Politik

Griechenland, Wirtschaftskrise und Verschwörungen

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Wir hatten ja jetzt Finanzkrise. Die sollte sehr schlimm werden, ist sie aber nicht geworden. Jedenfalls nicht in Deutschland. Wir haben nämlich so viele neue Schulden gemacht, das im Alltag niemand etwas von der Krise merken konnte … jedenfalls so lange nicht, bis die Schulden mal fällig werden. Fragt man nun, welche Ursache die Finanzkrise hatte, so bekommt man eine eindeutige Antwort: die Gier war es. Aktuell fällt der Gier gerade Griechenland zum Opfer, Portugal, Spanien, Irland und Italien, England, Frankreich und die USA sind schon im Fadenkreuz gesehen worden.

Es ist immer schön, wenn man einen Täter hat, den man klar benennen kann. So sind die Menschen eben. Hexe identifizieren, Hexe fangen, Hexe verbrennen: Fall gelöst, das Paradies ist nah. Geht auch mit Juden, Kommunisten, Zigeunern oder Arbeitslosen, notfalls kann man auch mal Bayern oder Polen nehmen. Einfach mal drauf achten, das Prinzip klappt auch bei Seuchen so: „DIE GURKE WAR ES!“ – und schon landen Nahrungsmittel, die reale Leben hätten retten können im Müll.

Seitdem wir die Gier als Täter identifiziert haben ist es deshalb auch recht ruhig geworden um die Ursachen der Krise. Leider … kann man die Gier nicht verhaften noch erschiessen, weshalb das Volk irritiert vor dem Fernseher sitzt.

Vielleicht mal Zeit, sich um den Täter zu kümmern – die Gier. Ich denke, das Wort braucht man nicht länger zu beschreiben. Jeder hat schon mal Zustände kennengelernt, wo er gierig auf etwas war – und sei es nur das nächste Level bei dem aktuellen Lieblingsspiel.

Aber halt … wenn es jeder kennt, wenn es jeder empfindet – das wäre ja schlimm! Dann wären ja wir alle schuldig – schuldig an einer Finanzkrise, von der wir vorher noch nicht mal wussten das sie droht. Dann kann man aber auch nichts dagegen tun, das sie nochmal wieder kommt – und kennt vielleicht den Grund, warum die Krise keinerlei Folgen für die Banken hatte. War eben die Gier, da kann man nichts machen.

Ich habe dann man einen Test gemacht. Voller Gier habe ich mich in meinen Nachdenksessel gesetzt und gierig gegrübelt. Ich habe die Gier auf ein Maximum gesteigert – hatte ja auch sonst nichts zu tun. Das Ergebnis?

Hätte ich den Versuch nicht abgebrochen, wäre ich im Sessel verhungert.

Gier ohne Tat führt zu nichts, auch wenn sie noch so gewaltig ist. Den Selbstversuch kann ich nur jedem empfehlen. Damit Gier schädlich wird braucht man noch etwas mehr – ein Ziel zum Beispiel. Essen, Frauen, Landbesitz, Goldmedaillen – Gier kommt von allein nicht richtig in Schwung. Es kann aber auch … die Gier nach Gerechtigkeit geben, nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Gier kann sogar etwas Gutes anstreben, auch wenn sie sich … generell etwas unbeherrscht anfühlt.

Das paßt aber gar nicht zu Investmentgeschäften. Unbeherrschtheit ist kein Charakterzug von Bankern – ganz im Gegenteil: die seriöse Beherrschtheit ist doch viel eher ihr Metier. Sonst würde denen doch keiner sein Geld anvertrauen. Gier nach Essen, Frauen, Landbesitz oder Goldmedaillen führt zu Mord, Raub und Vergewaltigungen – oder zu sportlichen Höchstleistungen … also zu Berufen und Taten, wo sie sich austoben kann. Oder man wird eben Revolutionär – aus Gier nach Gerechtigkeit. Staatsanwalt geht auch. Oder Kabarettist. Überall dort kann und darf man unbeherrscht sein.

Schließen wir also erstmal … die Gier an sich – war es nicht. Sie steht zwar am Pranger und sieht da gut aus, ist aber nur ein traditionelles Schlachtopfer – wie der Jude, der Kommunist, der Zigeuner oder der Arbeitslose. Sie erfüllt aber einen wichtigen Zweck: sie lenkt von den wahren Tätern ab.

Täter?

Ja. Selbst wenn in der kühlen, emotionslosen Bankerwelt in der Tat „Gier“ zugelassen worden wäre, so bewirkt Gier alleine noch  nicht, das man Phantasiekredite auf Werkzeugschuppen zum alltäglichen Geschäft machen kann, diese dann bündelt und für viel Geld weiterverkauft. Dafür braucht es – Vorsatz, Plan, Absicht und Tat. Hat man diese Elemente, so kann man auch ganz ohne Gier viel Geld machen. Um auf diese Art und Weise viel Geld zu machen, braucht man einige Regimenter an Kreditverkäufern, Investmentberatern und Mathematikern, die dafür sorgen, das das Geschäft läuft und … sich rechnet.

Das Geschäft selbst können sie auch ganz ungierig erledigen – trotzdem haben sie einen Charakterzug, der sie vereint.

Es ist ihr erklärtes Ziel, auf Kosten anderer reich zu werden – zur Not vernichten sie eben auch die komplette wirtschaftliche Existenz einer ganzen Familie. Ohne ihre wirtschaftliche Grundlage (essen, trinken, schlafen, warm und trocken haben) leben die allerdings auch nicht lange. Ein- bis drei Tage … wenn niemand hilft. Kinder erziehen ist in dem Klima erst recht unmöglich, das ist ein psychisches Klima wie in einer belagerten Burg.

Wir sehen also: ohne Täter funktioniert das System nicht. Kredite laufen nicht von selbst durch die Welt. Sie landen vielleicht mal in der Post, aber hinter dem kleinen unverbindlichen Angebot steckt eine ganze Maschine, viele nüchterne, rationale Überlegungen, deren Gewinnträchtigkeit abgesichert wurde von den besten Mathematikern des Landes.

Wer nun seinen Hauptschulabschluss nicht gerade im Kongo gemacht hat oder dafür bezahlt wird, absichtlich und boshaft Informationsnebel zu erzeugen, der die Täter weiterhin verschleiert, wird diese Zusammenhänge schnell einsehen und in Folge verstehen, warum die Griechen sich so ihre Gedanken machen. Die dürfen das noch – hier in Deutschland tritt sofort und umgehend aus irgendeiner bezahlten Ecke die Gedankenpolizei auf den Plan, wie aktuell in der Welt, die uns darüber aufklärt, das in Griechenland nur Verschwörungstheorien blühen. Es lohnt sich, den Artikel zu lesen, steigert den Blutdruck und die Gier nach Wahrheit und Gerechtigkeit.

Man merkt auch, das man den gemeinen Normalbürger für ziemlich blöde hält, wenn man erfährt, das es da die reichen Unternehmertypen gibt, die sich ihr Geld im Bauwesen verdient haben und sich darüber aufregen, das der Staat sein Geld für unnütze Bauarbeiten ausgegeben hat. Zusammenhänge zwischen der Staatsverschuldung und dem Reichtum einzelner Bürger werden da erst gar nicht wahrgenommen – das ist dann schon Verschwörungstheorie.

Die Verschuldung Griechenlands kam nämlich vom Himmel oder ist … wie es einer der besonders dämliche Kommentatoren des Artikels betont … unser aller Schuld. Da sieht man, was geschieht, wenn Konzernpropaganda auf reformierte gymnasiale Oberstufe mit technisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt trifft: es wird geist- und sinnlos, aber man bekommt eine gute Note für sonstige Mitarbeit. Da merkt man, welche Folgen die Informationsnebel im Gehirn der Menschen anrichten – gerade jener Menschen, die ihre Bildung aus dem Fernseher beziehen und es selten unterlassen können, über das Internet herzuziehen, das als Quelle des Bösen abgeschafft gehört.

Wer aber nun Menschen dieser Art gerne folgen möchte, dem möchte ich als „Realitätscheck“ einen weiteren Selbstversuch empfehlen. Geht auch mit Gier, besser ist aber, man tritt möglichst beherrscht auf, das gilt in unseren gesellschaftlichen Kreisen als extrem seriös. Einfach mal zur nächsten Bank gehen und sagen: „Ich möchte einen Kredit über 65 Milliarden Euro!“. Soviel kostet uns Deutschen die Griechenlandkrise.

Im Phantasieunviersum der Giertheoretiker bekommt man sein Geld selbstverständlich sofort. In der normalen Welt jedoch … wird erstmal die Bonität geprüft. Das geschieht bei Banken schon bei Summen von hundert Euro – einfach mal einen kleinen Konsumkredit beantragen: schnell wird man merken, das die kein Geld verschenken. Wie kommt es also, das Griechenland solche enormen Schulden hat? Wer hat denen denn die Kredite verkauft? Wieso haben wir jetzt bei Griechenland, Portugal, Irland, Island, Italien, Frankreich, England und den USA die gleichen Erscheinungen wir bei dem Immobiliencrash in den USA?

Geht man diesen Fragen nach, kommt man in eine Welt, wo nüchtern kalkuliert worden ist. Da wurden Riesensummen an ein Land gezahlt, von dem bekannt ist, das es außer Oliven nichts zu bieten hat – und jetzt wundert man sich ernsthaft, das die ihre Kredite nicht bezahlen können? Dachte man etwa, die Oliven würden sich über Nacht in Diamanten und Rohöl verwandeln?

Wer hat denn da die Bonität geprüft, wessen Unterschrift steht unter den Verträgen? Das ist doch wohl leicht zu überprüfen, oder?

Es ist garantiert nicht meine Unterschrift.

Es gibt aber ganz klar MENSCHEN, die dies zu VERANTWORTEN haben. Keine Gier, keine Götter, keine unsichtbaren Hände des Marktes, sondern Manager und Banker, die in Zusammenarbeit mit Politikern Kreditzusagen gegeben haben, für die nur sie alleine verantwortlich sind – UND NICHT WIR!.

Wäre dann doch auch schön, wenn man dann eben genau jene zur Verantwortung zieht und zur Kasse bittet, die den Schlamassel verursacht haben, in dem sie Milliarden für Oliven geboten haben. Ein Rückzahlung der Kredite in Olivenform kann man aber gnädigerweise ebenfalls erwägen. Sollen dann die Täter sehen, das sie die Oliven gewinnbringend verkaufen können.

KEIN EINZIGER EURO des deutschen Steuerzahlers sollte zur Rettung dieser Kredite verwendet werden. Es wäre etwas anderes, wenn die 65 Milliarden den Griechen selbst zu Verfügung stehen würden, um Obdachlosigkeit und Hunger zu verhindern – immerhin, bei 11 Millionen Bürgern wäre allein der Anteil aus Deutschland 6000 Euro pro Bürger. Davon könnte man schon wieder eine Wirtschaft am Laufen halten. Ich bin mir aber sicher, das die Bürger selbst keinen einzigen Euro erhalten werden: die müssen nämlich sparen.

Das Geld landet bei denen, die die unmöglichen Kredite vergeben haben, Kredite, an deren Rückzahlung – wegen den Oliven – niemand glauben konnte, der ohne Taschenrechner bis drei zählen kann.

Und das ist der einfache, überschaubare und überhaupt nicht phantastische Nährboden für Verschwörungen, die nur deshalb blühen, weil die Medien in ihrer Aufgabe der Aufklärung und Mobilisierung der Bevölkerung so sehr versagt haben wie die Parteien bei der Aufgabe, den Willen des Volkes zum Ausdruck zu bringen oder die Wirtschaft, für den Wohlstand des Landes zu sorgen.

Bedauerlicherweise ist – eher zufällig als geplant – aus dem Internet eine gigantische Kommunikations- und Wissensmaschine geworden. Sicherlich enthält sie auch viel Müll, im Gegensatz um Privatfernsehen findet man hier aber auch alles, was man braucht, um sich eine eigene Meinung bilden zu können – und es ist genau diese eigene Meinung, die stört. Sie könnte dazu führen, das wir sehr zornig werden, wenn wir in unser Portemonai schauen und dort nur Ebbe finden, mit der wir die aktuellen Preisanstiege nicht mehr bewältigen können.

So jedoch zucken wir mit den Schultern, denken uns „Ach so, ja, die GIER!“ … und schnallen den Gürtel noch enger.

 



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