Montag, 17.10.2011. Eifel. Der Tag nach den weltweiten Protesten gegen die Bankster. Was hat sich alles geändert – nach den Protesten. Wie wichtig war es einfach mal auf die Straße zu gehen und zu zeigen, das man sowas von total dagegen ist, das das ganze Establishment vor Angst erzittert. Wahrscheinlich loben deshalb alle Politiker schon jetzt die Protestbewegung – jedenfalls bis heute, denn heute hat der Spiegel erstmal Fakten genannt: 99% der 99% blieben weltweit zu Hause. Nach dreissig Jahren Privatfernsehen und Neoliberalismus hätte man eigentlich auch nichts anderes erwarten können. Die wenigsten Bürger verstehen doch noch die Zusammenhänge internationaler Wirtschaft und Politik – und in Zeiten, wo jeder, der den Pressesprechern von Politik und Wirtschaft nicht vollstes Vertrauen entgegenbringt, als stinkender, geistig kranker, asozialer terrorverdächtiger Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt wird ist es sowieso nicht ratsam, öffentlich eine eigene Meinung zu haben. Wieso denn auch? Die Eliten werden schon wissen, was sie tun. Das wissen sie auch: abräumen im großen Stil. Das Handelsblatt liefert nun Details dazu:
Die Reichen werden reicher und es wird mehr von ihnen geben: Laut einer Studie über Dollar-Millionäre von Deloitte LLP wird deren Zahl allein in den Industriestaaten bis 2020 um zwei Drittel auf 55,5 Millionen steigen. In den Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien werde sie sich auf zehn Millionen verdoppeln. Handelsblatt Online zeigt die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung zeigt die für 25 Staaten, darunter auch Deutschland.
Ein Anstieg der Reichen um zwei Drittel – was meint ihr wohl, was das für euren Geldbeutel bedeuten wird? Autobahnmaut, Gardinensteuer, Spritpreis bei fünf Euro den Liter (für grüne Politiker mit Dienstwagen das Paradies), Butter bei drei Euro, Kilo Äpfel bei zehn. Mal die Zahlen für Deutschland anschauen? Hier, bitte schön, wir stehen auf Platz drei des internationalen Millionärsrankings:
2011: 3.485.000 Millionäre mit einem Gesamtvermögen von 5,14 Billionen US-Dollar
2020: 5.789.000 Millionäre mit einem Gesamtvermögen von 10,94 Billionen US-Dollar
Das heist: die Nichtmillionäre dieses Landes müssen innerhalb von neun Jahren 5,8 BILLIONEN DOLLAR aufbringen, um die Vergrößerung der Luxusarbeitslosenkaste finanzieren zu können. Das ist die logische Folge eines Geldkreislaufes als geschlossenes System: will ich eine Überversorgung in einem Bereich, bekomme ich Unterversorgung in anderen Gebieten.
Wenn wir fünftausendachthundert Millarden Dollar in neun Jahren aufbringen müssen, um die deutsche Millionärszüchtung voranzubringen, heist das für jeden von uns: in neun Jahren ist ein Beitrag von 72500 Euro zu entrichten, macht 8055 Euro pro Jahr und 22 Euro pro Tag. Auf den Tag umgerechnet … geht es ja sogar. An manchen Tagen könnte sogar ich meinen Beitrag bezahlen, Hartz-IV-Kinder mit 2,67 Euro pro Tag für Essen wären da schlechter dran: die müssten Schulden machen.
Machen sie ja auch – einfach mal die aktuelle Staatsverschuldung anschauen … die korrespondiert weltweit ganz gut mit dem Millionärsanteil der Bevölkerung. Da Millionäre ja nicht mehr arbeiten brauchen, sind diese Kinder schon jetzt zu lebenslanger Finanzknechtschaft verurteilt.
Man stelle sich mal vor, wir würden die Geldverteilung anders organisieren. Immerhin: ein Bürgergeld von 671 Euro ZUSÄTZLICH ZU ALLEN GERADE BEZOGENEN LEISTUNGEN – ob nun Rente, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Gehalt oder Alimente wäre locker finanzierbar. „Grundeinkommen ist unfinanzierbar“ ist eine zynische Lüge, die wir uns ab heute niemals mehr anhören müssen.
Oder man stelle sich vor, alle Millionäre würden einmalig 50 % ihres Vermögens zur Tilgung der Staatsschulden beitragen. Wäre ja auch nur vernünftig, denn ohne dieses Systems könnten sie diese großen Haufen nicht auftürmen. Wir wären sofort schuldenfrei und hätten sogar noch 500 Milliarden übrig. Kein Kind in Deutschland bräuchte mehr hungern.
Sorgen wir dafür, das der Anstieg in den nächsten Jahren nicht auf Privatkonten landet, könnten wir einer Familie mit zwei Kindern ein Grundgehalt von 2684 Euro bezahlen – zusätzlich zu allen anderen Leistungen. Arbeitslosigkeit, Armut und Prekariat wären Themen von vorgestern.
Warum das nicht geschehen wird? Nun … 40000 Menschen haben gestern bundesweit demonstriert. Denen stehen knapp 3,5 Beutemillionäre gegenüber, die das System ganz Klasse finden, weitere 2,2 Millionen sehen sich bald in Millionärskreisen angekommen. Schätzungsweise weitere zehn Millionen Menschen hängen indirekt an diesen Vermögen – als Journalisten, Friseure, Autohändler, Inneneinrichter, Architekten.
Kein Wunder, das in der Welt ein Journalist und Architekt ein „Ende der Trillerpfeifendemokratie“ fordert oder ein Joachim Gauck die Antikapitalismusdebatte unsäglich albern findet: beide verdienen sehr gut an dem System. Wovon ein Joachim Gauck eigentlich seit dem Jahre 2000 seine Anzüge bezahlt, bleibt fraglich. Wir wollen mal nicht davon ausgehen, das er schon mit 60 in Rente gegangen ist, während man vom Standardbürger verlangt, das er bis 67 knechtet. Immerhin – man kann ihn … wenn man Geld hat … als Redner mieten, bei der gleichen Agentur wie Lothar De Maiziere, Heiner Geissler, Norbert Blüm, Lothar Späth:
Ob Kunden- oder Mitarbeiterevent, Festveranstaltung, Kongress, Messe, Workshop, die intime Runde eines Kamingesprächs oder unterhaltsame Vorträge als Dinner speech – mit der langjährigen Erfahrung unser Referenten-Agentur unterstützen wir Sie bei der Wahl des richtigen Redners.
So sind Intimkontakte der reichen und mächtigen Menschen dieses Landes untereinander beständig möglich – vorausgesetzt, die Kasse stimmt. Deshalb – überzeugt mich die Kritik des Herrn Gauck nicht so richtig, aber ich gehe davon aus, das 15 Millionen Menschen in diesem Land das System ganz Klasse finden. Die werden jetzt den Gauck öfter mieten – und auch alle anderen, die in das gleiche Horn stoßen. Bedenkt man, das dieser monetäre Mob auch die Macht über Einstellungen, Gutachten, Gehaltserhöhungen, Arbeitsplatzabbau, Wochenarbeitszeit, Programmgestaltung, redaktionelle Arbeit in Zeitungen sowie über die Gestaltung von Steuern und Gesetze hat, wird klar, wie armselig das Häuflein von 40 000 ist, die am Samstag ihre Stimme gegen das System erhoben haben.
Das ist mal wieder: David gegen Goliath.
Auf jeden einzelnen Demonstranten in Deutschland kommen über 80 Millionäre – plus 240 Lakaien.
Wird jetzt klar, warum wir anderen bis 70 arbeiten müssen … und eine breite Front von Millionen von Millionären dies ganz Klasse findet und es mit viel medialer Wucht im Lande verbreiten kann?
Blicken wir nach Amerika, wird die Misere noch deutlicher, nochmal Handelsblatt:
2011: 10.541.000 Millionäre mit einem Gesamtvermögen von 38,6 Billionen US-Dollar
2020: 20.551.000 Millionäre mit einem Gesamtvermögen von 87,11 Billionen US-Dollar
Hier verdoppelt sich die Anzahl der Millionäre, während ihr Vermögen noch schneller wächst.
Bereits jetzt gehören den US-Reichen 42 Prozent des weltweit von Millionären besessenen Vermögens – der mit Abstand höchste Wert.
Jetzt sieht man vielleicht, warum die „deutsch-amerikanische Freundschaft“ so bedeutsam ist. Wir liegen auf Platz drei im Millionärsranking, Japan auf Platz 2, die USA auf Platz 1.
Und weil all das Geld für Millionäre irgendwo herkommen muss, hat diese Entwicklung schreckliche Folgen für viele viele Millionen Menschen, siehe Spiegel:
Der Wohlstand der Amerikaner sinkt dramatisch. Laut einer Gallup-Umfrage haben 19 Prozent kein Geld für ausreichend Nahrung. Brisant ist der Vergleich mit China – hier beklagen dies nur 6 Prozent. Auch andere Armutsindikatoren zeigen: Den US-Bürgern geht es immer schlechter, den Chinesen immer besser.
72500 Euro muss jeder deutsche Bürger zwecks Millionärszüchtung bis 2020 aufbringen. Man kann sich also selbst leicht ausrechnen, wo man 2020 finanziell steht. Was man nicht vergessen darf: die Hartz-Abhängigen haben ihr Vermögen schon jetzt aufgebraucht, sie und ihre Kinder (knapp 6 Millionen Menschen) werden sich am Millionärslotto nicht mehr beteiligen können, weshalb auf die anderen noch mehr Kosten zukommen.
Das dürfte dann das Ende für den deutschen Mittelstand bedeuten. Laut Spiegel merkt der das schon jetzt:
Deutsche Arbeitnehmer gehen immer häufiger wegen seelischer Krankheiten in Frührente – nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung sind Depressionen und Angststörungen der Hauptgrund für ein unfreiwilliges frühes Ausscheiden aus dem Beruf. Viele trifft das Leiden bereits vor dem 50. Lebensjahr.
Solche Erscheinungen sind kein Wunder. Wir rasen mit großer Geschwindigkeit auf einen Riesenabgrund zu, weil das System der Geldverteilung zugunsten einiger weniger auf Kosten vieler zu einer 20/80 Gesellschaft führt, von 20% unheimlich viel haben, 80 % dafür gar nichts.
Der Motor dieser Entwicklung – der Bankenclan – kann deshalb auch ganz öffentlich die Politik vor einer Kriegserklärung warnen, eine Warnung, die sich z.B. der Spiegel ganz offen anschliesst:
Geldhäuser zerschlagen, Zocker hart bestrafen: In seltener Eintracht knöpft sich die Politik die Finanzindustrie vor, selbst die FDP scheint sich mit der weltweiten Anti-Banken-Bewegung zu solidarisieren. Der Staat will so Stärke signalisieren, doch der neue Kurs ist populistisch – und riskant.
Natürlich ist das riskant. Unter den zwanzig deutschen Topverdienern 2009 beziehen allein acht ihr Geld direkt von der Deutschen Bank, siehe Statista.
Die bestbezahlten Berufe in Deutschland?
2007 waren es laut Wiwo Anwalt in einer Wirtschaftskanzlei, Unternehmensberater, Fondmanager und Investmentbanker. Alles „Täterjobs“. Die Weltwirtschaft in den Abgrund zu führen, wird sehr gut bezahlt.
Dafür ist Geld da.
Das die ständig steigenden Ansprüche der Finanzjongleure bezüglich Luxusversorgung im Halbgottbereich sich mit normalem Wirtschaften auf Dauer nicht mehr vereinbaren lassen, merken noch viel zu wenig Menschen – und mit welcher kriminellen Energie die Spitzen der Bewegung vorgehen, merkt man jetzt gerade wieder an den Umtrieben des Barons August von Finck junior – der Mövenpickfink, der diese unsägliche Steuersenkung für Hotels durch Parteispenden vorfinanziert hatte und an der Vernichtung von Karstadt beteiligt war, siehe Wikipedia
August von Finck junior hielt auch Anteile an einem Fonds-Konsortium, dessen überhöhte Mietforderungen der Warenhauskonzern Arcandor AG nicht mehr bedienen konnte und daher am 9. Juni 2009 Insolvenz anmelden musste.
Das „die Anleger“ bei diesem System allen Grund zum Juben haben, dürfte verständlich sein. Das Geld vermehrt sich wie von selbst … durch die vollständige Auslöschung des deutschen Mittelstandes.