Tja,
da bekommt man folgende mitleidsheischende Mail zur Weiterverbreitung von der ARCA und Herrn Kallay, dessen Leistung ich hiermit in keinster Weise schmälern will und denkt, die arme Linke im Visier von Rechten und Linken gleichermaßen. Und das, obwohl Arbeitslose Hartz IV Opfer wie Herr Kallay bei der Linken an den entscheidenden Stellen eher weniger zu sagen haben. Na ja, Leidensfähigkeit hat er ja bewiesen (Nochmals: Respekt, Herr Kallay!).
Guten Tag,
über DIE LINKE und Hartz-IV wird derzeit viel gesagt, geschrieben, geblogt, genörgelt, gehetzt.
So geht das aber nicht weiter.
Thomas Kallay, Kläger gegen die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder vor dem Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvL 1/09, Urteil vom 09. Februar 2010), ist überzeugter Linker und hat daher heute ein (!) Scherflein zum Besseren beigetragen, und sich als erwerbsloser Hartz-IV-Bezieher zu DIE LINKE, in der er Mitglied ist, öffentlich bekannt.
Zudem ruft er auch dringend auf zum Nachdenken, weil es ihm überhaupt nicht mehr gefällt, daß es linke Leute gibt, die den Rechten einen Riesengefallen tun, indem sie gegen DIE LINKE hetzen und dadurch Menschen in unserem Land, die sich für die Partei interessieren und sie vielleicht wählen wollen, völlig verunsichern.
Thomas Kallay sagt:
„Für mich, der ich mich seit 1999 ehrenamtlich in der Erwerbslosensozialarbeit engagiere und daher mit eigenen Augen täglich sehe, wie unser Land in den Arsch geht, ist DIE LINKE die einzige politische Partei in Deutschland, die mann/frau noch wählen kann, wenn mann/frau ganz normaler Arbeitnehmer oder eben Erwerbsloser, Erwerbsunfähiger oder Rentner ist.“
Hierzu hat unser lieber E-Philosoph in einer Mail folgendes gesagt:
Thomas Kalley darf sich gerne seine Meinung bilden – und ich mir meine. Was auf keinen Fall geschehen darf (sage ich mal als Hartzgegner der ersten Stunde) ist, das Hartz als Thema zum Spielball einer kleinen Extremistenpartei verkommt, die sich unter Gebrauch bzw. Mißbrauch des Leids von Millionen von Menschen Wählerstimmen erschleicht, um Pöstchen für narzistische Gewerkschaftsfunktionäre der zweiten Reihe zu ergattern, die dann letztlich die alternativlose Politik der CDU durchwinken – nur halt mit noch größeren Tränen.
Wenn man wirklich dieses Gesetz kippen will (und nicht nur mit etwas Widerstand koketieren möchte) dann darf man diesen Widerstand nicht einer fünf-Prozent-Partei überlassen … erst recht nicht, wenn der nichts mehr einfällt, als 33 Euro mehr im Monat zu fordern. Die Partei „die Linke“ ist in meinen Augen schon längst nicht mehr „links“. Aus dem hoffnungsvollen Start der WASG ist halt etwas geworden, das 2015 Bomben auf … irgendwen schmeißen wird, solange man nur an der Regierung bleibt.
Wetten daß?
Wer lesen und verstehen kann schaut sich dann mal den unten stehenden Beitrag aus der „Zeitung zur Programmdebatte“ mit dem schnittigen Titel „Freiheit durch Sozialismus“ von der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, Frau Sabine Z., an, die ein paar Tage später in meinen Postfach lag.
Für mich persönlich ist das nun der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und deshalb geht die Kündigung der Mitgliedschaft bei den LINKEN in den nächsten Tagen, sobald ich dafür Zeit habe, in die Post.
Die gelieferten, meist durchsichtigen Argumente sind ein prima Beispiel dafür, daß da jemand ernsthaft Sorge hat, eine Linke (bzw. diese „LINKE“) könnte überflüssig werden, wenn niemand mehr Angst vor Hartz IV hat bzw. nicht mehr drangsaliert wird oder mit Almosen für reelle Arbeit abgespeist wird und dadurch das eigene Einkommen und die zu erwartenden Pensionsansprüche wegfallen könnten. Und dem die Menschen, die unter Hartz IV oder prekären Arbeitsverhältnissen leiden, völlig egal sind.
Die unten von ihr angesprochene Erhöhung der Mehrwertsteuer ist eine Idee des unermüdlichen Herrn Götz Werner und keineswegs die einzige „plausible“ Möglichkeit, dies zu finanzieren. Und Lohnsenkungen? Was für ein Blödsinn! Wenn jemand ein ausreichendes Einkommen – bzw. in diesem Zusammenhang ein „Auskommen“ hat, gibt es KEINEN Grund, irgendeine unterbezahlte und/oder schlechte Arbeit anzunehmen. Ergo gibts Arbeitskräfte nur gegen angemessene Bezahlung. So wie es sein sollte.
Am liebsten würde ich ja jeden einzelnen Satz des Artikels kommentieren, aber wenn ich an meinen Bluthochdruck denke, spare ich mir das lieber. Ich habe die berechtigte Hoffnung, daß die Leser vom Nachrichtenspiegel-online selber erkennen, was dort geschrieben steht und vor allem, welche Intention dahinter steckt.
Aber zwei hab ich noch:
Außen vor bleibt das Bedürfnis von Millionen Menschen nach guter regulärer Arbeit.
Ja… und? Gute reguläre (und angemessen bezahlte) Arbeit verschwindet nicht einfach in einer mystischen Rauchwolke, wenn niemand mehr gezwungen ist, sie anzunehmen. Muß halt, wie gerade gesagt, das Gehalt angepasst werden.
So gerät das Ziel aus den Augen, gemeinsam mit Gewerkschaften, Erwerbslosenverbänden und vielen anderen um einen gesetzlichen Mindestlohn, um Arbeitszeitverkürzung, um mehr gute und reguläre Arbeitsplätze zu kämpfen.
Ja, genau DAS ist ja das Ziel des Konzeptes!
Nicht mehr um etwas kämpfen oder „kämpfen“ zu lassen, sondern es einfach zu erhalten. Aber dann brauch man Leute wie Frau Zimmermann und ihre Parteikollegen nicht mehr und sie bekommen, wie alle anderen auch, erstmal nur ein Grundeinkommen. Bedingungslos. Wie schrecklich.
So, hier der ganze Beitrag:
Unsolidarisch und ein gigantisches Kombilohnprogramm!
Warum die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht in das Programm einer emanzipatorischen Linken passt.
Der vorliegende Programmentwurf skizziert klar, wie die derzeitige Erwerbsgesellschaft umgestaltet werden soll: Es geht um die „gerechte Verteilung der Erwerbsarbeit und der anderen notwendigen Arbeiten“, um eine Überwindung der Massenarbeitslosigkeit, um „gute Arbeit statt ungesicherter, prekärer und unterbezahlter Beschäftigung“ und darum die „Enteignung der Beschäftigten“ zu stoppen.Für eine andere Sicht plädieren die Vertreter des sogenannten bedingungslosen Grundeinkommens (BGE). Das BGE soll es dem Einzelnen ermöglichen, dem Elend der kapitalistischen Lohnarbeit zu entkommen, sich individuell selbst zu verwirklichen. Es ist der Versuch, den notwendigen kollektiven Kampf um eine Veränderung der Gesellschaft abzukürzen. Eine Idee, die sich gut anhört, aber wegführt vom Projekt einer emanzipatorischen Linken.
Der Grundgedanke ist einfach:
Jede Bürgerin, jeder Bürger erhält ein staatlich garantiertes Einkommen, ohne Bedarfsprüfung und Verpflichtung zur Arbeit. Das BGE wirkt allerdings nur auf den ersten Blick charmant. Geht es darum, die Situation der Erwerbslosen zu verbessern und das Hartz-System zu überwinden? Das würde auch eine bedarfsdeckende Mindestsicherung leisten, die ausschließt, schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen.Eine solche Mindestsicherung in Höhe von monatlich 500 Euro fordert DIE LINKE, verbunden mit einem gesetzlichen Mindestlohn von10 Euro. Warum also ein bedingungsloses Grundeinkommen, das ebenso der Millionär und die Millionärin erhält?
Linke Verfechter des BGE kritisieren die despotische Seite der kapitalistischen Lohnarbeit (zu Recht!), stellen jedoch zugleich die Notwendigkeit von Erwerbsarbeit insgesamt in Frage. So wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Außen vor bleibt das Bedürfnis von Millionen Menschen nach guter regulärer Arbeit. Völlig unterschätzt wird die Bedeutung gesellschaftlich organisierter und anerkannter Arbeit für das Wesen des Menschen. Ausgeblendet
wird eine Binsenweisheit:
Um Wohlstand zu erhalten und vermehren ist gesellschaftlich organisierte Arbeit unabdingbar, was zum Teil auch unangenehme Tätigkeiten umfasst.Freilich: wir wollen, dass dies anders geschieht als in der derzeit kapitalistisch organisierten Wirtschaftsordnung. Aber auch im Sozialismus bliebe dies „immer ein Reich der Notwendigkeit“ (Marx).
Verfechter des BGE meinen, Vollbeschäftigung sei nicht möglich, nicht erstrebenswert. So gerät das Ziel aus den Augen, gemeinsam mit Gewerkschaften, Erwerbslosenverbänden und vielen anderen um einen gesetzlichen Mindestlohn, um Arbeitszeitverkürzung, um mehr gute und reguläre Arbeitsplätze zu kämpfen.
Statt ein gemeinsames Interesse von Erwerbslosen und Beschäftigten heraus zustellen, wird abstrakt die Forderung nach einen Grundeinkommen aufgestellt, das dem einzelnen einen Ausstieg aus dem kapitalistischen Lohnsystem ermöglichen soll, aber die bestehende Spaltung de facto anerkennt.
Die Forderung nach einem BGE ist nicht nur untauglich, um ein breites, fortschrittliches Bündnis zu bilden. Schlimmer: Es ist zu Ende gedacht ein Trojanisches Pferd, mit dem der Sozialstaat abgebaut, Tarifverträge untergraben und zu Gunsten des Kapitals umverteilt wird. Denn ein BGE würde wie ein gigantisches Kombilohnprogramm wirken.
Unternehmen würden versuchen, die Löhne zu senken, von Sozialabgaben befreit, während auf der anderen Seite die Mehrwertsteuer gigantisch erhöht werden würde – überproportional zu Lasten der mittleren und kleinen Einkommen. Kein Wunder, dass das BGE von relevanten Kreisen der Rechten und Wirtschaft hofiert wird.
Man kann dem bedingungslosen Grundeinkommen einen linken Anstrich geben. Das hat jedoch nichts mit einer emanzipatorisch und solidarischeren Politik zu tun.
Frau Z. ist übrigens (laut Wikipedia) Gewerkschaftsvorsitzende in der von Helmut Kohl besetzen Zone. Hat also doppelt Angst davor, überflüssig zu werden.
Wem kriechen die Gewerkschaftler noch mal in den Hintern – der arbeitenden Bevölkerung oder den Arbeitgebern?
Abschließend, zur Unterstellung, Kritik an der Linken helfe den Rechten:
Ich will weder eine Kröte schlucken noch habe ich Lust, in eine Zitrone zu beißen. Beides ist indiskutabel. Und die postengeile Führungsriege der LINKEN ebenfalls.
(Die gesamte Zeitung gibt es hier.)