Diäten

This tag is associated with 3 posts

Kinderfeindlichkeit – Deutschlands Krieg gegen die eigenen Kinder

Digital StillCamera

Mittwoch, 27.5.2015. Eifel.  Es ist müßig, über dieses Thema zu schreiben. Eigentlich – hoffnungslos. In einer Gesellschaft, die bis ins Mark krank ist, tagaus tagein nur noch mit der Pflege des eigenen Egos beschäftigt, mit der persönlichen Maximierung von Rohstoffvernichtung (ein weniger euphemischer  Begriff für: „Konsum“) ist es völlig nutzlos, Worte über Not zu verlieren: der Kampf gegen Not verlangt Mehrheiten, Gemeinschaftsgefühl und Solidarität, während unsere modernen Mythen und Legenden (unsere „Serien“ und „Spielfilme“, jene Geschichten, die wir erzählen und die uns erzählt werden, um unsere Werte und Überzeugungen zu transportieren) nur noch den heldenhaften Einzelkämpfer favorisieren, jenen Superhelden, der nie geboren wurde, nie altert und nie krank wird – und deshalb niemals mit Themen wie Alter, Krankheit, Armut oder Tod konfrontiert wird … jedenfalls in den modernen Legenden, die „Leben“ nur als Momentaufnahme im erfolgreichen „Jetzt“ verstehen.

Versuche werden immer mal wieder unternommen – wie z.B. im Focus im letzten Jahr. „Beschimpft und verjagt – so geht Deutschland mit seinen Kindern um„, so wurde ein Artikel genannt, in dem Eltern ihre Erfahrungen mit ihrer Umwelt schildern (siehe Focus):

„Vermieter, die lieber ein Paar mit Hund im Haus hätten als eine Familie. Rentner, die im Park nach Kindern treten – zahlreiche Familien haben sich auf unseren Aufruf gemeldet und uns geschildert, wie kinderfeindlich unsere Gesellschaft tatsächlich ist.“

Der Umgang der Supermenschen mit dem Thema Kind gipfelt dort in einer beschämenden Szene, die sich eine Angestellte im öffentlichen Dienst über sich ergehen lassen musste, weil sie mit Kindern auf der Toilette war:

‚Genauso siehst du auch aus, du Asoziale, kannst nur Kinder werfen.‘ Alle Menschen drum herum haben mich herablassend angeguckt.

Wer Kinder hat, ist asozial. Es sei denn, er scheffelt Millionen durch Zinseinnahmen und kann seine Kinder in privaten Internaten vor dem öffentlichen Leben verstecken. Dort bekommen sie eine Ausbildung, die sie – mit Vati´s asozialen Netzwerken – automatisch in die Chefsessel der Republik wirft, wo sie mit Hilfe ihrer weltfremden Lebensentwürfe noch mehr asoziale Verzerrungen in den Alltag einfließen lassen.

Nur so ist es zu verstehen, dass Kinder in Deutschland per Gesetz verfolgt werden, dass wir anstelle von Gesetzen gegen Kinderarmut Gesetze haben, die Kinder in Armut zwingen. Gedacht ist an die Kinder von Arbeitslosen, von denen wir – in der Zeit zwischen der dritten und vierten industriellen Revolution – einige Millionen haben. Eigentlich können wir nur noch eine Minderheit in Deutschland als ordentliche Arbeitnehmer klassifizieren, die von ihrem Gehalt eine ganze Familie ernähren und versorgen können, die Mehrheit hält sich mühselig über Wasser und kommt gerade so durch.

Gemeint ist Hartz IV, die Endstufe der Arbeitslosenvernichtung – jedenfalls ihrer sozialen Vernichtung. Gemäß den Wünschen deutscher Politikzöglinge sollte der Druck auf Arbeitslose erhöht werden, Millionen  Menschen, die in der Arbeitslosenhilfe waren, wurden in die Sozialhilfe gedrückt … mit dem kleinen, kostensparenden Nebeneffekt dass das für die Kinder gedachte Kindergeld auf einmal „Einkommen“ wurde, dass von den Regelleistungen abzuziehen war. Die „schwarze Null“ wurde direkt auf Kosten der Kinder erzielt – die fürstlichen Diäten ebenfalls.

Bei der Bundeszentrale für politische Bildung finden wir eine Studie aus dem Jahre 2005 – dem Jahr, als Hartz IV in Deutschland seine existenzvernichtende Gewalt entfaltete (siehe bpb):

In der Bundesrepublik Deutschland leben etwa zehn Prozent aller Kinder in relativer Armut – das sind 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit im Mittelfeld der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Staaten – so das Ergebnis der UNICEF-Vergleichsstudie „Child Poverty in Rich Countries 2005“. Dass es in einem so wohlhabenden Land wie Deutschland Kinderarmut gibt, ist skandalös; dass ihre Rate seit 1990 stärker gestiegen ist als in den meisten entwickelten Industriestaaten, sollte in der Politik Alarm auslösen. Kinder sind in Deutschland zudem häufiger von Armut betroffen als Erwachsene. Es ist widersinnig, dass junge Menschen in einem Land, dessen Geburtenrate seit Jahrzehnten sinkt, einem immer höheren Armutsrisiko unterliegen.

Schade, dass politische Bildung in Deutschland keinen Stellenwert mehr hat. Schade, dass deutsche Politiker lieber mit Anlageberatern über ihre Diäten und mit Industriellen über Vortragshonorare sprechen als mit Wissenschaftlern über UNICEF-Studien: sie würden merken, dass in Deutschland etwas mehr als schief läuft, denn zehn Jahre nach dieser Studie wird eins klar: den desaströsen Kurs setzen wir gern und ungehemmt fort, wie eine neue Studie zeigt (siehe Spiegel):

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zeigt, wie der Alltag von 2,6 Millionen Kindern von Verzicht und Mangel geprägt ist.

1,5 Millionen im Jahre 2005, 2,6 Millionen im Jahre 2015. Ein Anstieg von DREIUNDSIEBZIG (73) PROZENT.

Folgen? Keine – außer fortlaufende Erhöhung der Diäten.

Man wird nun sagen: es sei ein zu hartes Wort, wenn man in diesem Zusammenhang von Krieg redet. Ich sehe das anders: wenn man in zehn Jahren einen Anstieg der Kinderarmut um 73 Prozent in einem schwerreichen Land nicht in den Griff bekommt, aber schon 2005 eine desaströse (und „skandalöse“) Ausgangslage vor sich hatte, dann ist das ABSICHT. Absicht, die offen geäußert wurde: immerhin waren sich alle Diätenempfänger einig, dass man mehr Druck auf Arbeitslose ausüben müsse, dass man sich die Finanzheuschrecken ins Land holen sollte, um die Arbeitnehmer noch mehr auf Trab zu halten … und die Anlagemöglichkeiten für fürstliche Diäten zu verbessern, dass Arbeitnehmerrechte ausgehölt werden mussten, um ihre „Flexibilität“ zu erhöhen – auf deutsch: ihre Bereitschaft, Wanderarbeiter zu werden, überall für jeden auch noch so geringen Lohn Höchstleistungen zu erbringen.

Ein Druck, der in allererster Linie die schwächsten in der Familie traf: die Kinder.

Laut Kinderhilfswerk sind es sogar 2,8 Millionen Kinder, die in Armut leben (siehe dkhw), mit den Folgen der nächsten industriellen Revolution, die sich gerade entfaltet, werden es noch viel mehr werden – während unsere Diätenempfänger von „Facharbeitermangel“ fabulieren – ein Mangel, der von der Politik direkt produziert wurde.

Armut  hat direkte Folgen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kinder (siehe Zeit):

43, 2 Prozent haben Probleme mit der Muttersprache, 24,5 Prozent mit der Körperkoordination, 25 Prozent mit der Hand-Auge Koordination, 29,1 % mit der selektiven Wahrnehmung, 28 Prozent Problem beim Zählen, 8,8 Prozent haben Übergewicht … direkte Folgen der staatlichen Verfolgung der Eltern, deren einzige Schuld es oft genug war, in einem Unternehmen zu arbeiten, das einer Heuschrecke zum Opfer gefallen ist und die nach üblichen Methoden ausgeschlachtet wurde, um die Rendite der Diätenanleger zu erhöhen.

Oder die Schuld, alt oder krank geworden zu sein.

Der Krieg gegen die eigenen Kinder läßt sich auch in Zahlen ausdrücken, wie wir sie in der Rheinischen Post finden (siehe rp-online):

„Mit den gegenwärtigen Hartz-IV-Sätzen für Kinder sei eine ausgewogene Ernährung nicht möglich. Forscher hätten ermittelt, täglich müssten für ein 15-jähriges Kind 4,68 Euro im Discounter oder 7,44 Euro im Supermarkt ausgeben werden, um es gut zu ernähren. Im Hartz IV-Regelsatz seien für Essen aber nur 2,57 Euro vorgesehen.“

2,57 Euro für Essen. Eine Kugel Eis kostet 1 Euro, eine Portion Pommes (ohne alles) 2,5o Euro. Ein Programm zur gezielten Züchtung von lebensfremden Stubenhockern. Wie der Beitrag auch erwähnt, gibt es mitlerweile Aufstiegschancen nur noch für Kinder aus besser gestellten Haushalten, wer das Pech hat, staatlich verfolgte Eltern zu haben, auf den wartet ein Leben in Armut und armutsbedingter Krankheit … in einem Land, dass dringend auf Kinder angewiesen ist – auf bestens ausgebildete, hoch motivierte und leistungsstarke Kinder, die sich mit Staat und Gesellschaft identifizieren.

Wofür wir aber unendlich viel Geld haben: die Zuschüttung der Kinder mit Psychopharmaka, damit sie die erwachsenen Lehrer nicht weiter bei der Durchführung ihres Unterrichts stören und so die Urlaubsvorbereitung erschweren (siehe Deutschlandradio):

„Wurden 1995 in Deutschland 40 Kilogramm Methylphenidat an Kinder und Jugendliche verordnet, waren es 2012 schon 1,75 Tonnen − eine Steigerung um das 43-fache.“

Maßnahmen der Regierung gegen diese Pathologisierung der Kindheit? Diätenerhöhungen in einem Ausmaß, dass normale Arbeitnehmer neidisch werden dürfen (siehe Focus).

Aktuell gerät noch etwas anderes in den Fokus der Wissenschaft: die gravierenden Auswirkungen des Mobbings durch Ausgrenzung, wie sie 2,8 Millionen Kinder in Deutschland erfahren. Mobbing durch Gleichaltrige- so die Forscher – ist schlimmer als Misshandlung in der Familie (siehe FAZ).

„Mobbing durch Gleichaltrige schadet der psychischen Gesundheit von Kindern langfristig mehr als Misshandlungen durch Erwachsene, zeigt eine Studie.“

Es sind die Kinder der Reichen und Möchtegernreichen, die dort Macht ausüben, um sich auf Kosten der staatlich verfolgten Kinder zu profilieren: der Chefarztsohn, dessen Vater dank starker Lobby tief in die Gemeinschaftskassen des Gesundheitssystems greifen darf, der Lehrersohn, dessen Vater ein freizeitmaximierendes Leben auf Kosten des Steuerzahler leben darf – und der Sohn des Abgeordneten, die sich inzwischen ohne jede Skrupel die Taschen füllen, wo es nur geht.

Die Folgekosten dieser Vernichtungsorgie trägt wieder der Steuerzahler.

Und wie reagiert der Staat auf diese skandalösen Zustände – jetzt mal von Diätenerhöhungen abgesehen?

Mit Folter. Dies Wort fiel jedenfalls im Europäischen Parlament im Zusammenhang mit der Arbeit deutscher Jugendämter (siehe Archeviva), die weniger das Mobbing durch Söhne der Funktionselite der Reichen im Auge haben, als das Geschäft mit den Kindern. Ins Auge gefasst wurde dort die Praxis der „Inobhutnahme“ auffälliger Kinder – eine Praxis mit rasanten Steigerungsquoten (siehe t-online):

„2013 haben die Jugendämter 42.123 Kinder aus ihrer Familie geholt. Das waren fünf Prozent mehr als im Vorjahr und sogar 64 Prozent mehr als 2005 zuvor, wie das Statistische Bundesamt mitteilt.“

Der Staat stürzt die Familien in Armut, die Kinder bekommen dadurch Entwicklungsstörungen, als Folge nimmt der Staat den Familien die Kinder weg – anstatt sie aus der Schule zu  nehmen, wo ihnen die meiste Gewalt widerfährt. Das ist uns dann auch richtig viel Geld wert (siehe ARD):

„Der Markt der stationären Einrichtungen wächst und ist lukrativ. Ein einziger Platz in einem Heim kostet die Kommunen im Jahr rund 50.000 Euro. Doch ob dieses Geld wirklich zum Wohl der Kinder und Jugendlichen verwendet wird, wird kaum überprüft: Den Jugendämtern fehlt die Zeit und ihre Eltern sind dazu nicht in der Lage.

Wenn junge Menschen über Missstände in ihren Einrichtungen klagen, dann wird ihnen wenig Gehör geschenkt. So gerät das Heer der freien Jugendhilfeträger – darunter Privatunternehmer, Verbände, gemeinnützige Vereine – selten ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Doch nicht allen geht es allein um das Wohl der ihnen anvertrauten 140.000 Kinder und Jugendlichen. Längst ist die Jugendhilfe auch ein großes Geschäft geworden.“

50000 Euro im Jahr – für ein einziges Kind, dass man den Eltern wegnimmt. 938 Euro bekommt die Familie in diesem ganzen JAHR für die Ernährung des Kindes – aber der Kinderraub ist uns das Fünfzigfache wert. Abartig ist gar kein Ausdruck für diese Entwicklung.

Es sterben dreimal soviel Kinder durch die Inobhutnahme wie durch den Straßenverkehr – Zahlen, die man kaum begreift. Während die Zahlen der im Straßenverkehr getöteten Kinder ständig abnimmt (2013 waren es 58 – siehe Destasis) liegt die Zahl der Kinder, die unter Aufsicht des Jugendamtes sterben, bei 150 im Jahr (siehe Archeviva).

Wie wäre es mal mit einem Einzelfall, der illustriert, wie deutsche Jugendämter mir z.B. wegen Übergewichtigkeit gemobbten Kindern umgehen? Die Süddeutsche hatte mal einen veröffentlicht (siehe süddeutsche Zeitung):

„Vier Jahre ist es her, dass das Kreisjugendamt, dass Frau Schmidt, deren Namen in diesem Text ebenso wie Svens Nachname geändert ist, in sein Leben eingegriffen hat, ihn erst zwei Monate in die Psychiatrie nach Erlangen einwies und dann drei Monate in ein Heim. „Durch fehlerhafte und amtspflichtwidrige Aufgabenerfüllung des Beklagten im Bereich der Jugendhilfe“ sei Sven in seinen Freiheitsrechten verletzt und in seiner seelischen Gesundheit schwer geschädigt worden, heißt es in der Klageschrift“

Wir jagen und vernichten die Opfer und mästen die Täter. Wir drangsalieren die Eltern, geben Millionen aus für eine Behörde, die die Eltern jagt und wenn die Familie den Druck nicht mehr aushält, geben wir noch mehr Millionen aus, um die Kinder zu rauben und sie in noch erbärmlichere Zustände zu bringen. 42132 Kinder mal 50000 Euro … das sind über 2 Milliarden Euro. Die allein aufgeteilt auf 2,6 Millionen Kinder würde finanziell vom Staat abhängigen Familien des Leben schon etwas erleichtern, das Mobbing reduzieren.

Aber: wer will das schon. Das Milliardengeschäft mit geraubten Kindern ist auch für Mitarbeiter des Jugendamtes sehr einträglich, die die FAZ berichtet:

Um das Jugendamt Gelsenkirchen bahnt sich ein Skandal an: Zwei Leiter sollen Heimkinder nach Ungarn geschickt und damit Geld verdient haben. Das ARD-Fernsehmagazin „Monitor“ hatte am Donnerstag berichtet, die Jugendamtsleiter hätten Kinder aus einem Gelsenkirchener Heim wegen angeblicher Überbelegung in eine Einrichtung in Ungarn geschickt. Dafür hätten sie 5500 Euro pro Kind und Monat vom Staat bekommen.

Die reichen Funktionsträger des Staates leben sehr gut vom Verkauf der Kinder ins Ausland – wer hätte je gedacht, dass solch ein Satz jemals in der Bundesrepublik Deutschland formulierbar wäre.

2015 ist er Realität geworden … und bedroht die Existenz von 2,8 Millionen Kindern, die infolge ihrer staatlich gewollten Armut systematischem Mobbing zum Opfer fallen, Mobbing durch Kinder von Eltern, die nicht mehr Geld verdienen … aber viel mehr Geld bekommen. Meistens mehr, als sie wirklich verdient hätten. Viel mehr.

2015 ist Realität geworden, dass der Staat Krieg gegen seine eigenen Kinder führt – ich scheue mich angesichts der ungeheuren Zahlen nicht, von einem Vernichtungsfeldzug zu reden … auch wenn es sicher Elemente im Lande gibt, die meinen, „vernichten“ können wir auch noch auf ganz andere Art und  Weise.

Stimmt – das ist in diesem Land auch schon mal durchexerziert worden. Da können wir uns also … auf Traditionen besinnen.

Achtung, Warnmeldung! Weitere Zumutungen optimistischer Politiker drohen: die Agenda 2030 und die Vernichtung des Euros.

eifelphilosoph_200

eifelphilosoph_200Dienstag, 26.8.2007. Eifel. Man stolpert bei der Zeitungslektüre gelegentlich über seltsame Aussagen – wie jetzt aktuell in der FAZ, wo es über die Agenda 2030 oder die Agenda 2040 geht – man war sich da nicht so sicher.  Zu Wort meldet sich ein CDU-Politiker mit einer recht eigentümlichen Anschauung:

„Das Land befindet sich zu sehr im Wohlfühlmodus, keiner will den Menschen etwas zumuten“.

Weiß nicht, ob Ihnen dabei auch leicht übel wird – immerhin spricht dort ein Arbeitsloser, ein Mensch, den wir mit unserem Geld von der Last der Erwerbsarbeit befreit haben, um Verwaltungsaufgaben für uns zu übernehmen: und als Dank dafür möchte er an weiteren Zumutungen arbeiten, beschwert sich darüber, dass es dem Land gut geht.

Nun – „Deutschland geht es gut“ – so lautet ja auch die Devise der Bundeskanzlerin, und ich bin dankbar, dass das Handelsblatt jetzt endlich darauf hinweist, dass dieser blindwütige Optimismus einfach nur eine Lüge ist – bzw eine Einstellung, zu der JEDER Bundeskanzler durch sein Amt verpflichtet ist (siehe Handelsblatt). Es heißt nicht umsonst, dass ein Fisch vom Kopfe her stinkt – und Wolfgang Münchau vom Spiegel verfolgt den Gestank bis in die Reihen der Ökonomen (siehe Spiegel):

Fast immer daneben, fast immer zu optimistisch: Die meisten Konjunkturprognosen sind Lachnummern. Ökonomen wissen nicht mit Dynamischen Systemen umzugehen. Höchste Zeit, sie zu ersetzen.

Klare Worte. Was fehlt, ist die Forderung, auch die Optimismuströten im Kanzleramt und Bundestag durch Realisten zu ersetzen. Wer nur seinen verträumten Optimismus im Kopf hat, der muss in der Tat seinen Bürgern einiges zumuten, um die Lücke zwischen Vorstellung und Wirklichkeit zu ersetzen. Und zugemutet wird ihnen ja genug: sogar Sylt, einer der Orte Deutschlands, wo sich Geld mit Gewalt ballt, verzeichnet einen steigenden Zulauf zur Tafel (siehe Hamburger Abendblatt), jenen Orten, wo Geschäfte infolge einer gezielten Beratung durch McKinsey ihre Entsorgungskosten minimieren, in dem sie den Abfall an Bedürftige verteilen (wir berichteten).

Reicht das nicht an Zumutung?

Nein. Natürlich nicht. Erinnern wir uns an die Agenda 2010 – bevor wir über die Agenda 2030 oder 2040 reden. Sie wirkt ja auch heute mit gleicher Gewalt und verändert das Gesicht des Landes. Aktuell verbietet die Polizei Proteste vor Jobcentern (siehe gegen-Hartz), ein weitere denkwürdiger Angriff auf die Meinungsfreiheit in Deutschland. Als einziges Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bleibt den optimistischen Experten der Griff zur Gewalt, weshalb Oberst Weise, Kommandant der Bundesagentur für Arbeitslosendisziplinierung, auch die Sanktion als höchsten Segen moderner Arbeitsmarktpolitik preist (siehe gegen-Hartz): auch so eine Zumutung, allerdings eine der intellektuellen Art – das Druck nur Gegendruck erzeugt, aber niemals zur Änderung der intrensischen Motivation taugt, weiß jeder Versicherungsvertreter, doch in Amts- und Regierungsstuben ist dieses Niveau noch lange nicht erreicht.

Kein Wunder dass es beständig neue Meldungen über Sanktionsrekorde in Deutschland gibt (siehe Leipziger Internet Zeitung): der Arbeitslose muss die Fehler der Politik, die sich nur allzu gern an die viel zu optimistischen (sprich: FALSCHEN) Prognosen der Wirtschaftswissenschaft bindet, persönlich ausbaden: findet er die nicht vorhandenen Jobs nicht, wird er dafür bestraft. Für den gesunden Menschenverstand eine Zumutung – aber „Zumutung“ scheint ja auch des primäre Ziel der politischen Kaste zu sein, die große Herausforderung im Wettlauf der Parteien: wer schafft es, dem Volk in kürzester Zeit mehr zuzumuten? Der Sieger bekommt einen Vorstandsposten in einer Rüstungsfirma – nein, das war jetzt sicher zu fies gedacht.

Aber hat sie nicht enorm viel gebracht, diese Agenda? Jubeln nicht die gleichen Experten, die mit ihren Prognosen immer daneben liegen, gerade ob der großen Erfolge des großen Entwurfes?

Nun – die schieben sich die Irrläufer gegenseitig ein Eigenlob in die Tasche. Menschen, die für ihr Geld noch richtig arbeiten müssen und nicht fürstliche Bezüge von Vater Staat kassieren, dürften das anders sehen – aber auch einige Experten müssen nüchtern feststellen, dass die Reform ihre Kernziele nicht erreicht hat (siehe hartziv.org):

Aus den Hartz IV Reformen resümiert die Untersuchung eine Verschlechterung der Funktionalität des Arbeitsmarktes. Durch die Einschüchterung, in die Grundsicherung zu fallen, seien Arbeitnehmer bereit, auch schlechtere Bedingungen wie geringere Einstiegslöhne in Kauf zu nehmen – die für bereits Beschäftigte unattraktiv waren. Dies hat auch zur Folge, dass sich Arbeitgeberwechsel für Beschäftigte demnach nicht lohnen.

Ja – Hartz IV war gar kein Schlag gegen die „Sozialschmarotzer“ und „Parasiten“: jenen, die schon immer von Sozialhilfe gelebt haben, ging es danach besser denn je – wenn ich den Informationen von langjährigen Sozialhilfebeziehern glauben darf. Es war zuerst ein Schlag  (und eine Zumutung) gegen ALLE Arbeitnehmer – und gegen kleinere Selbständige.

Alan Posener berichtete in der Welt von den absurden Zuständen, die Deutschland aktuell zu einem Narrenhaus werden lassen – wie zum Beispiel die Geschichte über den mit einem befristeten Vertrag bei der Bundesagentur für Arbeit ausgestatteten Anwalt, dem richterlicherseits empfohlen wird, doch nach Ablauf des Vertrages Fachanwalt für Hartz IV zu werden und selber so lange Hartz IV zu beziehen, bis er genügend Kunden hat, die gegen die Bundesagentur klagen – und an denen sei kein Mangel (siehe Welt).

Ja – zwischendurch gehören auch Akademiker zur Unterschicht – auch eine Zumutung und ein Zeichen dafür, dass „Wirtschaft“ und „Politik“ das Ruder völlig aus der Hand läuft und wahrscheinlich auch der Grund, weshalb deutsche Professoren die materielle Vernichtung der Unterschicht fordern. Vernichtung? Nun ja, wenn ein deutscher Professor die Einstellung der staatlichen Leistungen nach fünf Jahren fordert (die endgültige Totalsanktion, sozusagen, siehe FAZ), dann sehe ich Berge von verhungerten Menschen vor mir: die Tafeln werden das nicht auffangen können. Aber so sind sie halt, die Experten: je mehr man ihnen selbst zuviel an staatlicher Unterstützung zahlt, umso wilder und wirrer werden ihre Phantasien. Ein- zwei Jahre Straßenbau als Arbeitsurlaub wären da vielleicht mal ganz hilfreich, um das Professorengehirn mal wieder auf die Erde zurück zu holen.

Der Sozialverband Deutschland hat nun folgerichtig Bilanz gezogen (siehe Saarbrücker Zeitung)

Zehn Jahre nach Einführung der Hartz-Gesetze müsse man eine fatale Bilanz ziehen, sagte Verbandspräsident Adolf Bauer. „Dieses System ist eine soziale, ökonomische und moralische Bankrotterklärung.“

Ich würde noch hinzufügen: eine intellektuelle Bankrotterklärung ist sie ebenfalls. Ebenso eine demokratische – und politische, erst Recht, wenn man sieht, dass andere Zumutungen innerhalb der Politik kaum wahrgenommen oder billigend in Kauf genommen werden: dass EU-Kommissare für vier Monate Arbeit je 500 000 Euro kassieren, findet niemand anstößig (siehe Spiegel), erklärt aber, warum Bundeskanzler zum Optimismus verpflichtet sind – rationale Haushaltsführung ist angesichts solcher Phantasiegehälter nur mit intensiven Hoffen auf zukünftigen Geldsegen zu gewährleisten.

Nun – von erlebbarer Armut sind jene Politiker, die jetzt wieder von „Zumutungen“ träumen, weit entfernt. Ihre Diäten sind jetzt gerade saftig angehoben worden – auch ein Grund, warum Politik nichts ändern wird: im Kampf reich gegen arm wechseln auch linke Politiker schnell die Seiten, wenn sie Diätenreich werden. Ein paar schnelle linke Worthülsen noch aus der Hüfte geschossen … das war es dann aber auch schon mit dem Engagement, immerhin steht man jetzt auch auf der Seite jener, die sich um optimale Geldanlagen kümmern müssen – anstatt zu jenen, die am Ende des Geldes noch viel Monat übrig haben.

Aktuell verblüffen Geschichten über die armen Städter das Land, der interssanteste Artikel dazu stammt aus dem Handelsblatt. Er erläutert uns auch die Zumutungen, mit denen wir leben müssen:

2014 lag die Armutsgefährdungsschwelle für einen Alleinstehenden bei 870 Euro. Rechnet man Sätze für Miete und anderes hinzu, liegt der Hartz IV-Satz eines Singles bei 651 Euro und damit unter der Armutsgefährdungsschwelle.

Der Grundgedanke des Sozialstaates war mal, Armut zu verhindern. Jetzt muten Politiker jene, die durch die von ihnen gestaltete Wirtschaftspolitik den Anschluss verloren haben, per Gesetz Armut zu – als Pauschalsanktion, die noch verschärft werden kann.

Was drohen denn dann noch für weitere Zumutungen, wovon träumen denn die mit dem staatlichen „Rundum-sorglos-Paket“ vollgefütterten Daueroptimisten und Realitätsverdränger noch? Die reichsten Gemeinden in Deutschland verzeichnen nach diesem Artikel noch 8,6 % Arme, die großen Städte ÜBER 25 %!

Aber: erschrecken sie nicht zu sehr über diese Studie, sie zeigt nur eine Perspektive auf, berücksichtigt nicht, dass Arme auf dem Land ein Auto brauchen, weil die menschenfernen Konzentrationsprozesse der „Wirtschaft“ die Nahversorgung vernichtet haben.

Während „der Arbeitslose“ als „Volksfeind Nr 1“ beständig neuen Zumutungen ausgesetzt werden soll, beschäftigt sich scheinbar kaum ein Politiker mit den finsteren Wolken am Horizont, die die ganze Eurozone bedrohen. Man jubelt über steigende Börsenkurse (während über einen Kurssturz von 10% kaum gesprochen wird: Optimisten unter sich verdrängen so etwas gern), kümmert sich aber nicht um die Ursachen – also die Entscheidungen optimistischer Politiker auf der Grundlage optimistischer Wissenschaftler. Hier offenbart ein Blick hinter die Kulissen gruseliges: die Börse steigt nur auf Grund eines „Draghi-Effektes“ (siehe Handelsblatt). Die EU will die Inflation ankurbeln (und damit die Armen noch Ärmer machen), in dem sie die Reichen noch reicher macht.

Wir erfahren auch, von welchem Volumen wir da sprechen: 1 Billion Euro sollen in die Märkte gepumpt werden . Gleichzeitig erfahren wir, dass die Spekulanten der Wallstreet den Euro massiv unter Beschuss nehmen wie nie zuvor: kein Wunder – was so in Massen gedruckt wird, kann keinen Wert mehr haben (siehe Welt). Kurz darf einem hier einfallen, dass Draghi auch ein Ex-Mitarbeiter einer großen Wall-Street-Bank ist und hier vielleicht bald wieder eine blühende Zukunft vor sich sieht.

Eine Billion Euro. Darf man kurz träumen? Darf man kurz überlegen, wieviel jeder EU-Bürger von dieser Summe hätte, wenn man sie ihm persönlich auszahlen würde – als Konkunkturspritze für die Realwirtschaft? 500 Millionen Bürger haben wir in der EU. Das macht 2000 Euro pro Bürger. Würde man das Geld in Arbeislose investieren (anstatt die mit diesem Geld zu bekämpfen), könnte man eine Mordsrendite von 60 Prozent einfahren: jeder in Arbeitslose investierte Euro kommt mit 1,60 Euro Wertschöpfung zurück (wir berichteten). Stattdessen investiert man dieses Geld in Aktienbesitzer, die dadurch völlig ohne Arbeit noch viel reicher werden.

Gleichzeitig arbeitet man gezielt an der Vernichtung des Euro, der beständig an Wert verliert. Das verteuert die Importe für die armen Leute, verbessert aber die Ertragslage der großen, exportierenden Firmen, deren Waren im
Ausland immer günstiger werden und deren Gewinne dank Lohndumping ins Unermessliche steigen.

Reicht das noch nicht an Zumutungen?

Nein. Wie ein aktuelles Interview nahelegt, hegen und pflegen wir in Europa immer noch „Zombiebanken ohne wirklichem Geschäftsmodell“, die jederzeit eine neue Finanzkrise auslösen könnten (siehe Spiegel).

Dafür ist Geld da.

Kein Wunder, dass Politiker von weiteren Zumutungen träumen. Die werden ganz von allein kommen, will mir scheinen – und wenn nicht, wird die Politik noch einen draufsetzen, anstatt eine realistische Wirtschaftspolitik zu betreiben.

„Deutsche Politik im aktiven Kampf gegen den Wohlfühlmodus der Bevölkerung“ – wäre auch ein schöner Titel gewesen. „Den Nutzen des Volkes zu mehren, Schaden von ihm abzuwenden“ war gestern, „nutzloses Volk auszumerzen und Schaden durch Zumutungen zu verursachen“ scheint das aktuelle Programm zu sein, das nach der aus reiner Dummheit erfolgenden Vernichtung des Euros den Ton angeben wird.

Und mit der Agenda 2050 werden dann chinesische, thailändische und malaysische Produzenten gesucht, die bei uns ihre Hemden billig nähen lassen wollen, während UN-Hilfsorganisationen die deutschen Städter vor dem Verhungern retten.

Kein Wunder, dass angesichts solcher Aussichten der platte Realismus gerade nicht angesagt ist und wir stattdessen lieber die Utopie „Schlaraffenland“ herbeiphantasieren: Optimismus ist deutlich besser für die Nerven und unterdrückt jede notwendigen Handlungsimpulse: „Wird schon alles gut gehen“.

 

 

Brief eines Leistungsträgers an die Regierung: wie motiviere ich meine Kinder?

Brief eines Leistungsträgers an die Regierung: wie motiviere ich meine Kinder?

Dienstag, 12.11.2013, Eifel.

Liebe Bundesregierung.

Heute ist wieder einmal ein Morgen, an dem ich mich nur mit sehr heftigen Schmerzen bewegen kann. Der Grund ist einfach zu benennen: Rücken. Genauer gesagt, fehlen Bandscheiben im Lendenwirbelbereich. Wie alle anderen Leistungsträger auch habe ich alles gegeben, 1 000 000 Kilometer Autobahn (und viele Flugkilometer nebenbei – aber die waren nicht so schädlich, jedenfalls nicht für mich) habe ich in fünfzehn Berufsjahren hinter mich gebracht. Mir hat das nicht gefallen, obwohl ich gerne gereist bin: mir war jederzeit bewusst, dass ich der Umwelt keinen Gefallen damit tue. Aber: Arbeit muss ja sein.

Mit dieser Aussage renne ich bei Ihnen wahrscheinlich offene Türen ein, immerhin haben Sie die gesamte, mühsam gestaltete Sozialgesetzgebung so gestaltet, dass Arbeitslose mit Enteignung, Einschränkung der Bürgerrechte und öffentlicher Schmähung durch Staats- und Wirtschaftsfunk für ihren Frevel bestraft werden. Ich habe innerhalb von zehn Jahren mein Gehalt vervierfacht, mehrere Karrierestufen hinter mich gebracht, hatte ein sechsstelliges Gehalt in DM – und Euro und vor allem: Arbeitszeiten bis zu 120 Stunden die Woche. Manche Kollegen haben diese Belastung nicht überlebt. Es gab Tage, da habe ich mit einem einzigen Anruf eine Million Euro Umsatz gemacht: wenn ich mich Recht entsinne, definieren sie so den Leistunsträger, weshalb ich mich einfach mal als ein solcher vorstellen möchte, weil ich ja weiß, dass wir der Regierung liebstes Kind sind.

Momentan kann ich mich wieder nur mit Trippelschritten bewegen, alles andere führt zu Schmerzen gegen die Zahnweh ein Witz ist. In guten Zeiten kann ich nicht lange gehen, sitzen oder stehen, oft muss ich mich hinlegen, um meine Rückengymnastik zu machen und die eingeklemten Nerven wieder aus dem Würgegriff der Knochen zu befreien. Die Wohnung kann ich heute nicht verlassen – sind halt gerade keine guten Zeiten – werde den Tag wieder liegend verbringen müssen.

Nun – ich will nicht groß klagen. Mir geht es viel besser als meinen Leidensgenossen. Einen kenne ich persönlich, er ist 39 Jahre alt und völlig verzweifelt, ist ans Jobcenter angebunden, schreibt viele Bewerbungen und ist im Prinzip genauso unvermittelbar wie ich. Der Unterschied zwischen ihm und mir? Ich erhalte als letzter Jahrgang eine kleine Berufsunfähigkeitsrente, die Sie für die Jahrgänge nach mir einfach abgeschafft haben. Ich kann mich gut hineinfühlen in die Lebenssituation meines Kollegen, der sich wie ein kerngesunder Mensch bewerben und bewähren muss, obwohl er seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Ausführung der eigenen Körperbewegungen richten sollte: ist man hier auch nur einen Moment unachtsam, befördert man Lasten von mehr als 2 Kilogramm Gewicht, so kann es sein, dass man schnell am Boden liegt, weil einem die Beine weggebrochen sind. Ein schwerer Wintermantel stellt da schon ein Risiko dar.

Wie sie sehen, bin ich Ihnen sehr dankbar für die kleine Leibrente, da ich ein zurückgezogenes, vergeistigtes Leben immer sehr geschätzt habe, komme ich auch mit der Ausgliederung aus der Konsumgesellschaft gut zu recht und bin auch dankbar dafür, dass ich mein Wahlrecht noch behalten durfte.

Und doch habe ich ein Problem.

Ich habe Kinder. Sechs davon kennen ihren Papa nur als Arbeitstier, aber sie haben auch erlebt, was man sich alles leisten kann, wenn man arbeiten geht. Das ist ja auch richtig: es war Wunsch der Bundesregierung, dass alle sehen können, dass Leistung sich wieder lohnt.

Doch nun, liebe Bundesregierung, habe ich ein Problem. Obwohl ich – neben vielen anderen Abschlüssen – auch ein pädagogisches Studium sehr erfolgreich beendet habe, komme ich nicht umhin, zuzugeben, dass meine Kinder mein Leben als Botschaft begreifen:

Geht man arbeiten, wird man krank. Wird man krank, wird man arm und fortgejagt. Also geht man besser nicht arbeiten, damit man wenigstens gesund arm sein kann“.

In der Tat: ich würde viel dafür geben, gesund zu sein, kann also an dieser Stelle die Negierung von Krankheit gut verstehehn. Mein größtes Hobby waren lange Wanderungen durch die einsamen Moore Belgiens, ein Tag im Moor ersetzt leicht eine Woche Urlaub auf den Malediven. Nun darf ich nur noch in Begleitung wandern – oder mit Handy. Da es im Moor keinen Empfang gibt (diese Belgier! Noch nicht mal das kriegen sie hin!), ist diese Option für mich nicht lebbar. Aber was soll es: da jeder Schritt gewöhnlich von unterschiedlich starken, stechenden Schmerzen im Lendenwirbelbereich begleitet wird, ist das Wandern eh´ keine Freude mehr.

Nun – wie gesagt: ich will nicht klagen. So ein zerbröselter Zustand ist gut und nützlich, um sich mit seiner Sterblichkeit endgültig zu versöhnen: der Zeitpunkt, der ein absolutes Ende der Schmerzen und des elenden Leides bedeutet, rückt jeden Tag einen Tag näher heran, ohne dass man etwas dafür tun muss – das erfreut einen jeden Tag ein klein wenig mehr.

Was aber mache ich jetzt mit meinen Kindern? Immerhin weiß ich, dass Eltern in erster Linie durch ihr Vorbild erziehen, weniger durch Worte. Welche Worte soll ich denn auch noch wählen, um hier motivieren zu können? Auch wenn es jetzt übel klingt: meine Leistung hat dazu geführt, dass meine Kinder Leistungsverweigerer werden – und obwohl ich Sonderschulungen für Motivation und Führung erhalten habe, fehlt mir da völlig der Ansatzpunkt. Besser wäre es gewesen, ich wäre mein Lebtag lang arbeitsloser Alkoholiker gewesen – so wäre ich wenigstens ein schlechtes Beispiel, dass den Kindern im eigenen Leben einiges hätte ersparen können. So jedoch bliebe mir nur die Drohung mit Hunger, Obdachlosigkeit und zukünftigem Arbeitslager – doch derartiges Arbeiten entspricht nicht meinen beruflichen Fortbildungen.

Kein Konzern arbeitet mit Strafen als Motivationsinstrument, dort verlegt man sich lieber auf Bonuszahlungen – die es oftmals auch gibt, wenn gar kein Erfolg der Arbeit zu sehen ist: zur Not greift einem ja der Steuerzahler unter die Arme.

Für Bonuszahlungen kann ich trotz bescheidener Lebensführung kein Budget mehr einrichten – wie Sie vielleicht nachvollziehen können.

Es ist auch nicht nur die Armut durch Krankheit, die meine Kinder zu ihrer Einstellung führt – hier kommen sie eher nach ihrem Vater und schätzen den einfachen, rustikalen Lebensstil des Eremiten – es ist das völlig Fehlen der Würdigung der erbrachten Leistung, das Erkennen, dass Einsatz und Leistunsbereitschaft völlig nutzlos sind, weil am Ende nichts übrig bleibt außer Schmerzen und der Versuch der Entwürdigung – ganz unabhängig davon, dass man jahrzehntelang überdurchschnittlich viele Beiträge in alle nur denkbaren Kassen geleistet hat, von denen sehr viele heute noch sehr gut leben. Wo gibt es noch etwas Dankbarkeit für die vielen DM und Euro, die man für den Staat, für die Gemeinschaft erwirtschaftet hat – in meinem Falle sogar echter Reingewinn durch Rückführung der Umsätze ausländischer Konzerne in deutsche Steuerkassen?

Man könnte auf die Idee kommen, dass es besser gewesen wäre, Soldat geworden zu sein um im Ausland völlig fremde Menschen zwecks Rettung der von den Taliban unterdrückten Drogenproduktion zu erschießen – dort bekommt man für eine Verwundung wenigstens einen kleinen Orden, ist ein Held. Wird man krank durch Arbeit, ist man …. böse?

Nun – ich will aber nicht für mich sprechen – mir geht es um die Kinder.

Ich plage mich nun seit acht Jahren mit dem Problem der Motivation herum, stelle jetzt aber – dank eindringlicher Studien auf Facebook – fest, dass ich nicht allein mit dem Problem da stehe … nur geht es anderen noch viel schlechter als mir, der ich durch die kleine Rente sehr priviligiert bin, diese Priviligierung aber nutzen kann, mich öffentlich zu äußern. In diesem kinderarmen Land sind es Millionen von Kindern, die sehen müssen, wie die Lebensarbeitsleistung der Eltern im Falle von Alter und Krankheit mit Füssen getreten wird.

Ich weiß nun, dass Sie als Bundesregierung sehr beschäftigt sind. Beständig müssen mehr Posten für verdiente Mitglieder der Partei geschaffen werden, ständig steigende Bezüge verlangen nach gut überlegten Anlagemöglichkeiten, ebenso warten auf jeden Abgeordenten zehn Lobbyisten, um seinen Tag zu strukturieren und viele Unternehmen fragen einen als Vortragsredner an – was sich ja auch sehr angenehm in den eigenen Vermögenswerten widerspiegelt. Ich möchte aber die Hoffnung nicht aufgeben, dass Sie vielleicht doch ein wenig Aufmerksamkeit auf dieses Problem lenken, da es kein kleines ist.

Auf der Konzernebene kennt man es gut: die „innere Kündigung“ betrifft (je nach Studie) 24 – 90 % aller Mitarbeiter und richtet jährlich einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von 250 Milliarden an, dass sind 3 Billionen Euro seit 2001, dem Jahr, in dem Sie die winzige Berufsunfähigkeitsrente für alle gestrichen haben. Auf Konzernebene kann man das Problem auf vielerlei Arten angehen – und tut das auch. Schöne Weltreisen, coole Sachprämien, kleine persönliche Präsente – da ist vieles machbar, was vor großem Schaden schützt – und den Schaden kennt man genau: nicht wenige große Firmen sind durch mangelnde Motivation der Mitarbeiter in den Ruin getrieben worden.

Was aber wird aus dem Problem der „inneren Kündigung“, wenn es die Jugend eines Staates betrifft?

Sicher: Ihre Kinder sind auf einer Privatschule, deren „Ehemalige“ für jeden Absolventen eine Führungsposition in Politik und Wirtschaft frei räumen – doch diesen „Häuptlingen“ werden in Zukunft wohl die „Indianer“ fehlen.

Ich jedenfalls bin noch bemüht, auch meine Kinder zu Leistungsträgern dieses Staates zu machen, trotz meiner üblen Erfahrung mit diesem Status  – jedenfalls, wenn man ihn sich durch Arbeit verdienen muss. Jetzt gestehe ich aber: ich bin am Ende meiner Kunst angelangt. Darum wende ich mich nun direkt an Sie, denn immerhin haben Sie sich einer ganz besonderen Verpflichtung unterworfen:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Lösung meines kleinen Problemes vielen anderen Menschen helfen kann und somit geeignet ist, sehr viel Schaden von dem deutschen Volk abzuwenden – sogar Schaden in Billionenhöhe.

Mit besten Grüßen: Ihr Eifelpilosoph, Leistungsträger im Entsorgungszustand

 

 

 

Die letzten 100 Artikel