Finanzwirtschaft

Derivatenbombe – die Zündschnur brennt

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Zu Beginn eine schöne Zahl: 600‘000‘000‘000‘000. In Worten 600 Billionen. Wäre diese Zahl in Kilometer entspräche sie 63,16 Lichtjahren. Man wäre bei Glise 710 in der Oortschen Wolke im Sternbild Schlangenträger. Näher betrachtet findet man diese Zahl in unserem Körper. Wir bestehen aus ungefähr so vielen Zellen. Schaut man über seinen persönlichen Horizont und wechselt den Focus auf globale Ebene, dann findet man diese Zahl in verschiedensten Ecken der Finanzhochburgen. 600 Billionen ist die Menge an Dollars, mit der im globalen  Derivaten-Markt gezockt wird. Genau genommen sind es 638 Billionen und dies ist auch nur eine Schätzung, da niemand mehr nachvollziehen kann, wie viel oder besser gesagt, wie hoch wirklich gepokert wird. Einzelne Quellen sprechen sogar von 1.5 Billiarden US-Dollar. Das ist keine einzelne Blase, schon eher ein ganzes Schaumbad. Dem gegenüber steht ein irdisches BIP von ca. 60 Billionen. Der fiktive Wert wird somit mindestens 10x höher bewertet als man mit reeller Wirtschaft erreichen kann. Ad Absurdum wird diese Zahl wenn man sich bewusst macht, dass die Banken Derivat-Geschäfte nicht in ihren Bilanzen führen müssen. Dadurch kann das eigentliche Risiko dieser Geldblase nicht abgeschätzt werden. Zudem werden sie nicht oder selten an den Börsen gehandelt, sondern im direkten Kontakt der jeweiligen Händler. So etwas nennt man „Over the counter“. Eine Regulierung oder gar Kontrolle dieses Marktes ist daher fast unmöglich. Das zeigt auch die imposante Zahl von 75 Billionen Dollar, welche allein die Bank of America mit Derivat-Geschäften angehäuft hat (Stand Juni 2011).

 

Derivate?

Was sind eigentlich Derivate? Es sind Finanzinstrumente, deren Preis oder Wert von den künftigen Kursen oder Preisen anderer Handelsgüter, zum Beispiel Rohstoffe oder Lebensmittel, Vermögensgegenstände (Wertpapiere wie zum Beispiel Aktien oder Anleihen) oder von marktbezogenen Referenzgrößen (Zinssätze, Indices) abhängt. Der Begriff lässt sich nicht scharf abgrenzen und wird überwiegend als Sammelbegriff für Finanztermingeschäfte verwendet. Ebenso kann der Wert von der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses wie zum Beispiel eines Staatsbankrotts oder der Insolvenz eines Unternehmens abhängen. Es handelt sich hierbei um Verträge, in denen die Vertragsparteien vereinbaren, einen oder mehrere Vertragsgegenstände zu festgelegten Bedingungen in der Zukunft zu kaufen, zu verkaufen oder zu tauschen, beziehungsweise alternativ Wertausgleichszahlungen zu leisten.

 

Das Spiel geht weiter

Die Banken haben aus ihren Fehlern gelernt und ihre Finanzgeschäfte aus dem Focus der Öffentlichkeit genommen. Die Deutsche Bank bewertet ihre Derivate mit einer eigenen Risiko-Gewichtung. Das heisst, sie gibt selber an, wie hoch das Risiko ist. Leider hat diese Selbstbeurteilung den Nachteil, dass die Banken es nicht einschätzen, geschweige denn kalkulieren können. Das haben sie in der Vergangenheit schon eindrücklich bewiesen. Aktuelles Beispiel ist die Banca Monte die Paschi di Siena.  Sie galt als die älteste Bank der Welt, gegründet 1472. Den genauen Hergang dieses Desasters kann/will offiziell niemand erklären. Die verschworene Gesellschaft von Goldman Sachs, Mario Draghi und den Sozialisten von Siena hatten den Untergang eingefädelt, etliche Milliarden umverteilt und schlussendlich eine marode Bank dem italienischen Volk überlassen. Dieses darf sich über das Geschenk freuen und mit 3.9 Milliarden Euro an Steuergeldern wieder aufpäppeln. Ob sie das überhaupt wollen, ist wie immer irrelevant.

 

Die Bombe tickt

Derivate sind nicht nur für eine einzelne Banken gefährlich. Aufgrund der globalen Vernetzung der Geldinstitute, besser gesagt Abhängigkeit voneinander, zieht eine abstürzende Bank zugleich die Nächste in den Abgrund. Ein Dominoeffekt mit verheerender Wirkung. Warum?  Die Banken verkaufen ihre Risikopakete an andere Banken und diese schnüren neue Päckchen damit und verhökern diese wiederum an andere weiter. Wenn also eine Blase/Paket platzt, sind alle anderen mit betroffen. Wenn die Banken Verluste in Milliardenhöhe schon nicht selber ausgleichen können und der Steuerzahler als Notinfusion herhalten muss, dann stellt sich die Frage, wer dann noch Billionenbeträge berappen kann. Das übersteigt sogar die Möglichkeiten des solventesten Hartz 4-Empfängers.

Eine Regulierung dieses Marktes ist überfällig. Eine Einführung von Regeln wird sich natürlich verzögern. EU-Parlamentarier erwägen eine Resolution gegen neue Vorgaben der EU-Finanzmarktaufsicht ESMA, die 2013 eingeführt werden sollte. Zudem behindern Deutschland und Frankreich eine Kontrolle des Derivaten-Marktes. Das zwingt die ESMA neue Vorgaben zu erarbeiten, was eine weitere Verzögerung zur Folge hat. Diese „Hinausschiebetaktik“ hat den offiziellen Grund, dass Derivat-Investoren, die nicht aus dem Finanzgeschäft kommen zu wenig flexibel seien. Fluggesellschaften zum Beispiel, handeln mit Derivaten, um Schwankungen beim Kerosinpreis auszugleichen. Gründe findet man immer.

Solange keine Einsicht der Geldinstitute und/oder deren Verantwortlichen vorhanden ist, wird sich auf dem Minenfeld des Derivaten-Marktes nicht viel ändern. Sollte dann eine oder mehrere Banken in Schwierigkeiten kommen, wird sich das Minenfeld schnell als Streubombe entpuppen.

 

Quellen:

http://www.propagandafront.de/187570/usd-14-billiarden-derivate-monster-nicht-beherrschbar.html

http://www.wallstreet-online.de/nachricht/3528067-derivatezauber-75-billionen-us-bankkonzern

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/regulierung-strengere-regeln-fuer-derivate/7186738.html

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/01/31/derivate-erste-explosionen-im-umfeld-der-700-billionen-dollar-bombe/

http://de.wikipedia.org/wiki/Derivat_(Wirtschaft)

 



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