Manchmal erhascht man einen kleinen Ausblick auf eine Zukunft, die es mit aller Gewalt zu verhindern gilt und auf einen Terror, der uns allen droht:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,654338,00.html
Für bessere Einschaltquoten seiner Kriminalsendung soll der brasilianische TV-Moderator Wallace Souza Morde in Auftrag gegeben haben. Als ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde, floh der 50-Jährige. Nun hat er sich gestellt.
Dem TV-Moderator wird vorgeworfen, mindestens fünf Morde an Drogenhändlern angeordnet zu haben, um mit Filmaufnahmen von den Tatorten mehr Zuschauer zu gewinnen.
Souza war zunächst trotz der schweren Vorwürfe gegen ihn auf freiem Fuß geblieben, weil er Abgeordneter im Parlament in Amazonas war und als solcher Immunität genoss.
Als wäre das so eine Kleinigkeit. Es ist das Ergebnis eines Terrors, der unsere ganze gesamte Medienlandschaft bestimmt und zerstört: des Quotenterrors, denn dieser Mann hätte aufgrund seines Status gar nicht so sehr nach der Quote schielen müssen, er war ja eigentlich schon gut versorgt.
Es geht um Geld – um sonst nichts.
Die vierte Macht im Staate wird gekauft … regelmäßig. Und manche verdienen selbst sehr gut an diesem Geschäft:
Jahrelang verkaufte der öffentlich-rechtliche Sportjournalist Jürgen Emig Veranstaltern und Verbänden auf eigene Rechnung teure Sendezeit. Die Anklage liegt vor, doch der Beschuldigte könnte ohne harte Strafe davonkommen. Denn der Hessische Rundfunk hat es Emig leichtgemacht.
Es geht um Geld – um sonst nichts.
Ohne die von ihm akquirierten Gelder hätte der HR-Sport „schon ab März eines jeden Jahres nur noch das Testbild senden können“, meint ein Emig-Freund. Hat der Sender die Schmuddelakquise also billigend in Kauf genommen?
Und darum kann man der Vierten Macht im Staate aus den Vorkommnissen eigentlich keinen Vorwurf machen.
Schon längst ist es bei uns so weit, das Nachrichten gemacht werden wie man sie braucht. Man denke nur an die „Hartz-IV-Leihfamilie“, die regelmäßig jedes Vorurteil gegen Hartz-IV-Abhängige bestätigte.
http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/maischberger82731.php
Doch genau einen Tag vor der Sendung „Menschen bei Maischberger“ wurde eben diese Familie auch in der PRO7 Doku-Soap „We are Family – Bruderzoff im Plattenbau! So lebt Deutschland!“ vorgestellt. Gezeigt wurde eine Mutter, die ihre 2 Söhne nicht unter Kontrolle bekommt und sich Hilfe bei einer Antiaggressionstrainerin sucht. Am Ende kommt dabei heraus, dass es nicht am Geld, sondern an Zeit fehlt, die die Eltern nicht aufbringen, um beispielsweise mit ihren Kindern zu spielen. Die Eltern bedienen hier das „Plattenbau-Milieu“, gerade so, wie es die TV Produktion sich wünscht. Denn bei der Pro7 Soap war „Jonny“ noch Musterschüler in einem Gymnasium und machte die Mutter stolz. Bei Maischberger war er dann aber wieder Gesamtschüler mit erheblichen Problemen in der Schule.
Das kommt dabei heraus, wenn man nach echtem Leben für das TV sucht, das auch noch Quote bringt. Manchmal muß man sich der Methode des Wallace Souza bedienen und Nachrichten einfach selber bauen. Nun, auf jeden Fall scheint die Branche gelernt zu haben und sucht jetzt mal ausnahmsweise echte Familien …
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind eine TV-Produktion aus Münster und wollen im Rahmen einer Sozialreportage für Stern TV das Leben einer Familie begleiten, die ihren Lebensunterhalt mit Hartz IV bestreitet. Ein kleines Honorar für die Protagonisten wird selbstverständlich gezahlt. In der momentanen wirtschaftlichen Lage ist es keine Seltenheit, dass Familienmütter und -väter ihren Job verlieren und nur schwerlich eine neue Anstellung finden. Das betrifft alle soziale Schichten. Wir möchten das Schicksal einer solchen Familie zeigen: wie meistert sie den Alltag, welche Probleme treten auf und welche Lichtblicke gibt es?
Allerdings wird auch diese echte Familie, sofern sich eine finde, damit leben müssen, das sie medial zurechtgestutzt wird, denn auch sie muß der Quote dienen.
Es geht nur ums Geld, und das kommt durch die Quote via Werbung von den Konzernen…und somit wird die ganze vierte Macht zum Kasperle der Produktmanager. Auto- und Reisejournalismus machen das ja am Deutlichsten vor:
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1734
Dass Reisejournalismus eine der korruptesten Veranstaltungen unserer Branche ist (gefolgt von Autojournalismus).
„…die Falschheit der Reisejournalisten und Redakteure, die mit verzerrten Berichten, ein falsches Bild erzeugen. Und es bezieht sich auf meine eigene Unehrlichkeit: Ich habe oft behauptet, Plätze zu lieben, die ich überhaupt nicht gemocht habe.“
Der Grund für solche Entwicklungen ist ganz einfach zu verstehen:
Wenn Four Seasons für 100.000 Dollar Anzeigen schaltet, über welches Hotel wird das Magazin wohl schreiben?…
Was würde man wohl von Politikern halten, die mit T-Shirts herumlaufen: „Gesponsort by Siemens“?
Nun, wenn sie es öffentlich täten … dasselbe wie von Reisejournalisten.
Und so geht die vierte Macht im Staate infolge der Sucht nach den Fleischtöpfen vor die Hunde … aber selbst dort, wo sie in keiner Art und Weise wirtschaftliche Interessen berücksichtigt, wo sie ausnahmsweise mal nur der Informationsübermittlung verpflichtet ist, wird ihre Macht immer weiter beschnitten – auf höchst professionlle Art und Weise.
Es gibt ganze Branchen, die sie nur mit dem einen Problem befassen: wie führe ich Journalisten an der Nase herum?
Hier sprechen richtige Fachleute:
„Innenansichten“ – Entstehung, Vermeidung und Bewältigung von Skandalen in der Politik
Dr. Michel Friedman, Rechtsanwalt, Publizist und Fernsehmoderator, Frankfurt am Main
Die Zielrichtung solcher Veranstaltungen ist klar: Volksverarschung auf höchstem Niveau(Entschuldigung, ich drücke das gerne mal emotional gefärbt aus).
Ein Beispiel? Ziel der Tagung ist:
Ob „schwarze Konten“ in Liechtenstein, „Lustreisen“ bei Volkswagen, Schleichwerbung in der ARD, Korruptionsaffären bei Siemens oder Datenmissbrauchs- und Bespitzelungs- Skandale bei der Deutschen Bahn und der Deutschen Telekom – kaum eine Branche und kaum ein Lebensbereich bleiben von Negativschlagzeilen über tatsächliche oder vermeintliche Fehltritte ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter verschont. Doch wie entstehen eigentlich Skandale? Welche Rolle spielen investigative Journalisten und „Whistle-Blower“ aus dem Kreis der eigenen Mitarbeiter? Auf welche rechtlichen Regelungen können sich Betroffene berufen? Wie gelingt es Kommunikationsverantwortlichen und Führungskräften, Skandale und Affären erfolgreich zu bewältigen?
Dabei gäbe es doch eine ganz andere, einfacherer Art, mit Skandalen umzugehen.
Einfach sauber bleiben. Dann gibt´s auch keinen Skandal.
Aber das … scheint den Beteiligten undenkbar. Darum gibt es eine andere Zielrichtung:
Streitgespräch: „Schnell aus den Schlagzeilen“ – Chancen und Grenzen des Presserechts bei Skandalen und Affären
Margarete Reske, Vorsitzende Richterin am Landgericht Köln, 28. Zivilkammer (Kammer für Presse- und Urheberrechtssachen), Köln
Dr. Birgit Brömmekamp, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Presse-, Persönlichkeits- und Urheberrecht, Köln
Der Bundesverband der Deutschen Steuerhinterzieher wäre an den in dieser Tagung vermittelten Methoden sicher auch sehr interessiert um sein Gewerbe in der Öffentlichkeit besser darstellen zu können und unangenehme Presse zu vermeiden.
Das ganze hat einen sehr akademischen Hintergrund, vor dem sich eine ganz neue Krisenindustrie aufbaut:
http://www.krisenmagazin.de/Kriseninformationsdienst.15.0.html
Unter anderem kann man hier sehr interessante Dienstleistungen bekommen:
Krisenhandbuch: Formulieren von Mustertexten für Mitarbeiter-,
Presse- und Kundeninformationen, Definieren von Kriterien für
den Kriseneintritt etc.
Medientraining: Einüben des Umgangs mit Medien in Krisenzeiten,
richtiges Verhalten vor Kamera und Mikrofon, Formulieren von
Kernbotschaften etc.
In Krisenzeiten darf man nichts dem Zufall überlassen. Das steht schon mal fest. Und die Journalisten, die man nicht kaufen kann, werden professionell eingeseift.
Welchen Einfluss hat die zurückliegende Krise auf die Reputation meines Unternehmens? Wie kann unser Unternehmen die Risikowahrnehmung der Öffentlichkeit durch Risikokommunikation positiv beeinflussen? Welche Fehler im Krisenmanagement wurden bei einem Flugzeugabsturz oder einem Lebensmittelskandal gemacht? Dies sind nur einige Fragestellungen, die das Krisennavigator – Institut für Krisenforschung als „Spin-Off“ der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Projekten zur Auftragsforschung und in Gutachten – einschließlich Markt- und Meinungsforschung – untersucht.
Und die blöde Öffentlichkeit? Die blöden kleinen Bürger, die in den Flugzeugen abstürzen, die Gammelfleisch zum Mittagessen bekommen, radioaktv verstrahlt oder von Politikern für Dumm verkauft werden?
Die kann sehen, wo sie bleibt.
Oder … liest bei quotenunabhängigen Bloggern, den letzten freien unabhängigen Bastionen der vierten Macht, Bastionen, die mitlerweile dringend notwendige geworden sind. Millionen davon können nicht gekauft werden. Und einige sind sogar Einseifungsresistent.
Nur, wie ich gerade merke … eigenlobresistent sind manche von ihnen offensichtlich nicht.
Ich zum Beispiel.
Mist.
Na ja, dann lest halt bei anderen. Gibt ja genug! Und ich hoffe sehr, es werden mehr und mehr.