Politik

Dokumente deutscher Dämlichkeit: Montagsdemos – wer für Frieden ist, ist ein Nazi.

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Samstag, 19.4.2014. Eifel. Große Aufregung erhebt sich gerade in Deutschland. Ein wildes Getöse geht um in der Facebooklandschaft: Jutta Ditfurth entfreundet alle Facebookfreunde, die „KenJebsen“ gelikt haben. Ich weiß, dass hört sich an wie der Anfang von einem sehr schlechten Witz, ist aber Realität. Das kann man auch noch nachvollziehen. Seitdem Ken Jebsen (Künstlername) der Bundeskanzlerin einen Brief über „Nationalzionisten“ geschrieben hat, die „Israel besetzt halten“  (ich verlinke solche Gülle nicht, wer sich hier für das Original interessiert, muss selber arbeiten), kann der sich in meinen Augen auch eine Hakenkreuzarmbinde gönnen: ich bin diese hinterhältigen Versuche, Hitlers Judenmorde im Nachhinein schön zu reden oder vielleicht neue Judenprogrome (diesmal im Kampf gegen „Zionisten“, wie man den Juden als Eingeweihter heute nennt)  zu initieren, um sein Werk beenden zu können, endgültig leid.

Es ging aber nicht nur um KenJebsen – es ging auch um die neuen Montagsdemos. Wie der geneigte  Leser vielleicht mitbekommen hat, hat der Osterhase uns in diesem Jahr eine kleine Weltkriegsgefahr ins Nest gelegt. Deutsche Medien hatten schon 2013 beschlossen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin in breiter Front als unerträglichen Unhold darzustellen, der einfach nur – hach – unerträglich ist. So unerträglich, dass er eigentlich weg muss … aber das sagt man nicht gerne so deutlich. Da der selbst bei seinem Volk sehr beliebt ist und sich – anders als unsere Politiker – stundenlangen Fragenmarathons im TV stellt (siehe Spiegel) und sich somit demokratischer gebärdet als des politische Personal Deutschlands, geht das nicht so leicht … außer vielleicht durch einen kleinen Krieg?

Nun – diese Kriegsgefahr, dieses irrationale und unerklärliche Umschlagen der Politik des demokratischen Westens in völkerrechtswidrige Angriffskriege haben wir schon oft erleben dürfen – selbst dann, als die Friedensbewegung selbst an den Hebeln der politischen Macht drehen durfte: Bomben auf den Kosovo läuteten ein ganz neues Kapitel deutscher Außenpolitik ein – wie 1939-1945 lösten wir Konflikte (auch jene, die es ohne uns gar nicht gegeben hätte) wieder mit Bombenterror. Diesmal war es allerdings nicht der Hitler, diesmal waren es SPD und GRÜNE – was sich auch eher wie ein Witz anhört. Die haben auch nichts dazu gelernt, tönt doch der SPD-Außenminister gerade herum, dass er „Russland zum Krieg bereit“ sieht(siehe Welt), obwohl die Nato selbst die Journalistenlegenden über den angeblichen Großaufmarsch russischer Truppen in Zweifel ziehen (siehe Spiegel).

Nun entschieden sich einige Leute, zu Montagsdemos für den Frieden aufzurufen. Ich bekam davon nichts mit – so weitreichend scheinen die Aufrufe also nicht gewesen zu sein. Das erste, was ich davon mitbekam, war, dass man da nicht hingegen sollte, weil da auch „Rechte“ bei seien. Also: „böse Menschen“. Dabei ist „rechts“ zu sein im Prinzip nicht verboten – einfach mal die Merkel fragen. Aber natürlich: Antisemitismus hatte schon mal schlimme Folgen. Die Warnungen vor den „Rechten“ nahmen mehr und mehr zu, letztlich schlossen sich sogar die deutschen Leitmedien der Warnung an: Spiegel-online machte daraus ein ganz großes Thema und löste so elegant auch ein Phänomen der Gegenwart: die vielen kritischen Stimmen von Lesern (quer durch alle Medienformate) gegen die Putin- und Russenhatz in den deutschen Medien (nahezu ausschließlich vorgenommen von Absolventen privater „Journalistenschulen“ – was natürlich ganz unbedenklich ist) seien in einer Riesenverschwörung bei Facebook begründet. Eine Verschwörungstheorie – ja! Aber eine von den „guten“ – deshalb ist sie ok. Dort findet Antisemitismus statt, weil dort Antisemitisten sind – eine erstaunliche Schlußfolgerung. Antisemitismus findet in ganz Deutschland statt, sogar ein Mitherausgeber des Spiegel geriet schon in die Kritik: ist Deutschland deshalb ein judenfeindliches, antisemitisches Land zu nennen?

Es wurde sogar die ganz große Keule geschwungen: dort gibt es „Antiamerikanismus“. Seit wann ist „Amerikanimus“ selbstverständliche Pflicht in Deutschland? Sind wir Religion geworden? „Verschwörungstheorien“ tauchen dort auf, wie grausam. Etwa wie die über die Lüge der aus den Brutkästen geraubten Babys in Kuweit, die Massenvernichtungswaffen im Irak oder die außergerichtlichen Massenexekutionen ferngesteuerter US-Drohnen … oder etwa der völkerrechtswidrige Kosovokrieg der deutschen Edelgrünen? Oder etwa die Theorie, dass die NSA Deutschland abhört, als seien wir ärgste Feinde? Und – huch – es taucht auch „Esoterik“ auf. Ganz schlimm: die Mystik des Zen-Buddhismus, die Schriften von Platon und Pythagoras oder die schon von Krankenkassen bezahlte Akupunktur bedrohen wirklich die Grundfesten des zivilisierten Abendlandes. Inhaltslose Worthülsen, als „Argumentationsdusche“ aneinandergereiht gehören zu den grausigsten Methoden erfolgloser Staubsaugervertreter – aber vielleicht lernt man das ja gerade auf den privaten Journalistenschulen.

Und – wie bequem: so könnte man sämtliche (von mir inzwischen täglich gelesene, häufig sehr intelligente, witzige, freche) Kritik an der einseitigen (und bezahlten)Berichterstattung deutscher Edelfedern dem wiedererstarken des Nationalsozialismus in die Schuhe schieben. Nicht nur Putin ist Hitler, sondern jeder, der die USA kritisiert, ist ein Hitler (oder befindet sich in einer „pubertären, antiamerikanischen Nische“ – wie uns ein weitere Spiegel-Artikel erklärt, für den ich jetzt mal keine Werbung mache). Jeder, der für ihre Arbeit bezahlte Journalisten kritisiert oder eine andere Meinung als sie hat, ist ein Hitler. Wer bei Facebook mit Anonymus vernetzt ist, ist ein Hitler. Wer Facebookfreunde hat, die KenJebsen liken, ist ein Hitler. Wer keine Schwulen liebt, ist ein Hitler. Wer Vegetarier ist, ist ein Hitler. Wer für Tierrechte eintritt, ist ein Hitler. Wer gegen Zinsen ist, ist ein Hitler. Wr für die Occupy-Bewegung ist, ist ein Hitler. Wer gegen den Kapitalismus ist, sowieso.

So jedenfalls kommt es einem vor, wenn man die Hysterie erst halbwegs verdaut hat. Wird es dann ruhiger, wird es Zeit für Besinnung (übrigens auch eine Form von „Esoterik“, als Meinungsbildung auch eine Form von „Verschwörungstheorie“ … eine Worthülse, mit der inzwischen alle unabhängige Meinungsbildung in den Dreck gezogen wird, ohne das dies den pubertären Edelfedern überhaupt auffällt).

Man kann erschrocken darüber sein, dass die Montagsdemos von Faschisten unterwandert sind. Man kann erschrocken darüber sein, dass Medien, Polizei, Parteien, Sozialverbände und Kirchen von Nazis unterwandert sind – und ich selbst habe mir genug Ärger eingehandelt, in dem ich noch ein paar mehr gefunden habe.

Ich gehöre aber zu den Menschen, die erleben durften, dass linke Grüne gerne andere Länder bombadieren: ja, da habe ich auch an meiner Wahrnehmung gezweifelt. Für mich ist „links“ nicht mehr automatisch „gut“; seit der Einführung von Hartz IV (und der immer halbherzigeren Kritik der „Linken“ daran) halte ich einige linke Strömungen in Deutschland (zum Beispiel SPD und Grüne) für extrem anfällig für das Gedankengut um den Spruch „Arbeit macht frei“, der – ich hoffe, da liege ich richtig – mal richtig echt „rechts“ war. Jedenfalls stand er auf den Konzentrationslagern, in die man die Arbeitslosen gesteckt hatte.

Natürlich ist Antisemitismus schlimm: er steckt hinter 90% der aus Deutschland kommenden Israelkritik, die immer vergisst, dass es ohne Deutschland kein Israel gegeben hätte, wir (als Land) also die eigentliche Ursache für „Zionismus“ sind … und nicht unheimliche Weltverschwörer.

Natürlich ist auch der Missbrauch mystischen Gedankengutes schlimm – man sollte jedoch bedenken, dass die Abwehr hier leichter viele, gäbe es mehr Bildung zu dem Thema … und weniger unfundierte Meinung.

Bei den Montagsdemos bin ich aber jetzt den Idioten fast auf den Leim gegangen: wenn angesichts der aktuellen politischen Lage (in der schon deutsche Truppen an die Ostfront verlegt werden) Menschen sich für den Frieden auf die Straße stellen, dann IST ES EGAL, was sie sonst noch so denken. FRIEDEN – ist eindeutig ein höheres Gut als jene Werte, die einen den rechten Rand der Politik mit Argusaugen beobachten lassen. Es ist also VÖLLIG EGAL, was diese Leute von den Montagsdemos sonst noch so denken.

Erstaunlich – oder?

Im ersten Reflex war ich auch der Meinung: das ist ein Riesenpfui, da sollte man nicht hingehen.

Aber es geht hier um Frieden. Bricht der Krieg erstmal aus, ist für feingeistige Haarspaltereien politischer Kaffeehausrevoluzer kein Raum mehr, dann sterben Millionen unschuldiger Menschen einen grausamen Flammentod … und ich soll das begrüßen, nur weil da auch politisch Andersdenkende auftreten? Lieber Atombomben auf Nürnberg als Jürgen Elsässer als Vortragsredner? Ehrlich?

Die ganze Affäre – ein einziges Dokument deutscher Dämlichkeit. Hirnlose Phrasendrescher versuchen Politik zu machen … vielleicht ist das die einzige funktionierende Erklärung für die Entsendung deutscher Soldaten in den Kosovo durch die Politiker der Friedensbewegung.

Und Jutta Ditfurth? Veröffentlicht gerade fast täglich Bilder mit Hüten aus Alufolie. Soll wohl irgendwie lustig sein – ist wohl ein Witz für „Eingeweihte“. Ich erinnere mich da lieber an andere Aussagen von ihr, Aussagen, die man heute nicht mehr machen darf, siehe Cyberweiber

Was vielleicht auch andere Ursachen hat, wie Ditfurth andeutet: so gab ihr als Parteisprecherin nach erfolgreicher Bundestagswahl 1987 das US-Aussenministerium zu verstehen, man wolle sie „näher kennenlernen“, was sie als eine ihrerseits „äusserst unerwünschte“ Kontaktaufnahme der CIA verstand. Schliesslich wurde eine Vortragsreise Ditfurths in den USA genützt, bei der sie einmal vor einem „sonderbaren Publikum“ referierte – unter anderem VertreterInnen der Deutschland-Abteilung der CIA, von NATO- und US-Militär, von republikanischen Think-Tanks und State Department. Sie sprach NATO-kritisch über deutsche und US-Aussenpolitik und wurde dann von einem hohen Offizier „angebrüllt“: „ohne Zustimmung der USA hätte es die Grünen nie gegeben!“

Da würde man hellhörig werden uns sich fragen: wie groß ist der Einfluss der USA in Deutschland eigentlich? Da der Amerikanismus uns verpflichtet, alle Informationen, die die USA in ein schlechtes Licht stellen, zu ignorieren, fragen wir uns lieber gar nicht.

Die gleiche Affäre gibt es noch mal mit anderen Schwerpunkten, hier bei lightways aus dem Artikel „Zahltag, Junker Joschka“ von Jutta Ditfurth:

Etwa 1986 überbrachte man mir das Ansinnen des US-Außenministeriums, mich „näher kennenlernen“. Meine klare Abfuhr gefiel nicht, so nutzte man meinen Aufenthalt in Washington, wo ich auf Einladung einer Universität einen Vortrag über die deutsche Innen- und Außenpolitik hielt, für ungebetene Annäherungen. Es kam – unter Beobachtung der deutschen Abteilung der CIA – zu heftigen Auseinandersetzungen mit Vertretern des US-Militärs, des Außenministeriums und des Reaganschen Think-tanks: Ich griff z.B. die US-Außenpolitikin Nicaragua an und dieNato. Dennoch wurde ich aufgefordert, eine Studie über meine Partei zu erstellen. Ich lehnte ab, und mir wurde vorgehalten, daß zwei Grüne, einer davon Lukas Beckmann,ihre Arbeit bereits angeboten hatten. 

Also arbeiten führende grüne Politiker für die CIA? Darüber dürfen wir heute nicht mehr nachdenken, das wäre „Verschwörungstheorie“ – und wir wären damit Nazis.

Ich denke da an einen älteren Artikel des Schweizer „Tagesanzeigers“ aus dem Jahre 2009. Tum Curley, Chef der Nachrichtenagentur AP, war der Kragen geplatzt:

Die Bush-Administration hat das US-Militär in eine globale Propaganda-Maschine verwandelt. Tom Curley, Chef der amerikanischen Nachrichtenagentur AP, kann dazu nicht mehr länger schweigen. Am Wochenende referierte er an der Universität von Kansas vor Journalisten über den Druck des US-Verteidigungsministeriums auf seine Berichterstatter in Kriegsgebieten wie Irak oder Afghanistan. Sein Fazit: «Es wird langsam unerträglich.» Hohe Generäle hätten gedroht, dass man die AP und ihn ruinieren werde, wenn die Reporter weiterhin auf ihren journalistischen Prinzipien beharren würden.

Ist es jener Druck, der deutsche Journalisten im Jahre 2014 zum hemmunglos unkritischen Amerikanismus verdammt? Es lohnt sich, den Artikel weiter zu studieren:

Das US-Militär hat seine Propagandaabteilung gewaltig ausgebaut. Nichts wird unversucht gelassen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Laut AP-Recherchen verfügt das Pentagon über 27’000 Personen, die ausschliesslich für die Öffentlichkeitsarbeit (PR, Werbung, Rekrutierung) zuständig sind. Zum Vergleich: Das gesamte US-Aussenministerium mit Hillary Clinton an der Spitze beschäftigt rund 30’000 Personen. Die PR-Maschinerie des Militärs kostet die Steuerzahler jährlich 4,7 Milliarden Dollar. Seit 2004 sind die Ausgaben um 63 Prozent gewachsen. Wozu diese Mittel genau eingesetzt werden, bleibt meist geheim.

Nun – für die Beeinflussung der Berichterstattung in Deutschland braucht man keine 27 000 Leute. Da reichen ein paar Dutzend Chefredakteure – und schon wird aus Antiamerikanismus ein inoffizieller Straftatbestand.

Ob man die Grünen für den Kosowokrieg auch bezahlt hat?

Auf jeden Fall haben wir nun einen hinreichenden Grund dafür, zu erkennen, warum man ein Nazi ist, wenn man für den Frieden ist.

Oder einen Artikel wie diesen hier schreibt. So verrückt ist die Welt gerade wieder mal geworden.

Vielleicht brauchen wir aber wieder einen Weltkrieg, um zu verstehen, dass FRIEDEN wichtiger ist als die Gesinnung jener Leute, die zu einer Demonstration für ihn aufrufen. Und wem deren Meinung nicht passt, der kann ja mit demonstrieren und krude Geschichtsfälschungen im Dialog gerade rücken. Aber nur fernbleiben, alle als Nazis deklarieren und schon mal Namenslisten für stalinistische Säuberungen erstellen (ein anderes Hobby linker Facebookkommunisten), ist vielleicht zu wenig, um ein neues Kosovo zu verhindern.

Auch dort galt es, gegen Hitler zu Felde zu ziehen.

 



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