder verstanden hätte.
Das wissen auch Hartz-IV-Abhängige. Und sie haben Angst, für immer und ewig in diesem Zustand verharren zu müssen. Hartz-IV-Abhängige sind keine homogene Gruppe. Die Mitgliedschaft in der CDU oder FDP schützt nicht vor Arbeitslosigkeit. Auch FDP und Grüne können Hartz-IV-Abhängig werden. Die Stammwähler jedoch brauchen mehr Argumente, um ihre jahrelang eingeübte Entscheidung zu revidieren. Das geht nicht in vier Jahren, weil … das hat man ja immer schon immer gewählt, da hängt das Herz dran. Und wenn es wieder Arbeit gibt, ist die Hartz-IV-Abhängigkeit vorbei … denken sie sich.
Verlierer ist … wie schon mal erwähnt … Deutschland und die Demokratie. Wie immer. Wir werden nun von einer Minderheitenregierung regiert, die eigentlich … die Mehrheit nicht haben wollte. 18 Millionen sagen NEIN zur ganzen Wahl, zum ganzen System. Kein Wunder … wenn man sich an die Forsa-Umfrage erinnert. Wieso noch wählen, wenn Ackermann und Konsorten sowieso sagen, wo es langgeht?
Das Land im Würgegegriff von „Managern“ … von angestellten Finanzverwaltern, einer eigenständigen Kaste zwischen Arm und Reich … und beständig selbst auf dem Weg von Arm nach Reich.
Nun ist das Geschrei groß. Soziale Kälte, Sozialabbau, Zwangsarbeit und was es sonst noch alles so an Horrorgemälden gibt. Und sicher gibt es auch wieder morbide, perverse Kräfte, die sich jetzt schreckenerregende Qualbilder ausmalen, um von ihrer eigenen Jämmerlichkeit abzulenken. Nun, Menschen mit eingeschränkter sozialer bzw. emotionaler Intelligenz haben in diesem Land eben auch Meinungsfreiheit und dürfen ihre Neurosen ganz offen ausleben. Solange es keinen Zwang gibt, ihnen zuzuhören … ist jeder selbst dafür verantwortlich, ob es ich mit solchen asozialen Elementen abgibt oder nicht.
Ich selbst würde die anstehenden Entwicklungen selbst dann fürchten, wenn 90% der Deutschen die LINKEN gewählt hätten, denn auch dort gibt es einen menschenfeindlichen Block, der Anfang des Jahres noch für großes Aufsehen gesorgt hat, weil er so ganz die Arbeitspflicht doch nicht abschaffen wollte.
Selbst bei einem überwältigenden Wahlsieg der Linken hätte man abwarten müssen, welche Kräfte sich innerhalb der Partei durchsetzen.
Und abwarten … muß man auch jetzt.
Dem Menschenschutzbund liegt ein persönliches Schreiben von Guido Westerwelle vor, in dem er die gängige Praxis der Agenda 2010 als entwürdigend bezeichnet. Jetzt wird man abwarten müssen, ob sich die humanen Kräfte innerhalb der CDU, CSU und FDP durchsetzen … oder die Menschenfeinde. Es gibt hinreichend Anzeichen dafür, das es vernünftige, effiziente Änderungen geben wird. Und weniger Geld. Aber weniger Geld wird es so oder so geben, oder dachte jemand, der Weihnachtsmann kommt Ende des Jahres vorbei und spendiert der Regierung die verlorenen Milliarden? Die Schulden müssen bezahlt werden, egal, wer gerade das Land verwaltet. Die Löhne werden sinken, die Renten werden sinken, Staats- und Gemeindeeinnahmen werden sinken, viele kleine Selbständige werden nur durch die Hilfe der ARGE überleben können … sofern es die überhaupt in Zukunft noch gibt.
Ein überwältigender Wahlsieg der LINKEN hätte zu größerer Kapitalflucht geführt, die öffentlichen Kassen wären noch leerer geworden … der „Sachzwang“ hätte wieder regiert, jenseits aller Wahlversprechen.
Man kann wählen was man will … solange die Macht nicht mehr in den Händen der Politik liegt, wird sich nichts ändern. Und 5000 Lobbyisten sorgen dafür, das das auch so bleibt. Ich denke, auch in den Reihen der LINKEN hätten sie genug Menschen gefunden, die sie für ihre Zwecke hätten einspannen können.
18 Millionen Deutsche haben der Demokratie in diesem Land den Rücken zugekehrt, mehr als je zuvor.
Gut für die Kleinparteien.
Man mag meckern über den Wahlerfolg der Piratenpartei, oft genug meckere ich selbst über die Partei.
Man mag den Wählern der Piratenpartei vorwerfen, sie hätten die schwarz-gelbe Mehrheit erstmal möglich gemacht – was allerdings vorraussetzt, das diese Wähler aus dem „linken“ Lager kommen … was ich nicht glaube.
Aber viel wichtiger ist zu sehen, das es in Deutschland des 21. Jhd. wieder möglich ist, Politik jenseits der etablierten Parteien zu machen. 2006 gründeten 50 politisch Unerfahrene eine Partei.
Drei Jahre später erhalten sie zwei Prozent der Stimmen bei einer Bundestagswahl … sogar ohne großes Programm.
Ein guter Grund, seine eigene Bequemlichkeit mal beseite zu stellen. Viele Deutsche suchen doch immer noch den bequemen Weg. Das Kreuz an der richtigen Stelle machen … und schon wird alles heil.
GLAUBEN beherrscht dort vielmals die politische Wirklichkeit, der GLAUBEN an die PARTEI, die alles wieder heil macht. Letztlich der Glauben an die „Guten“, die einem im Kampf gegen die „Bösen“ beistehen.
Alte mythische Muster vom gerechten König – es dauert, bis König Arthur aus den Gedanken der Menschen verbannt wird.
Es wird Zeit, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Für jeden. Umso schöner, wenn man das nicht allein tun muß, denn es wartet viel Arbeit auf uns, als Bürger, als Demokraten, als Menschen.
Bei manchen wächst jetzt die Angst vor den Sozialfaschisten. Diese Angst ist verständlich….aber sie sitzen in allen Parteien. Auch bei den Linken. Kranke Geister, denen bei der Vorstellung, das andere Menschen endlich so richtig gequält werden, ganz warm ums Herz wird.
Sadismus ist ein menschliches Problem, kein politisches. Hier braucht es Therapie, keine politische Diskussion, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Oder eben … den finalen Rettungsschuß, wenn gar nichts anderes mehr geht. Aber das ist Aufgabe der Polizei, nicht der Bürger.
Nach der Wahl … ist vor der Wahl. Sind doch nur vier Jahre … und wenn man bedenkt, wie schnell die Zeit vergeht, hat man eigentlich keine Zeit zu verlieren.
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Vieles Alte wird vergehen. Ist aber seit Jahrtausenden schon so.
Schöner wäre es, wenn es anders ginge, aber „anders“ ist gerade ausgegangen.
Also: reißen wir uns zusammen und entscheiden uns lieber dafür, diese Zeit aktiv mitzugestalten als
von den Wellen der Veränderung hin- und hergeschleudert zu werden.
Ich werde das tun … macht wer mit?
Möglicherweise ist die Erde ja doch keine Scheibe … und es erwartet uns am anderen Ende nicht der Abgrund, sonder – die Indianer. Und die waren früher sehr freundlich. Aber das kann man nur sehen, wenn man sich auf die Reise macht.