Alltagsterror

Holocaust fängt leise an – mit Gammelfleisch.

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Holocaust … wir in Deutschland haben doch schon längst wieder vergessen, was das heißt. „Ach ja, die Juden“ … das ist das, was man so hört.

Aber nicht nur Juden starben in Konzentrationslagern. Auch Sozialdemokraten, Freimaurer, Zigeuner, Kommunisten, Zeugen Jehovas, Polen, Russen, unbeliebsame Nachbarn, lästige Konkurrenten – die Öfen, erstmal in Betrieb genommen, verarbeiteten alles, was dem erfolgreichem SS-Mann beim Bau seines Einfamilienreihenhauses im Wege stand und machte Platz für die Vision der reinen arischen Kultur in Deutschland und im Osten. Auch SA-Männer, Prostituierte (oder solche, die sich weigerten, welche zu werden), Wehrmachtsangehörige und SS-Männer wurden verbrannt … aber nur in geringerem Maße. Man war ja noch mit dem Großreinemachen beschäftigt.

Währendessen machten sich andere daran, die Vorteile industrieller Verwertbarkeit von Menschenkörpern zu untersuchen. „Seife aus Judenfett“ scheint eine urbane Legende zu sein, Lampenschirme aus Menschenhaut sind es nicht, Menschenversuche durch Ärzte erst recht nicht. Nun – zumindest die Tierversuchsgegner dürften aufatmen, zumal Experimente mit Menschen viel aussagekräftiger sind. Die Medizin insgesamt, so las ich mal in der Ärztezeitung, profitierte noch in den neunziger Jahren von den Versuchen an den KZ-Häftlingen.

Vielleicht sollten die im Nachhinein stolz sein, im Dienste der Wissenschaft gestorben zu sein.

Moralische und ethische Degeneration in diesem Ausmaß fällt nicht vom Himmel. Es sind keine Lovecraftschen Finstergötter, die fies träumen und dadurch einen Flächenbrand von Wahnsinn entfachen.
Es ist das gezielte Arbeiten an kleinen Grenzen, die so etwas möglich macht.

Massenvernichtungen von Menschen durch Menschen hat es in der Geschichte immer gegeben. Deshalb erfanden wir die Aufklärung um damit Schluß zu machen. Und darum ist Ausschwitz umso peinlicher und umso genauer müssen wir hinschauen, damit es nicht wieder und wieder passier.

Manche meinen, Darwin sei Schuld. Er habe den Menschen zum Tier und deshalb Ausschwitz möglich gemacht. Sicher, in Ausschwitz haben wir das mit Menschen gemacht, was wir sonst mit Tieren machen.
Aber Hexenverbrennungen sind im Prinzip nichts anderes … nur die industrielle Ablauforganisation fehlte.

Es erinnert schon irgendwie an Menschenopfer und es inspirierte zu einem Roman, in dem die wahre Geschichte der Menschheit ist, das sie zur Ernährung der Götter durch Emotionen von Leid und Elend geschaffen wurde und regelmäßig große Feste geben muß: wenn der Gott z.b. Kindergeburtstag feiert.

Im Rahmen der Aufklärung haben wir solche Spekulationen verbannt, stehen allerdings immer noch fassunglos vor den Krematorien. Gerade wir aufgeklärten deutschen Philosophen. Wenn wir dem nicht wiederstehen können – wer sollte es dann können?

Dabei ist es gar nicht so schwer. Kostet nur ein wenig Disziplin. Einfach an christliche Gebote halten oder an die Grundsätze der französischen Revolution oder an die Erkärung der Allgemeinen Menschenrechte – schon gehts.

Aber dann … kommt die Generation Doof und fängt alles wieder von vorne an. Ganz harmlos. Und ganz doof.

Uwe Felgenhauer schreibt in der Welt über die 187. Folge von Wetten das. Wußte gar nicht, das es das noch gibt. Immer noch. Die EU bricht auseinander, die größte Wirtschaftskrise der Welt rollt über den Globus, der Sozialstaat wird vernichtet, aber der Deutsche hat ein ganz anderes Problem:

http://www.welt.de/vermischtes/article6594271/Die-Gammelfleisch-Party-bei-Wetten-dass.html

Er hoffte zwar, aber glaubte nicht, dass die zehnjährige Sophia Heesch diverse Figuren aus der ”Star Wars“-Filmreihe, von Lego nachgebildet, richtig benennen kann, nachdem sie diese im Mund hin und her geschoben hatte.

Fantastisch, damit kriegen wir die deutsche Wirtschaft wieder nach oben, damit schaffen wir endlich den Weg weg vom Billiglohnland, das schon die Stützstreben von U-Bahnschächten verkaufen muß um über die Runden zu kommen, damit unternehmen wir was gegen die verödenden Gemeinden … und gegen die drohende Überalterung der Gesellschaft.

Die Überalterung der Gesellschaft ist unser größtes Problem. Und eins, das uns noch sehr zu schaffen machen wird, weil wir die zumeist ehrlich erworbenen Ansprüche der Rentner nicht bezahlen können – und wenn es soweit ist, werden auch die Privatversicherungen zurückstecken. Wie üblich – das machen die ja gerade schon beim Thema Gesundheit vor.

Also braucht man einen Sprachcode, mit dem man „Alter“ in Zukunft seinen richtigen Platz zuweisen kann.
Und diesen Sprachcode bringt der 49-jährige Uwe Felgenhauer punktgenau auf den Tisch:

GAMMELFLEISCH.

Der Mann, der sich sonst eher mit „Bauer sucht Frau“ beschäftigt, hat somit einen wesentlichen Beitrag zur Vernichtung zukünftig überflüssiger Bevölkerungsgruppen geleistet, die wir uns finanziell einfach nicht mehr leisten können.

Gammelfleisch ist Fleisch, das nur noch zur Vernichtung geeignet ist, das für den normalen Gebrauch schädlich bis tödlich ist – so wie die kommende Rentnerflut für unser Sozialbudget.

Aber jetzt wissen wir ja, welches Wort auf den Aufnähern stehen wird, das zukünftige Rentner – so ab 2022 – tragen werden: Achtung Gammelfleisch.

Und die Psychopathen der Zukunft werden dann wieder einmal zur Rettung von Volk und Nation einschreiten.
Endlich können sie dann mal wieder das machen, wofür sie sonst bestraft werden würden – sich hemmunglos an menschlichen Körpern auslassen um sich endlich mal für ihr verpfuschtes Leben an jemandem rächen zu können. Alles schon mal da gewesen.

Und Historiker werden genau jenen Artikel aus der WELT ausgraben, in dem das erstemal der Begriff Gammelfleisch in Verbindung mit menschlichem Leben aufgetaucht ist.

So wurde auch nach den Wurzeln der „Parasiten“ in Bezug auf Juden gesucht.

Gedanken sind der erste Schritt zum Holocaust – nicht das Errichten von Lagern.

Nur Gedanken – und Worte, die diese Gedanken anderen mitteilen, damit sich ein Mob bilden kann.

Wenn man Glück hat, bildet sich keiner.

Sprachkultur und Gedankenkultur laufen paralell nebeneinander. Entgleiten die Gedanken, entgleitet auch die Sprache, die wiederum bei anderen zum Entgleiten von Gedanken führen kann. Und so kann was ins Rutschen kommen, das später niemand mehr stoppen kann – dabei wäre es am Anfang so einfach gewesen.



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