Kolumne

Der „Mythos Ägypten“

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Jahrelang war ich dem Mythos Ägypten auf der Spur.

Zur Vorbereitung hatte ich eine durchaus respektable Menge an einschlägiger (Fach-) Literatur verkonsumiert und war einigermaßen gerüstet mit dem Wissen um Dynastien, Kunstepoche, Zwischenzeiten …. sogar ein kleines Grund-„Studium“ der Hieroglyphen schloss ich an um auch selbstständig kleinere Inschriften lesen zu können.

So führte mich wieder einmal eine Reise in den Orient, und diesmal sollte es Ägypten sein. Schlimmer noch: Kairo. Obschon ich über ein kleines, aber blitzsauberes und sehr angenehmes Hotelzimmerchen direkt im Herzen Kairos verfügte, bewegte ich mich mehr als backpacker. Schnell waren drei Freunde gefunden, von denen einer ein ebenso waschechter wie untypisch ruhiger und gelassener Kairener war. Zusammen durchstreiften wir die Stadt, tranken hier unseren Tee, plauderten dort und waren von früh bis spät vom nicht-touristischen Ägypten vollkommen eingehüllt. Ich lernte mich ganz ähnlich in der Stadt zu bewegen, merkte mir einige wenige Brocken Arabisch und all das hatte zum Erfolg, daß ich mich schnell zurechtfand.

Damals stutzte ich noch und fand die angetroffene Gesellschaft seltsam fröhlich, tagein, tagaus recht entspannt und beseelt von einer ungeheuren Hilfsbereitschaft.

Mit Spannung machte ich dann meine allererste Pyramidentour und konnte kaum fassen, was ich da sah. Kein Foto und kein Film kann die Faszination dieser gewaltigen Bauwerke vermitteln, nichts lässt ahnen, was der bloße Anblick der Pyramiden auslösen kann.

Mehr durch Zufall geriet ich in eine sehr amüsante Gesellschaft. Einige Kameltreiber hatten sich zu mir in den Sand gesetzt und gaben sich eine ganze Zeit lang einer Plauderei mit mir hin. Sie erzählten von ihren Familien, fragten nach der meinen, sie stellten mir ihren Schalk vor, der besonders breit grinsen konnte und Ahmed, der seine Frau schlägt. Unsere Augenbrauen zogen sich zusammen und Ahmed kriegte rote Ohren und sagte gar nichts.

Aber zurück zu den Pyramiden: sie bestehen aus Millionen von Blöcken, wobei die im Innern verarbeiteten ganz besonders große, ganz besonders fein gearbeitete aus dem berühmten, Assuaner Rosengranit waren und sie wurden so fein verlegt, dass kein Fingernagel in die Fuge geht. Dennoch stellte ich fest, daß ich den Mythos Ägyptens nicht gefunden hatte. Natürlich, die Bauwrke Ägyptens besitzen eine unerhörte Schönheit, die sich hier und da als nahezu unvergänglich durch die Frische ihrer Farben und Bilder erweist.

Auf meiner letzten Reise aber traf ich durch die Verkettung wirklich lustiger wie merkwürdiger Umstände in Oberägypten auf einen weiteren ägyptischen Freund, dem ich neben vielen, vielen unterhaltsamen Stunden einen besonderen Einblick in das Land Ägypten verdanke. Und wieder fragte ich mich, was das wohl fürein Geheimnis um diese Menschen am Nil ist, denn wiederum erfuhr ich Freundschaft und Aufnahme wie ich sie nie kennengelernt habe.

Wir hatten einen Moment unseres Lebens auf eine denkbar genussvolle Weise miteinander geteilt, uns erzählt, miteinander gelacht und gegrübe

Die Gang von Assuan

Night at Aswan

lt. Sie hatten mich für diesen Moment in sich aufgenommen und ich hatte plötzlich gefühlt, dass ich aktiver Teil des Landes war.

Und auf einmal hatte ich begriffen, dass ich all die Jahre völlig vergeblich nach dem Mythos Ägypten gesucht und gefahndet hatte. Denn der liegt da, wo ihn kaum ein Tourist finden kann: in den Menschen. Wer ihren Umgang miteinander und mit sich erlebt, wer sein Herz mit ihnen teilt, der versteht, woraus die Schönheit des Landes entstanden ist. Sie entspringt aus den Augen der Menschen dort, aus ihrem Lächeln und aus dem Abendwind, der über den Nil geht und süß schmeckt.

© 2010 Echsenwut.



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