Da meldet die Welt heute ja was ganz Ungeheuerliches:
Die Jobcenter sollen im nächsten Jahr sieben Prozent mehr Menschen in Job oder Ausbildung bringen. So will die Bundesagentur für Arbeit viel Geld sparen.
Ist ja ein vernünftiger Ansatz – so im Prinzip. Wenn man nicht mehr so viele Arbeitslose hat, dann braucht man vielleicht auch nicht mehr soviel zu bezahlen. Aber … wo will denn die Bundesagentur die ganzen Stellen hernehmen? Und wieso haben die das eigentlich bisher noch nicht gemacht? Und haben die eigentlich vergessen, das die ihre Zahlen künstlich heruntergerechnet hatten, in dem sie die statistischen Parameter änderten, so das zum Beispiel die Arbeitslosen nicht mehr mitgezählt werden, die bei privaten Arbeitsvermittlern vergeblich nach Arbeit suchen?
Aber ich habe mal weitergesucht. Irgendwo muß es doch irgendwen geben, der irgendwie Hoffnung macht, das alles wieder so wie früher wird. Und ich habe jemanden gefunden, die Frankfurter Rundschau berichtet groß darüber:
Die Gesundheitswirtschaft ist die Zukunftsbranche Nummer eins.“ Josef Hilbert ist da ganz sicher. Mit rund fünf Millionen Beschäftigten sei sie schon jetzt die größte Branche Deutschlands, sagt der Direktor des Instituts Arbeit und Technik (IAT) an der Fachhochschule Gelsenkirchen. In den nächsten 15 bis 20 Jahren könnten noch mal rund 800000 neue Jobs entstehen.
Die „Gesundheitswirtschaft“ also. Die reißt uns ´raus. Die … „Gesundheitswirtschaft“ ist allerdings zu fast 100 % BEITRAGSFINANZIERT. Das ist alles SOZIALBUDGET…. das wir doch schon letztes Jahr nicht mehr bezahlen konnten, oder?
Jeder reiche Arzt, jeder Pharmamanager, jeder Apotheker mit Mehrfamilienhäusern lebt auf Kosten der Solidargemeinschaft – nicht anders als Hartz IV-Abhängige, nur halt auf ganz anderem Niveau. Das jetzt schon jeder dritte Euro in das Sozialbudget fließt, war letztes Jahr noch der große Aufreger – dieses Jahr wird es als Hoffnung verkauft, das es bald jeder zweite Euro sein wird.
Eine Modellrechnung loben Wissenschaftler als besonders umfassend und sorgfältig: die Projektion von Gerd Zika vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und Robert Helmrich vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Zika und Helmrich haben erforscht, wie sich Arbeitskräfte-Bedarf und Arbeitskräfte-Angebot in verschiedenen Berufsgruppen entwickeln, wenn bisherige Trends fortgeschrieben werden. Bei Gesundheits- und Sozialberufen wie Ärzten, Pflegern, Sozialarbeitern und Erzieherinnen erwarten sie – wie das IAT − einen stark steigenden Bedarf. Schon in fünf Jahren werden demnach 260000 mehr Menschen mit solchen Berufen gebraucht.
Man merkt schnell, mit welchen Menschen man es hier zu tun hat: mit Mathematikern. Mathematik wird ja gerne als seriöse Wissenschaft verkauft – ist sie aber nicht. Es gibt schlichtweg nicht Weltfremderes als Mathematik man gehe mal zu einem Mathematiker und frage ihn, warum einfach Rechenoperationen verboten sind (zum Beispiel einfach mal durch Null teilen) … die Antwort ist im Prinzip immer die gleiche: weil sonst das ganze System nicht funktionieren würde.
Menschen, die so denken, haben kein Problem damit, theoretischen Bedarf auszurechnen ohne zu merken, das die Finanzierung aus der gleichen Quelle kommt wie die Finanzierung der Arbeitslosigkeit … nur sind die Kosten ungleich höher. Aber auch hier hat die Wissenschaft eine Lösung:
Das würde das Pflege- und Gesundheitswesen verteuern. Hilbert wirbt dafür, die Mittel dafür locker zu machen: „Wozu ist Geld da, wenn nicht dazu, das Leben länger und schöner zu machen?“
Diese Einstellung zum Geld würde ich mir bundesweit wünschen, sie sollte in der Tat beispielhaft für alle sein … leider teilen nur viel zu wenige diese noble Geste. Sehr viele sind der Ansicht, Geld ist zum Horten da. Und deshalb werden wir in Zukunft andere Probleme haben, die laut Spiegel jetzt schon erkennbar sind:
Die Zahl der Rentner, die von ihren Alterseinkünften nicht mehr leben können, wird in den kommenden Jahren dramatisch ansteigen. Die Kommunen richten sich auf hohe Sozialausgaben ein.
Kommunen, die – wie gestern berichtet – heute schon pleite sind. Aber das ist ja nicht die Aufgabe von Mathematikern. Ihre Welt ist die Theorie – weshalb die Prognosen von Wirtschaftsmathematikern so ehrfurchtgebietend zutreffend sind. Ich hoffe nur, das die Bundesanstalt für Arbeit sich nicht auf diese Theorien verläßt … aber das braucht sie ja auch gar nicht. Sie hat ihre eigenen Mathematiker, die es schon jetzt geschafft haben, die Arbeitslosigkeit herunterzurechnen. Die Ergebnisse dieser erfolgreichen Arbeit zeigen sich ja gerade jetzt:
Sozialexperten und Kommunen sind alarmiert: Allmählich erreichen diejenigen das Rentenalter, die erhebliche Brüche in ihrer Erwerbsbiografie aufzuweisen haben – Langzeitarbeitslose, Teilzeitbeschäftigte oder solche, die nach befristeten Arbeitsverträgen immer wieder für Wochen oder Monate arbeitslos waren.
Nochmal ein Experte aus der Frankfurter Rundschau?
Unterm Strich könne man trotzdem von einem „begrenzten Wachstum“ ausgehen, meint der Präsident des Soziologischen Forschungsinstituts in Göttingen, Martin Baethge. So werde es künftig mehr Catering und Essensdienste für Firmen und Altenheime geben. Hinzu kommt: Was früher die Hausfrau ehrenamtlich erledigte, das Putzen etwa, werde zunehmend Erwerbsarbeit.
Gastronomie und Haushaltshilfen für verarmte Rentner … ein Wahnsinnsmarkt. Das sind die tollen Stellen, die einen später direkt in die Altersarmut führen.
Und so was kriegen Experten alles ohne Drogen unter einen Hut. Toll. Einfach: toll!
Wie die Realität dann aussehen wird, kann man schon jetzt beobachten – hier ein Beispiel aus dem Südkurier: vom September 2009
Beim Besuch von CDU-Bundestagskandidat Lothar Riebsamen im Pflegeheim St. Bernhard in Wald wurde deutlich, dass die Politik dringend den Betreuungsschlüssel im Pflegebereich erhöhen muss.
Die Pflegekasse zahlt beispielsweise nur eine Fachkraft sowie drei Helfer beziehungsweise Pflegeschüler pro Schicht und die Nachtschicht muss sogar nur von einer Pflegekraft gestemmt werden, und das bei einer maximalen Belegung von 40 Personen, wobei die Hälfte an Demenz erkrankt ist.
Eine Pflegekraft für 40 Leute. 20 davon nicht mehr ganz da. Jetzt weiß man, warum es gerade Kirchen sind, die solche Einrichtungen betreiben: da muß man ständig beten, das nichts schief geht. Schon jetzt wäre ein riesiger Bedarf vorhanden … aber der „Pflegeschlüssel“ sagt etwas anderes. Ist nämlich kein Geld mehr da, mit dem man das Leben für alle schöner und länger machen könnte.
Ob das jetzt dazu führt, das man erwarten kann, das das Leben für alle kürzer und häßlicher wird, möchte ich an dieser Stelle noch nicht voraussagen … aber die Andeutungen der BA lassen mich das Schlimmste vermuten. Vielleicht ist diese aktuelle Meldung der Jungen Welt in diesem Zusammenhang zu sehen:
Dieser besteht aus Mitarbeitern, die per Hausbesuch nachprüfen, ob Untermieter und Mieter unabhängig voneinander sind oder eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft bilden. Die ungebetenen Besucher haben mehrere Wohnungen von Hartz-IVBeziehern auch gegen deren Widerstand besichtigt. Häufig haben sie sogar behauptet, sie hätten das Recht dazu. Betroffene haben oft aber keine Ahnung, daß sie niemanden hereinlassen müssen – denn der Wohnraum ist durch das Grundgesetz geschützt. Ermittler müssen sich 14 Tage vorher anmelden.
Die Agentur bedient sich dieser Methoden, um das monatliche Hartz- IV-Geld von 359 Euro zu drücken. Mitunter wird mit miesen Tricks gearbeitet. In einem Fall war die Wohnungsinhaberin in der Psychiatrie; der Untermieter hatte dem Dienst die Räume gezeigt, woraufhin beide als Bedarfsgemeinschaft eingestuft wurden. Für die Betroffenen folgt dann ein fatales Procedere. In Offenbach wird die Leistung während einer weiteren Überprüfung zunächst gänzlich einbehalten, nur die Miete wird gezahlt. Dieser Zustand kann sich bis zu einem dreiviertel Jahr ziehen. Bei Widerspruch wird gegebenenfalls um 30 Prozent gekürzt, bis die Prüfung abgeschlossen ist.
Na – da sieht man, wie man die Kosten kürzen kann. Jetzt verstehe ich auch den Optimismus der Bundesanstalt für Arbeit….denke aber, ich sollte trotz Schnee weiter an meinem Schützengraben arbeiten.